Wald und Klima – von der Krise bedroht
Wald und Klima sind untrennbar miteinander verbunden. Weltweit produzieren Wälder Sauerstoff, reinigen Luft und Wasser und mildern extreme Wetterverhältnisse. Doch die Klimaschützer sind bedroht.
- mitwirkende Expert:innen Dorothea Epperlein
- Hintergrund
Wälder und Moore sind die größten Kohlenstoffsenken an Land. Weltweit binden und speichern sie jedes Jahr mehrere Milliarden Tonnen CO2. Das macht sie essentiell für ein stabiles Klima. Sie bevorraten und transportieren gigantische Mengen an Süßwasser, schützen die Küsten bei Hochwasser und verhindern Bodenerosion und die Wüstenbildung.
Wälder sind Klimaschützer
Besonders alte, naturnahe Wälder sind wichtig für Klima und Natur. Je mehr dicke und alte Bäume im Wald stehen, desto mehr Holz kann Kohlenstoff binden. Und umgekehrt: Je mehr Holz eingeschlagen wird, desto mehr gebundener Kohlenstoff verschwindet aus dem Wald. Holz kann im Gegensatz zum lebenden Baum kein CO2 mehr aufnehmen, aber es kann den gebundenen Kohlenstoff speichern und von der Atmosphäre fernhalten - allerdings nur so lange, wie das Holz- oder Papierprodukt im Gebrauch ist. Wird Holz zu kurzlebigen Produkten wie Toilettenpapier oder sogar Brennholz, setzt es den gebundenen Kohlenstoff fast zeitgleich wieder frei.
Die Forstwirtschaft der letzten Jahrhunderte hat unsere Wälder extrem geschwächt. Viele Bäume, wie beispielsweise Fichten oder Kiefern, wurden dort angepflanzt, wo sie von Natur aus nicht wachsen würden. Gepflanzte Forste sind Holzplantagen, die nicht optimal an ihre Umgebung angepasst sind. Sie sind daher auch nicht besonders widerstandsfähig. Stürme, Hitze und Trockenheit machen ihnen zu schaffen und sie nehmen weniger CO2 aus der Luft auf als naturnahe Wälder. Inzwischen zeigt sich, dass die kranken und übernutzten Forste gar kein CO2 mehr aufnehmen und sogar welches abgeben: Der Wald als natürlicher Klimaschützer droht hier auszufallen.
Die Herausforderungen der Klimakrise treffen in Deutschland auf einen geschwächten Wirtschaftswald. Der erste Bericht des Wissenschaftlichen Beirats für Natürlichen Klimaschutz (WBNK) betont, welche Schritte unseren Wald wieder zu einem starken Klimaschützer werden lassen. Demnach müssen wir:
- Die Wälder schneller zu Laub- und Mischwäldern umbauen,
- statt industrieller Forstwirtschaft eine extensive Nutzung der Laubwälder, also mit weniger Holzentnahme, umsetzen
- und Anreize zur Frischholzverbrennung abbauen.
Die Maßnahmen erfüllen neben dem Klimaschutz auch Verpflichtungen für die Wiederherstellung zur Natur und Schritte zur besseren Klimaanpassung.
„Der Wald muss als Natur- und Klimaschützer geschützt werden! Klimaanpassung, Klimaschutz und Biodiversitätsschutz lassen sich gewinnbringend verbinden, wie die wissenschaftlichen Empfehlungen des WBNK betonen. Indem Naturräume entwickelt, wiederhergestellt und geschützt werden, wird auch die Artenvielfalt gefördert und es findet eine Anpassung an Wetterextreme wie Hochwasser und Dürren als Folgen der Klimakrise statt.”
In naturnahen Wäldern können Bäume alt und dick werden. Eine Buche kann beispielsweise bis zu 500 Jahre alt werden, bis zum Schluss CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und in ihrem Holz speichern. In unseren forstwirtschaftlich intensiv genutzten Wäldern werden Bäume jedoch bereits im Jugendalter eingeschlagen, eine Buche ungefähr im Alter von 120 Jahren. Einmal gefällt, kann sie kein CO2 mehr aufnehmen. Es ist daher essenziell für das Klima, Wälder wachsen zu lassen und Bäume älter werden zu lassen. Besonders für die Artenvielfalt, aber auch den natürlichen Nährstoffkreislauf, sowie den Kohlenstoffhaushalt der Böden ist es wichtig, auch einige Bäume natürlich absterben zu lassen und dieses Totholz, das in Wahrheit vor Leben wimmelt, im Wald zu belassen. Kurz: weltweit mehr Wälder naturnah wachsen zu lassen und ausreichend Waldfläche ganz aus der Nutzung zu nehmen.
Waldzerstörung treibt die Klimakrise voran
Die Abholzung von Wäldern, die Ausbreitung des Anbaus von Futterpflanzen sowie die Emissionen aus der Massentierhaltung verschärfen die Klimakrise weiter: Großflächige Waldrodungen für die industrielle Landwirtschaft sind für 23 Prozent der menschlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Trotzdem verschwindet nach wie vor alle 2 Sekunden eine Waldfläche so groß wie ein Fußballfeld von unserem Planeten. Pro Jahr ergibt das 10,2 Millionen Hektar Wald – eine Fläche, größer als Portugal. Indonesien und Brasilien emittieren deswegen insbesondere in der Waldbrandsaison enorme Mengen CO2. In Indonesien fällt der Wald insbesondere Palmölplantagen zum Opfer, was besonders dramatisch ist, da hier der Wald oft auf meterdicken Torfböden wächst. Wenn Wälder gerodet und Torfböden trockengelegt werden, entweicht der darin gespeicherte Kohlenstoff als klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre.
Aber auch für Pipelines, Rohstoffe und Staudämme müssen Wälder weichen, oder sie müssen der Herstellung von Klopapier, Verpackung oder Papier dienen.
Wald und Klima - eine enge Verbindung
Auswirkungen der Klimakrise auf die Wälder
Während die Abholzung und anderweitige Zerstörung der Wälder die Klimakrise verstärkt, wirkt sich diese wiederum negativ auf die Wälder aus. Wissenschaftler:innen schätzen beispielsweise, dass bei einem Temperaturanstieg von zwei bis drei Grad Celsius der Amazonas-Regenwald großflächig austrocknen würde, weil sein Wasserkreislauf zum erliegen käme - weder Regen noch Wald bleiben übrig.
Dazu kommt die erhöhte Gefahr der Waldbrände. Flächenbrände tragen aus mehreren Gründen erheblich zur Klimakrise bei. Die von Feuern verursachten Brutto-CO2-Emissionen entsprechen einem signifikanten Anteil der gesamten globalen Emissionen fossiler Energieträger. Ein Teil dieser Emissionen wird durch nachwachsende Vegetation wieder ausgeglichen, doch der Rest heizt das Klima weiter an.
Außerdem wird Ruß aus Waldbränden, etwa in Russland, bis in die Arktis getragen: Dort lagert es sich ab und färbt das Eis. Die dunklen Partikel nehmen Sonnenlicht auf, Schnee und Eis erwärmen sich und schmelzen. So sind die Brände eine Folge und eine Ursache der Klimakrise zugleich.
Doch Hitze und Dürren nehmen nicht nur im Amazonas-Gebiet zu. In Deutschland wirkten Dürren lange wie ein Problem anderer Länder, doch die jüngste Vergangenheit zeigt, dass es auch hier immer trockener wird. Und das hat ganz konkrete Auswirkungen auf den Wald.
Die Wälder trocknen aus und werden leichte Beute für Insekten, wie zum Beispiel den Borkenkäfer. Betroffen sind vor allem großflächige Nadelholzplantagen, die in erster Linie der schnellen Holzgewinnung dienen. Sie haben keine natürliche Widerstandsfähigkeit und können Wetterextremen nicht standhalten. Insbesondere in den geschwächten und anfälligen Plantagenwäldern wird deutlich: Die Waldbrände nehmen zu - selbst in Deutschland.
Fast 5 Prozent der gesamten Waldfläche haben in den Dürrejahren 2018-2021 ihren Baumbestand vollkommen verloren. Doch das ist erst der Anfang. Da naturferne und anfällige Forste in Deutschland in der Überzahl sind, könnte sich die Schadensfläche in den nächsten Jahren noch weiter vervielfachen.
Waldschutz ist Klimaschutz
Maßnahmen zum Klimaschutz kosten Geld. Und jeder Euro, der heute nicht investiert wird, muss in Zukunft um ein Mehrfaches ausgegeben werden, um den Schäden der Klimakrise zu begegnen.
Die Naturwald Akademie hat in 2020 berechnet, dass die Bäume in den EU-Wäldern in den nächsten 30 Jahren etwa doppelt so viel CO2 aus der Luft binden und speichern könnten wie bisher (488 Millionen Tonnen jährlich). Das entspricht etwas mehr als 5% der Emissionen in der EU in 2020 und wäre so ein wesentlicher Beitrag zum Green Deal. Dazu müsste der Holzeinschlag um etwa ein Drittel sinken und die Wälder naturnah bewirtschaftet werden. Besonders in Schweden, Finnland, Deutschland, Polen, Frankreich und Österreich findet sich viel Wald. Gleichzeitig schlägt die Forstwirtschaft hier auch das meiste Holz ein. Allein in diesen Ländern könnten die Bäume drei Viertel der zusätzlich 242 Millionen Tonnen CO2 jährlich binden.
Doch aktuell geschieht das Gegenteil, wir ernten mehr und nicht weniger Holz. Im Jahr 2018 wurde in den Ländern der EU insgesamt rund 20 Prozent mehr Holz eingeschlagen als im Jahr 2000 und die Hälfte des Holzes wird für die Energiegewinnung verbrannt. Die Holzverbrennung ist ein klimapolitischer Irrweg: Sie ist nicht klimaneutral - das freigesetzten Kohlendioxid verstärkt den Treibhauseffekt direkt - und die Brennholzernte ist eine starke Belastung für unsere Wälder. Nur naturnahe Wälder sind gesunde Wälder, die weiter die Kapazität haben CO2 zu binden. Wenn wir die Energiegewinnung aus Holz und damit die Holzeinschläge weitestmöglich reduzieren, können sich die Wälder sich als Senken wieder erholen.
Die Wälder brauchen also den aktiven Klimaschutz: durch saubere erneuerbare Energien wie Wind, Wasser und Sonne - ohne Holzverbrennung. Doch auch wir alle können uns wald- und damit klimafreundlich verhalten. Tipps dazu finden sich hier.
FAQ Wald und Klima- Häufig gestellte Fragen
Warum ist der Wald so wichtig?
Urwälder und naturnahe Wälder sind Klimaschützer: Sie ziehen CO2 aus der Luft und speichern den Kohlenstoff im Holz, produzieren Sauerstoff und mildern extreme Wetterverhältnisse wie Hitze, Frost, Trockenheit und Stürme. Sie reinigen, transportieren und speichern Wasser, schützen Küsten und verhindern Bodenerosionen. Urwälder beherbergen eine unglaubliche Artenvielfalt. Doch Rodung für Holz und die landwirtschaftliche Nutzung sowie die Folgen der Klimakrise wie Trockenheit und Waldbrände setzen Wäldern zu. Mit dem Waldsterben geht der Lebensraum zahlreicher Pflanzen- und Tierarten verloren – aber auch von uns Menschen. Und die natürlichen Kohlenstoffsenken verschwinden, was die Klimakrise weiter anheizt.
Welche Rolle spielen Wälder für den Klimaschutz?
Wälder sind essenziell wichtig für Klima, Artenvielfalt und menschliches Leben. Das weltweite Waldsterben ist Folge und Ursache der menschengemachten Klimakrise zugleich. Der Amazonas-Regenwald etwa stößt in Trockenzeiten schon mehr CO2 aus, als er aufnimmt. Denn das Amazonasbecken ist immer mehr von Trockenheit und Waldbränden bedroht, Folge von Waldzerstörung, Brandrodung und Klimaerhitzung. Der größte Regenwald der Erde nähert sich dem Kipppunkt, an dem er großflächig vertrocknen würde. Waldbrände produzieren Ruß, der sich in der Arktis ablagert und verdunkelt das Eis, welches somit noch schneller schmilzt. Die Zerstörung der Wälder heizt die Klimakrise weiter an.
Auch in Deutschland sind die Wälder durch eine intensive Forstwirtschaft ausgebeutet und geschwächt, große Absterbeereignisse sind nun die Folge. Für die Erderhitzung gewappnet sind nur naturnahe und wilde Wälder – und diese sind auch wieder wirkungsvolle Klimaschützer.
Wie viel CO2 nimmt der Wald auf?
Wälder nehmen CO2 auf, binden es in Form von Kohlenstoff im Holz und produzieren dabei Sauerstoff. Durch Abholzung und Trockenheit als Folge der Klimakrise stoßen sie jedoch auch immer mehr Kohlenstoffdioxid aus. 2021 absorbierten sie laut dem World Resources Institute noch durchschnittlich 16 Milliarden Tonnen CO2 und stießen 8,1 Milliarden Tonnen aus. Doch diese Schutzfunktion ist in Gefahr. Der Amazonas-Regenwald stößt besonders in Trockenperioden teilweise schon mehr CO2 aus, als er aufnimmt, eine Tendenz, die sich durch zunehmende Abholzung und Dürreperioden verschärft.
Warum wird der Regenwald abgeholzt?
Der tropische Regenwald und weitere Ökosysteme wie die Savannenwälder in Brasilien und die Wälder des Gran Chaco in Argentinien werden vor allem für die Gewinnung von Flächen für den Sojaanbau und Rinderweiden abgeholzt – oft illegal. Futtersoja aus Südamerika ist überwiegend ein Exportprodukt für den europäischen Markt. Auch für Eukalyptus-Plantagen zur Papiergewinnung muss der Wald weichen. Holz für die Zellstoffproduktion stammt auch aus den Regenwäldern Indonesiens. Hier entstehen auf gerodeten Waldflächen riesige Palmöl- und Baumplantagen, auf Kosten der dortigen Artenvielfalt. Brandrodungen geraten oft außer Kontrolle und führen zu riesigen Waldbränden. Der geschädigte Regenwald kann weniger CO2 binden, was die Klimakrise weiter anheizt.
Wie können wir Wälder schützen?
Bewusst einkaufen und weniger wegwerfen – mit unserem Konsumverhalten können wir einen aktiven Beitrag zum Schutz der Wälder leisten. Die Einschränkung des Konsums von Fleisch, Milchprodukten und Eiern trägt bedeutend zum Schutz der Regenwälder bei. Denn der Amazonas-Regenwald und weitere Ökosysteme werden im großen Stil für Rinderzucht und den Anbau der Futterpflanze Soja abgeholzt.
In vielen Fertigprodukten steckt außerdem Palmöl, für welches besonders in Indonesien und Malaysia riesige Regenwaldflächen gerodet werden. Es hilft, Produkte wie Tiefkühlpizza und Tütensuppe seltener und bewusster zu verzehren. Selbst kochen, regional kaufen und weniger wegwerfen ist besser fürs Klima. Für Schokolade und Kosmetika gilt ebenfalls: Ökologische und Fairtrade-Produkte sind weniger schädlich für die Regenwälder und besser für die Menschen, die sie herstellen.
Weniger online zu bestellen, schützt außerdem die Wälder des Nordens, welche in großem Umfang für Pappkartons schwinden. Wichtig ist, weniger Papier zu verbrauchen und beim Kauf auf das Umweltzeichen “Der blaue Engel” zu achten. Statt zu Möbel aus Tropenholz zu greifen, welches oft aus illegaler Rodung stammt, lohnt es sich für Klima und Artenvielfalt, Möbelstücke gebraucht zu kaufen oder mal auf dem Dachboden von Familie und Freund:innen zu stöbern.