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Sau mit neugeborenem Ferkel auf Bio-Bauernhof
© Jonas Wresch / Greenpeace

Ökologische Landwirtschaft: eine Lösung für viele Probleme

Eine nachhaltige Landwirtschaft, die unsere Ressourcen schützt, ist möglich. Für den notwendigen Umbau brauchen Bäuerinnen und Bauern jedoch die Unterstützung der Gesellschaft.

 

Die Sicht auf die ökologische Landwirtschaft hat sich beachtlich geändert: In den 80er Jahren galt sie noch als eine Angelegenheit von Wollsocken tragenden Ökospinnern. Im 21. Jahrhundert wandelte sie sich zu einer Versorgungsquelle für städtische Hipster. Nun rückt sie zunehmend ins Blickfeld als eine Antwort auf die großen ökologischen Krisen unserer Zeit: das rasante Artensterben und die sich zuspitzende Erderhitzung. Denn zu beidem trägt die gängige konventionelle Landwirtschaft massiv bei.

Was ist ökologische Landwirtschaft?

Die Unterschiede zwischen der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft sind beachtlich – auf dem Acker und in der Tierhaltung: 

  • Im Gegensatz zum konventionellen Ackerbau nutzt der Bio-Anbau keine chemisch-synthetischen Pestizide. Stattdessen kommen zum Schutz vor Schädlingen etwa robuste, weniger anfällige Sorten, Nützlinge, vielfältigere Fruchtfolgen oder mechanische Unkrautbekämpfung zum Einsatz. 
  • Chemisch-synthetische, leicht lösliche Düngemittel sind ebenfalls nicht erlaubt. Die Düngung erfolgt hauptsächlich über Kompost oder Mist. Um die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern, setzt der Öko-Ackerbau Pflanzen wie Leguminosen ein, die Stickstoff aus der Luft sammeln und in den Boden bringen. Mineraldünger der konventionellen Landwirtschaft hingegen zielen lediglich auf das Wachstum der Pflanze ab.
  • Die Anzahl der Tiere ist auf Bio-Höfen an die zur Verfügung stehende Fläche gebunden. Dahinter steckt der für die Öko-Landwirtschaft so typische Kreislaufgedanke – dass Ackerbau und Tierhaltung aufeinander abgestimmt sein müssen. Es werden also nur so viele Tiere gehalten, wie der Betrieb mit Futter entweder vom eigenen Hof oder aus der Region versorgen kann. So übersteigt der anfallende Mist wiederum auch nicht den Nährstoffbedarf der Äcker. Für das Tierwohl ist Auslauf und das Ausleben arttypischer Bedürfnisse vorgeschrieben - bei Schweinen etwa das Wühlen im Stroh und bei Wiederkäuern das Grasen auf Weiden. Schweineställe mit zigtausend eng zusammengepferchten, zu viel Gülle produzierenden Tieren sind im Öko-Sektor also nicht möglich. Auch die vorbeugende Gabe von Antibiotika an ganze Gruppen von Tieren ist verboten - allerdings auch nicht nötig, da die Tiere weniger krank werden. Lediglich einzelne Tiere werden behandelt.

Diese Art des Wirtschaftens stellt nicht nur gesunde Lebensmittel her, sie schützt auch Böden, Grundwasser, Klima und Biodiversität. Im ökologischen Ackerbau etwa ist die mittlere Artenzahl von Ackerwildkräutern um 95 Prozent höher als auf konventionell bewirtschafteten Feldern. Die Zahl der Feldvogelarten liegt um 35 Prozent höher, die der blütensuchenden Insekten um 23 Prozent. Eine im April 2022 im  Wissenschaftsjournal Nature veröffentlichte Studie untersucht die Frage, was stärker zum Insektensterben beiträgt: Landwirtschaft oder Klima? "In naturnahen Landschaften blieb Insektenvielfalt annähernd erhalten", kommentiert Martin Hofstetter, Experte für Landwirtschaft bei Greenpeace auf Twitter. "Pufferstreifen sind extrem wichtig, wo intensive Landwirtschaft betrieben wird."

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Verbraucher:innen pushen den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit

Im Supermarkt sind ökologisch hergestellte Lebensmittel mit dem Label „Bio“ gekennzeichnet – ein geschützter Begriff, der mindestens die EU-Biokriterien erfüllen muss. Einige Anbieter wie Naturland oder Demeter haben jedoch eigene, weitreichendere Vorgaben. 

Erfreulicherweise treiben Verbraucher:innen in Deutschland die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit voran. Der Umsatz an Bio-Lebensmitteln steigt stetig. Im Pandemiejahr 2020 gab die Bevölkerung in Deutschland sogar 22 Prozent mehr Geld für Bio-Lebensmittel aus als im Vorjahr – vermutlich, weil mehr zuhause gekocht und gegessen wurde. Die steigende Nachfrage schlägt sich auch auf den Feldern nieder: Der Anteil der Ökolandwirtschaft an der gesamten Agrarfläche betrug 11,2 Prozent im Jahr 2022, in den Jahren 2010 und 2015 waren es 5,9 beziehungsweise 6,5 Prozent. 

Damit jedoch ist Deutschland im europäischen Vergleich nur mittelmäßig, vorne liegt Österreich mit einem Anteil von 25 Prozent. Den Spitzenplatz hat sich Österreich mit einer zielgerichteten Förderung des Öko-Anbaus verdient. Etliche öffentliche Kantinen etwa servieren Bioessen. Deutschland plant, bis 2030 den Anteil auf 20 Prozent zu erhöhen.

Junge Erwachsene bereiten gemeinsam mit dem Meister der veganen Küche Domen Kavcic vegetarische Gerichte zu.

Junge Erwachsene bereiten gemeinsam vegetarische Gerichte zu.

In der Breite die Landwirtschaft ökologisieren

So richtig und wichtig die Ausweitung der ökologischen Landwirtschaft auch ist, bleibt doch die Frage: Was ist mit dem Rest? Der Anteil der herkömmlichen Landwirtschaft wäre auch bei einer Bio-Quote von 20 Prozent immer noch zu hoch, um die Klimaziele zu erreichen und das Artensterben zu bremsen. Greenpeace setzt sich daher dafür ein, die Landwirtschaft insgesamt nachhaltiger zu gestalten. Es geht also nicht darum, dass alle Höfe zu  Bio-Betrieben werden, sondern in der Breite die gesamte Landwirtschaft zu ökologisieren. Wie Schritt für Schritt der Umbau gelingen kann, zeigt Greenpeace in dem Kursbuch Agrarwende

Das jahrelang von der CDU/CSU geführte Landwirtschaftsministerium präsentierte sich wenig visionär – im Gegenteil, es stützte das alte System, auch auf EU-Ebene. So werden jährlich EU-Fördermittel in Höhe von 4,8 Milliarden Euro nach Größe der Betriebe ausgezahlt – egal ob diese nachhaltig wirtschaften oder eben nicht. Salopp ausgedrückt bekommt also der größte Bauer das meiste Geld. Doch diese Subventionspolitik, die tatsächlich noch aus der Nachkriegszeit stammt, verkennt nicht nur die ökologischen Herausforderungen, sie setzt auch dem Höfesterben nichts entgegen. Die Agrarpolitik hat die Landwirtschaft zunehmend auf Massenproduktion für billige Lebensmittel und den Export ausgerichtet. Viele Betriebe stehen unter hohem ökonomischen Druck, dem Diktat niedriger Preise, und können kaum mehr genügend Einkünfte erwirtschaften. Zwischen 2007 und 2019 gaben 17 Prozent der Landwirt:innen ihre – meist kleineren – Höfe auf.   

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Der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit: Tierhaltung reduzieren

Die Versäumnisse der CDU/CSU erfordern ein umso entschlosseneres Handeln von der aktuellen Bundesregierung. Die jahrzehntelange Fehlsteuerung mit ihrer Ausrichtung auf billige Massenproduktion können Landwirt:innen nicht allein korrigieren. Sie sind auf die Unterstützung der Gesellschaft angewiesen. Aus diesem Grund adressierten Greenpeace-Aktivist:innen bereits bei den Sondierungsgesprächen ihre Forderungen an SPD, die Grünen und FDP. Darunter folgende Punkte:

  • Den Umbau der Tierhaltung gezielt fördern, damit Tiere mit mehr Platz artgerecht  und ohne Einsatz von Antibiotika gehalten werden können – finanziert durch eine Tierwohlabgabe. Bis zum Jahr 2045 muss zudem die Zahl der Nutztiere deutlich sinken, um die Klimaziele in der Landwirtschaft zu erreichen. 
  • Den Konsum nachhaltiger Produkte unterstützen, indem gesunde und nachhaltig erzeugte Lebensmittel für alle bezahlbar sind. Möglich ist das durch eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse und die Subventionierung einer fleischarmen Verpflegung mit Bio-Produkten in Schulen, Kitas sowie anderen öffentlichen Kantinen. Im Gegenzug klimaschädliche Subventionen streichen wie den gesenkten Mehrwertsteuersatz für tierische Produkte.
  • Den Pestizideinsatz stark senken, in Schutzgebieten gänzlich untersagen und eine Pestizidabgabe einführen. Bienengefährdende Pestizide sowie Totalherbizide wie Glyphosat müssen generell verboten werden.

Der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit ist die Reduzierung der Tierbestände. So können einerseits die Treibhausgasemissionen aus der Tierhaltung gesenkt und andererseits Flächen für den nachhaltigen Anbau von Lebensmitteln freigegeben werden. Denn eine ökologisierte Landwirtschaft, die den Einsatz von chemisch-synthetischen Düngemitteln und Pestiziden verringert, wird nicht so hohe Erträge erzielen. Ausgeglichen werden kann das durch einen Teil der Äcker, auf denen vormals Tierfutter angebaut wurde. 

Die Herausforderungen sind nicht gering. Damit aber die Landwirtschaft vor allem auch künftige Generationen ausreichend mit gesunden Lebensmitteln versorgen kann, sind fruchtbare Böden, Artenvielfalt und ein stabiles Klima unerlässlich. Bei einem weiter so wie bisher gefährdet die Landwirtschaft jedoch ihre eigenen Grundlagen. 

Häufig gestellte Fragen zur ökologischen Landwirtschaft

Kann eine nachhaltige Landwirtschaft die Welt ernähren?

Eine Versorgung mit ökologisch produzierten Lebensmitteln ist möglich. Voraussetzung ist allerdings, dass wir weniger Lebensmittel wegschmeißen – etwa ein Drittel landet auf dem Weg vom Acker bis zum Teller im Müll – und die Tierhaltung reduzieren. Nur so stehen genügend Ackerflächen zur Verfügung für den Anbau von Lebensmitteln. In einigen Ländern des Südens zeigt die Erfahrung sogar, dass mit Ökolandbau gleich hohe oder höhere Erträge zu erzielen sind. Denn die ökologische Bearbeitung des Bodens erhält die Bodenfruchtbarkeit, verringert die Erosion, erhöht die Wasserspeicherkapazität und macht ihn so resistenter gegen Krisen. Eigenschaften, die an schwierigen Standorten beispielsweise in großen Teilen Afrikas zu besseren Ernten führen.

 

Sind Bio-Lebensmittel gesünder?

Bio-Lebensmittel enthalten nicht mehr Vitamine oder Nährstoffe als konventionell erzeugte. Allerdings setzt die Öko-Landwirtschaft bei der Produktion von Lebensmitteln keine chemisch-synthetischen Pestizide ein. Bei konventionellem Obst und Gemüse wurden immer wieder Rückstände von Pestiziden nachgewiesen – teils sogar von mehreren Wirkstoffen. Einige stehen im Verdacht krebserregend zu sein, die Fruchtbarkeit zu beeinflussen oder sich auf das Nervensystem auszuwirken.

 

Wie kann ich mich nachhaltig ernähren?

Was wir essen, kann einen sehr großen Einfluss auf unseren CO2-Fußabdruck haben. So sind tierische Produkte besonders klimaschädlich, besser sind pflanzliche Lebensmittel. Im Idealfall regional und saisonal einkaufen, das spart Transportwege und eine lange Lagerung. Wer dann noch zu Bio-Lebensmitteln greift, trägt zu einer artgerechteren Tierhaltung, zu mehr Gewässer- und Klimaschutz, einem sparsameren Gebrauch von Antibiotika sowie zu dem Erhalt fruchtbarer Böden bei. Zum Weiterlesen: 10 Tipps für gutes Essen.

 

Bio-Gemüse in Ungarn

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