Faultier-Fakten: So spannend sind die entspannten Tiere!
- Ein Artikel von Miryam Nadkarni
- Kurz und Knapp
Am Internationalen Tag des Faultiers feiern wir den Meister der Entschleunigung – mit sechs überraschenden Insights über das wohl gelassenste Tier der Welt.
Während wir Menschen immer schneller konsumieren, reisen und produzieren, lebt ein Tier in den Regenwäldern Südamerikas nach dem genauen Gegenteil: das Faultier. Faultiere gibt es schon deutlich länger als den modernen Menschen. Während unsere Art, Homo sapiens, erst vor etwa 300.000 Jahren auftauchte, hangeln sich Dreifingerfaultiere (Bradypus) bereits seit rund 5 Millionen Jahren durch die Regenwälder Südamerikas.
Das Geheimnis des langen Bestehens der Faultiere: chillen. Hier sind sechs "chillige" Fakten über das Faultier.
1. Energiesparen als Lebenskunst
Faultiere bewegen sich in Zeitlupe – im Schnitt nur 0,24 Kilometer pro Stunde. Ihr Herz schlägt langsam, ihr Stoffwechsel ist reduziert, und sie schlafen rund 15 Stunden am Tag. Das liegt daran, dass sie fast ihr ganzes Leben in Bäumen verbringen und sich vor allem von Blättern ernähren, die sehr wenig Kalorien haben. Der Faultier-Lebensstil klingt träge, ist aber genial: Sie verschwenden kaum Energie und leben völlig im Einklang mit den Ressourcen, die ihr Lebensraum bietet.
2. Sie verbringen fast ihr ganzes Leben kopfüber
Essen, Schlafen, Paarung – sogar die Geburt: Fast alles passiert beim Faultier kopfüber am Ast. Seine Organe sind dafür perfekt angepasst, damit sich beim Hängen nichts verschiebt. Im Baum zu bleiben spart wertvolle Energie, denn so muss es nicht ständig hoch- und runterklettern. Außerdem bieten die Baumwipfel guten Schutz vor Fressfeinden.
Nur für eines verlässt das Faultier seinen sicheren Platz: um sein Geschäft zu erledigen. Dafür klettert es gemächlich zu Boden und gräbt ein kleines Loch. Weil seine Verdauung genauso langsam ist wie das Tier selbst, muss es das nur etwa einmal pro Woche tun.
3. Faultier-Antibiotika: Ihr Fell könnte der Medizin helfen
Forschungen des Biologen Max Chavarría von der Universität Costa Rica zeigen: Im Fell der Faultiere leben Bakterien, die antibiotische Substanzen herstellen, welche krankheitserregende Keime kontrollieren könnten.
Bislang wurden über 20 potenzielle Bakterienarten entdeckt. Sollten sich daraus tatsächlich neue Medikamente entwickeln lassen, könnte das ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen werden – ein wachsendes globales Gesundheits- und Umweltproblem.
4. Warum Faultiere grün schimmern
Wer ein Faultier aus der Nähe betrachtet, entdeckt oft einen grünlichen Schimmer in seinem Fell – und der kommt tatsächlich von Algen, die dort wachsen.
Das feuchte Klima der tropischen Regenwälder und die langsame Lebensweise der Tiere schaffen ideale Bedingungen für diese ungewöhnliche Wohngemeinschaft. Zusammen mit winzigen Motten und Käfern, die ebenfalls dort leben und Nährstoffe hinterlassen, entsteht ein kleines Mikro-Ökosystem auf dem Rücken des Faultiers.
Die Algen dienen dabei als natürliche Tarnung im Blätterdach des Regenwaldes – ein unscheinbarer, aber genialer Schutz vor Fressfeinden.
Was ist ein Faultier?
Das Faultier ist ein baumbewohnendes Säugetier, das in den tropischen Regenwäldern Mittel- und Südamerikas heimisch ist. Es gehört zur Ordnung der Nebengelenktiere und wird in zwei Hauptgruppen unterteilt: die Zweifinger- und die Dreifingerfaultiere. Sie erreichen je nach Art eine Körperlänge von etwa 50 bis 75 Zentimetern und ein Gewicht von 4 bis 8 Kilogramm. Mit ihrem dichten, oft algenbewachsenen Fell und den kräftigen Greifkrallen sind sie perfekt an das Leben in den Baumkronen angepasst.
5. Faulenzer oder Sänger? Wie das Faultier in anderen Sprachen heißt
Die Trägheit des Faultiers spielt in vielen Sprachen Südamerikas eine zentrale Rolle bei seiner Namensgebung. Im Spanischen heißt es perezoso (“faul”), im Portugiesischen preguiça (“Faulheit”), im Französischen paresseux (“faul”).
Anders in den indigenen Sprachen: Dort tragen Faultiere meist naturbezogene oder lautmalerische Bezeichnungen. So leiten sich manche Namen im Quechua und Guaraní, etwa Aiwanaku oder Aíra, von den langgezogenen Rufen „ai“ ab, die besonders die Dreifingerfaultiere ausstoßen. Diese klagenden, hohen Laute hallen oft nachts durch den Regenwald. Während die europäischen Sprachen das Tier über seine Langsamkeit definieren, spiegeln die indigenen Namen seine Stimme wider.
6. Riesenfaultiere – Giganten der Urzeit
Neben den heute bekannten, gemütlich in Bäumen hängenden Faultieren gab es einst ihre beeindruckenden Vorfahren: die Riesenfaultiere. Diese gewaltigen Tiere erreichten eine Länge von bis zu sechs Metern und wogen bis zu drei Tonnen – also fast so viel wie ein moderner Elefant.
Die größten Vertreter der Riesenfaultiere lebten während des Pleistozäns. Diese Epoche, die vor rund 2,6 Millionen Jahren begann, war das Zeitalter der sogenannten Megafauna. Zu den überdimensionalen Artgenossen der Riesenfaultiere zählen Wollhaarmammut, Auerochse, Säbelzahntiger, Riesenbiber und Riesenelch.
Riesenfaultiere starben während des Übergangs vom Pleistozän zum Holozäns (Jetztzeit) vor etwa 10.000 Jahren aus. Anders als ihre heutigen, baumbewohnenden Verwandten waren Riesenfaultiere am Boden unterwegs. Trotz ihrer Masse bewegten sie sich wohl ähnlich langsam und bedächtig wie die Faultiere unserer Zeit.
Ihr Aussterben wird auf mehrere Faktoren zurückgeführt: Klimaveränderungen, den Verlust ihrer Lebensräume – und vermutlich auch die Jagd durch frühe Menschen.
Lebensraum der Faultiere bedroht
Damit unsere heutigen Faultiere nicht dasselbe Schicksal ereilt, müssen wir ihren Lebensraum schützen. Der Amazonas-Regenwald, einer der wichtigsten Lebensräume des Faultiers, steht kurz vor dem Kollaps: Rund 17 Prozent der Fläche wurde bereits zerstört, geopfert für Rinderweiden, Futtersoja-Plantagen und illegalen Goldabbau. Expert:innen warnen, dass bei einem Verlust von 20 bis 25 Prozent das Ökosystem kippen könnte – mit unumkehrbaren Folgen für das Klima und die Artenvielfalt weltweit.
Chance für besseren Amazonas-Regenwald-Schutz: Die COP30
Was können wir dagegen tun? Im November findet die 30. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP30) in Brasilien statt – vor den Toren des Amazonas-Regenwalds. Das ist eine historische Chance, den Schutz des Amazonas-Regenwalds, der Wälder weltweit und des globalen Klimas voranzubringen.