Gutachten zu Rechtsfragen: Gibt es einen Anspruch auf Bildung für nachhaltige Entwicklung?
- Ein Artikel von Lisa Sophie Kropp
- mitwirkende Expert:innen Dr. Dietmar Kress
- Überblick
Nur 17 Prozent der Schüler:innen fühlen sich laut einer Greenpeace-Umfrage von Anfang 2025 durch die Schule gut auf die Zukunft vorbereitet. Dabei soll Bildung bei der Persönlichkeitsentwicklung unterstützen und auf die Zukunft vorbereiten. Insbesondere Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) kann Schüler:innen Fähigkeiten vermitteln, mit denen sie an einer globalen Nachhaltigkeit selbstbestimmt mitwirken können.
© Elisabeth von Mosch / Greenpeace
Aber gibt es rechtliche Vorgaben zur Umsetzung? Und ergibt sich daraus ein Anspruch, BNE beispielsweise in Schulen und Bildungseinrichtungen durchzusetzen?
Diese Fragen haben sich Verwaltungsrechtlerin Ronja Hoffmann, Schulrechtler Ulrich Wollenteit und Völkerrechtler Ammar Bustami von Rechtsanwälte Günther Partnerschaft gewidmet. Sie haben im Auftrag von Greenpeace ein Rechtsgutachten zu den Vorgaben zur Umsetzung von BNE aus dem Völkerrecht und dem nationalen Recht erstellt. Die vier Bundesländer Bayern, Hamburg, Hessen und Sachsen nahmen sie dafür besonders in den Blick.
Das nun veröffentlichte Rechtsgutachten zeigt:
Es gibt rechtliche Pflichten zur Umsetzung von BNE! Das Gutachten unterstützt Bildungsakteur:innen dabei, BNE umzusetzen und gibt Hinweise, auf welchen Rechtsgrundlagen das fußen kann.
Gutachten zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit Bildung für nachhaltige Entwicklung
Anzahl Seiten: 73
Dateigröße: 890.89 KB
HerunterladenWelche Hebel gibt es rechtlich für BNE?
So bietet das Völkerrecht Möglichkeiten, BNE rechtlich umzusetzen: Die UN-Kinderrechtskonvention enthält eine Pflicht, Kindern die Achtung vor der natürlichen Umwelt zu vermitteln. Sie fordert einen integrierten und ganzheitlichen sowie multidisziplinären Ansatz, der auch die nachhaltige Entwicklung miteinbezieht. An diese Pflicht ist Deutschland völkerrechtlich gebunden.
Schulleitungen und Aufsichtsbehörden dürfen in keinem der untersuchten Bundesländer (Bayern, Hamburg, Hessen und Sachsen) Weisungen erteilen, die gegen die im Völkerrecht, aber auch im Verfassungsrecht und im Landesrecht benannte Pflicht zur BNE verstoßen. Sie dürfen aber Lehrkräfte und Schulleitungen anweisen, Unterricht im Sinne einer BNE umzusetzen.
Hintergrundinformation
Warum wurden sich diese vier Bundesländer genauer angeschaut?
Das Gutachten vergleicht wegen der vielen verschiedenen föderalen Vorgaben nur vier Bundesländer: Aufgrund der Größe und Lage entschieden sich die Autor:innen für Bayern, Hamburg, Hessen und Sachsen. Hamburg und Sachsen haben BNE in ihren Vorschriften vollumfänglich umgesetzt, Bayern weitestgehend, Hessen hingegen unzureichend.
In den einzelnen Ländern gibt es zusätzliche rechtliche Pflichten für BNE. Diese ergeben sich zum Teil aus dem jeweiligen Landesrecht. BNE findet sich zudem in vielen Lehr- und Bildungsplänen wieder – Bildungsakteur:innen können sich darauf beziehen.
"Wenn wir als Gesellschaft unseren Lebensstil nachhaltig gestalten wollen, kommt Bildung dabei eine Schlüsselrolle zu. Mit dem Gutachten haben wir eine Unterstützung für diejenigen geschaffen, die Bildung für nachhaltige Entwicklung in Schule und Unterricht umsetzen wollen. Sie können BNE nun in die bestehenden Rechtspflichten und Gesetze sicher einordnen und für sich und ihre Arbeit nutzen."
Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Praxis
Auch das Grundgesetz spielt eine Rolle: Aus den Staatszielen zu Umwelt- und Klimaschutz in Artikel 20a ergeben sich ebenfalls rechtliche Verpflichtungen und auch eine Notwendigkeit für BNE.
Zusammengefasst heißt das für Lehrkräfte und Schulleitungen aus den untersuchten Bundesländern, dass Schüler:innen ein Recht auf die Umsetzung von BNE in ihrer Schule und im Unterricht haben.
“Es braucht im schulischen Alltag Lehrkräfte, Schulleitungen und Aufsichtsbehörden, die sich des rechtlichen Rahmens sowie der Handlungsmöglichkeiten bewusst sind und auch gewillt sind, diese einzusetzen”, sagt Dr. Ammar Bustami, Völkerrechtler und Mitautor des Gutachtens.