Generationenkapital - wie mit unserer Rente der Amazonas zerstört wird
- Ein Artikel von Eva Schaper
- Hintergrund
Die Bundesregierung plant das Generationenkapital, einen Staatsfonds zur Stabilisierung der gesetzlichen Renten – doch die Nachhaltigkeit dieser staatlichen Investitionen an den weltweiten Börsen ist fraglich.
Damit die Renten auch in Zukunft stabil bleiben, will die Bundesregierung das sogenannte Generationenkapital einführen. Mindestens 200 Milliarden Euro sollen nach diesen Plänen an den weltweiten Börsen in Aktien und andere Wertpapiere investiert werden, um mit den Gewinnen Löcher in der gesetzlichen Rente zu stopfen. Um Menschenrechts- und Umweltabkommen wie das Pariser Klimaabkommen einzuhalten, möchte sie sich an den Nachhaltigkeitsregeln des bereits bestehenden Staatsfonds KENFO („Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung") orientieren. Doch wie nachhaltig sind diese Investments wirklich, die für die nächsten Generationen nicht nur die Rente, sondern auch einen lebenswerten Planeten sichern sollten? Das untersucht der Report “Das Generationenkapital: Renten sichern auf Kosten der Umwelt” von Greenpeace.
Das Ergebnis dieser Analyse ist erschreckend. Der KENFO investiert 1,3 Milliarden Euro in Unternehmen, die in schwere Menschenrechts- und Umweltkontroversen verwickelt sind. Das sind mehr als 5 Prozent seiner Gesamtinvestitionen. Besonders schockierend ist, dass sich unter den Unternehmen die schlimmsten Naturzerstörer wie der brasilianische Rindfleischkonzern JBS oder der saudische Ölkonzern SaudiAramco befinden. Schlimmer geht es nicht.
Kurz erklärt: Aktienrente - Generationenkapital - KENFO
Was bedeuten diese Begriffe?
Was ist die Aktienrente?
Ein Vorschlag der FDP zur Stabilisierung der Renten ist die gesetzliche Aktienrente. Diese sieht als zentraler Punkt eine Abgabe des Bruttolohns vor, die am Kapitalmarkt investiert werden soll. Die daraus gewonnene Rendite sichert dann die Rentenversicherung. Es würden also die Bürger selbst in diese Rente einzahlen.
Was ist das Generationenkapital?
Das Generationenkapital hingegen sieht vor, nur Darlehen und Vermögenswerte, die direkt vom Bund stammen, zu investieren und mit den Renditen des Fonds die Beiträge zur Rentenversicherung stabil zu halten. Das Generationenkapital ist also ein Fonds, der vom Bund mit Darlehen, Barmitteln und Vermögenswerten ausgestattet wird, die dann am Kapitalmarkt investiert werden. Die Erträge der Investitionen dienen der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung.
Was ist KENFO?
KENFO ist eine Abkürzung für die Stiftung „Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“. Zweck des KENFO ist es, die Finanzierung der Kosten für die Entsorgung radioaktiver Abfälle, die aus der gewerblichen Nutzung der Atomenergie entstanden sind, zu finanzieren. KENFO gilt in parlamentarischen Kreisen oft als nachhaltiges Paradebeispiel. Da das Generationenkapital zunächst vom KENFO verwaltet werden soll - und dadurch Gefahr läuft, weniger nachhaltig angelegt zu werden - ist es an der Zeit, mit diesem Märchen aufzuräumen.
Da die gleiche Nachhaltigkeitsregel auch für das Generationenkapital gelten sollte, würde dieses viele Milliarden in massiv klima- und umweltschädigende Unternehmen investieren – und das mit öffentlichen Geldern. Wie soll die Rente zukunftssicher gemacht werden, wenn mit den Investitionen die Umwelt zerstört wird? Eine Rente auf einem toten Planeten ist nichts wert!
Aber noch ist das Gesetz nicht verabschiedet und Änderungen sind möglich!
Noch bis Ende des Jahres soll final darüber abgestimmt werden, damit es 2025 in Kraft treten kann. Jetzt ist die Chance da, die Weichen für einen Staatsfonds zu legen, der seinem Anspruch als “Generationsfonds” gerecht wird und einen Beitrag zur Stabilität der Altersversorgung leistet, ohne Umwelt und Menschenrechte zu gefährden.
Der Staatsfonds KENFO – Blaupause für das Generationenkapital
Die Bundesregierung verfügt mit der Stiftung KENFO über eine Institution, die bereits weltweit professionell Kapitalanlagen unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien tätigt. Die Idee ist jetzt, ihn einfach als Blaupause für das Generationenkapital zu nutzen. Das bietet dem Bund die Möglichkeit, das Generationenkapital möglichst zeitnah umzusetzen und Investitionen zu tätigen, ohne eine neue Anlagestrategie und neue Kriterien zu entwickeln. Doch der so hoch gelobte Staatsfonds zeigt deutliche Lücken, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht.
So nachhaltig ist der KENFO
Die Nachhaltigkeitsstrategie des KENFO basiert im Wesentlichen auf vier Säulen: dem Ausschluss bestimmter Unternehmen (z. B. aus Waffen-, Kohle- oder Atomkraftsektoren), einer sogenannten Best-In-Class-Strategie, welche Investitionen in die “besten” Unternehmen eines Sektors erlaubt, egal wie umweltzerstörerisch der Sektor ist, sowie den Prinzipien für nachhaltige Investitionen (PRI) und dem Bekenntnis zu den Pariser Klimazielen, mit dem Ziel, das Portfolio bis 2050 klimaneutral auszurichten.
In der Detailanalyse der Nachhaltigkeitsstrategie zeigten sich jedoch gravierende Schwächen, wie der Report aufzeigt. So fehlt z.B. die Transparenz über einzelne Positionen des Fonds. Auch einen vollständigen Carbon Footprint des Portfolios sucht man vergebens, ebenso wie sogenannte “Scope-3-Ziele” (Scope 3 umfasst die Treibhausgasemissionen aus der Nutzung eines produzierten Produkts und nicht nur die Emissionen, die bei der Produktion entstanden sind) oder weiterer notwendiger Ausschlüsse wie etwa Investitionen in Öl- und Gasunternehmen, die nicht mit dem 1,5°C-Ziel vereinbar sind.
Der KENFO bleibt mit seiner Nachhaltigkeitsstrategie weit hinter internationalen Fonds wie dem norwegischen Staatsfonds oder europäischen Standards für pariskonforme Investitionsfonds wie der EU Paris-Aligned Benchmark (PAB). Die Ausschlusskriterien sind zu großzügig, und es fehlen klare Ziele für Biodiversität und soziale Nachhaltigkeit. Für das geplante Generationenkapital besteht daher dringender Handlungsbedarf, um glaubwürdige Nachhaltigkeitsstandards zu gewährleisten. Das Ziel der ethischen Geldanlage muss bereits im Gesetz verankert werden. Darauf aufbauend müssen strikte Ausschlusskriterien, eine verbesserte Transparenz sowie eine stärkere Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure etabliert werden, um eine zukunftssichere und ethisch verantwortliche Kapitalanlage zu gewährleisten.
Nur so kann der Generationsfonds seinem Anspruch gerecht werden, einen Beitrag zur Stabilität und Zukunftssicherung der Altersversorgung zu leisten, ohne Umwelt und Menschenrechte zu gefährden, und damit - wie der norwegische Staatsfonds - zu einem Leuchtturm für die gesamte Finanzbranche in Sachen nachhaltiges Investment werden.
Das Generationenkapital: Renten sichern auf Kosten der Umwelt
Anzahl Seiten: 16
Dateigröße: 1.72 MB
HerunterladenJBS – einer der größten Zerstörer des brasilianischen Regenwaldes
Der brasilianische Rindfleischkonzern JBS steht auf der Investitionsliste des KENFO
Der Kenfo hält eine Anleihe in Höhe von 2,27 Millionen Euro des brasilianischen Rindfleischproduzenten JBS. Dabei ist bekannt, dass JBS einer der größten Zerstörer des brasilianischen Regenwaldes ist und als riesiger Emittent von Treibhausgasen massiv zur Klimakrise beiträgt. Der größte Fleischproduzent der Welt, verantwortet mehr Methanemissionen als ExxonMobil und Shell zusammen. Immer wieder konnte nachgewiesen werden, dass JBS Rinder von illegalen Zuchtfarmen im Amazonasgebiet bezieht und eng mit der großflächigen Abholzung des Amazonasregenwaldes verbunden ist. Laut einer Analyse des Institute of Agriculture and Trade Policy ist JBS für mehr Methanemissionen verantwortlich als ganze Industrienationen wie Frankreich oder Italien. JBS wurde zudem wegen schwerer Korruptionsvorwürfe verurteilt und musste Strafzahlungen in Milliardenhöhe leisten. Die gravierenden Mängel in der Lieferkette und die wiederholten massiven Verstöße gegen Umwelt- und Arbeitsstandards haben dazu geführt, dass JBS für Investoren in Europa als nicht mehr investierbar gilt und von den meisten institutionellen Anlegern als Investment ausgeschlossen wird. Einzig dem KENFO scheint diese ökologische Verfehlung egal zu sein. Im Hinblick auf mögliche Ökosystemrisiken findet sich weltweit kaum ein noch fragwürdigeres Unternehmen als JBS, was wiederum große Zweifel an der Nachhaltigkeitsstrategie des KENFOS aufkommen lässt.
Greenpeace Forderungen
Greenpeace fordert für die Umsetzung einer glaubwürdigen Nachhaltigkeitsstrategie für das Generationenkapital folgende Änderungen am vorliegenden Gesetzesentwurf:
- Die Beachtung von Nachhaltigkeitsprinzipien bzw. der internationalen Umwelt- und Menschenrechtskonventionen ist im Gesetz neben Rendite, Sicherheit und Liquidität als weiteres Kriterium für die Anlage der Mittel zu nennen (§ 6 GenKapG)
- Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsprinzipien muss in der Anwendungsvorschrift des Gesetzes analog zum norwegischen Staatsfonds durch einen Ethikrat unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure sichergestellt werden.
- Transparenz über die getroffenen Anlagen: Das Portfoliomanagement muss alle getätigten Investitionen detailliert transparent machen, um die Umsetzung der Nachhaltigkeitsprinzipien überprüfbar zu machen.
- Die gesamte Nachhaltigkeitsstrategie und- bewertung muss transparent gemacht werden, wobei es nicht ausreicht, nur die Prinzipien zu veröffentlichen, sondern auch die Metriken, Ausschlusslisten und Grundsätze des Engagements, einschließlich der roten Linien, die zum Investment führen.
Häufig gestellte Fragen und Antworten
Kann die Rente mit dem Generationenkapital gewährleistet werden?
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Finanzierung der Rentengarantie, die z.B. vom Bundesrechnungshof geäußert wurden. Wir sehen es nicht als unsere Aufgabe an, diese Frage zu beantworten. Aufgabe von Greenpeace ist es hingegen, darauf zu achten, dass die Pläne der Bundesregierung nicht zu Lasten der Umwelt und des Klimas gehen. Denn auf einem kollabierenden Planeten ist auch die beste Rente nicht viel wert.
Kann die Rente glaubwürdig nachhaltig angelegt werden, ohne ernsthaft Rendite zu verlieren?
Grundsätzlich geht es nicht um Nachhaltigkeit im Sinne einer perfekten grünen Investition. Der Bund muss aber sicherstellen, dass seine Investitionen nicht das Gemeinwohl bzw. die Einhaltung internationaler Menschenrechts- oder Umweltabkommen wie das Pariser Klimaabkommen untergraben. Dies ist bei mindestens 5% der Anlagen im KENFO-Portfolio der Fall und die Bundesregierung muss gesetzlich sicherstellen, dass dies auch beim Generationenkapital nicht der Fall ist. 5% sind auch nicht so groß, dass eine breit diversifizierte Anlage möglich wäre.
Gibt es weitere Staatsfonds außer dem KENFO?
Es gibt weitere Fonds bzw. Kapitalanlagen der öffentlichen Hand, z.B. die Versorgungseinrichtungen des Bundes und der Länder sowie kleinere Pensionsfonds, beispielsweise für Beamte der Bundesbank. Sie alle sind jedoch deutlich kleiner als der geplante Generationenfonds mit einer geplanten Anlagesumme von mindestens 200 Mrd. Euro.
Ist es sicher, wenn der Staat Geld als Aktien anlegt, Stichwort “Casino-Rente”?
Grundsätzlich sind Aktienanlagen bzw. eine Kapitaldeckung nicht per se zu verurteilen, insbesondere dann nicht, wenn die Anlage über einen langen Zeithorizont erfolgt, was die Risiken erheblich mindert. Gleichzeitig gilt aber auch, dass diese Anlagen mit einem deutlich höheren Risiko verbunden sind. Denn auch hier gilt das eiserne Gesetz der Kapitalanlage: Höhere Renditen gibt es immer nur gegen höheres Risiko. Greenpeace sieht es jedoch nicht als seine Aufgabe an, hier eine Bewertung vorzunehmen, sondern dafür zu sorgen, dass Umwelt- und Klimaschutz auch bei der Kapitaldeckung gewahrt bleiben.