Die geplante UN-Steuerkonvention - eine historische Chance
- Ein Artikel von Michelle Bayona
- mitwirkende Expert:innen Bastian Neuwirth
- Hintergrund
Unter dem Dach der Vereinten Nationen entsteht mit der UN Tax Convention ein globales Steuerabkommen, das neue Wege für gerechte Finanzierung von Klimaschutz und sozialer Entwicklung eröffnen soll.
Die weltweite Klimakrise verschärft bestehende soziale Ungleichheiten: Während die Ärmsten ihre Lebensgrundlagen verlieren, profitieren einige wenige weiter von fossilen Geschäftsmodellen und Steuerschlupflöchern.
Mit der geplanten UN-Steuerkonvention wollen die Vereinten Nationen ein gerechteres Fundament für internationale Steuerpolitik schaffen: Staaten sollen künftig gleichberechtigt verhandeln können, Steuervermeidung eingedämmt und öffentliche Einnahmen weltweit gestärkt werden. So könnten beispielsweise umweltschädliche Gewinne und Vermögen stärker besteuert und Milliarden für die Klimafinanzierung mobilisiert werden. Wenn es gelingt, diese Idee global umzusetzen, wäre das ein Wendepunkt: für das Klima, für Steuergerechtigkeit und für die Zukunft unseres Planeten.
Die UN Tax Convention – genauer gesagt: UN Framework Convention on International Tax Cooperation oder abgekürzt: UNFCITC – ist damit viel mehr als ein technischer, trockener Vertrag über Steuerkooperation. Sie ist ein politisches Projekt für Gerechtigkeit.
„Die UN-Steuerkonvention kann ein entscheidender Schritt sein, um Umwelt- und Steuerpolitik zusammenzubringen – damit diejenigen, die am meisten Emissionen verursachen, endlich auch Verantwortung für die Folgen übernehmen.“
Endlich würde mit dem internationalen Steuerabkommen ein Prozess korrigiert, der bislang von reichen OECD-Staaten dominiert wird und arme Länder systematisch benachteiligt. Die Initiative dazu ging von der Afrikanischen Staatengruppe bei den Vereinten Nationen aus, die damit ein starkes Signal setzt: Die Länder, die am meisten unter Klimafolgen leiden, fordern endlich ein Mitspracherecht in der globalen Finanzordnung. Damit steht die internationale Steuerpolitik vor einem Wendepunkt. Künftig sollen alle Staaten gleichberechtigt über globale Steuerregeln verhandeln.
Das Potenzial der UN-Steuerkonvention
Kurz und knapp
Ziel ist ein faires, transparentes und effektives internationales Steuersystem, das Staaten befähigt, dort zu besteuern, wo Gewinne tatsächlich entstehen und wo Umweltschäden verursacht werden. Die Verhandlungen über die UN-Steuerkonvention sind noch nicht abgeschlossen, doch schon jetzt zeichnet sich ab, welches Veränderungspotenzial in einem solchen Schritt liegen könnte:
- Erstes globales Steuerabkommen unter UN-Mandat
- Gleiche Mitspracherechte für alle Staaten
- Potenzial, Milliarden für Klimafinanzierung zu mobilisieren
- Möglichkeit, umweltschädliche Gewinne und Vermögen stärker zu besteuern
- Steuerflucht eindämmen
Superreiche und Konzerne in der Pflicht
Hinter der technischen Debatte über Steuerregeln steht eine politische Grundfrage: Wer trägt die Kosten der Klimakrise – und wer macht weiterhin Profite auf Kosten der Umwelt? Schwache Steuerregeln und undurchsichtige Finanzstrukturen haben es großen Konzernen und sehr vermögenden Privatpersonen ermöglicht, Vermögen in Steueroasen zu verschieben oder Gewinne dort auszuweisen, wo sie kaum besteuert werden.
- Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass zwischen 2016 und 2021 weltweit insgesamt rund 475 Milliarden US-Dollar an Unternehmenssteuern entgangen sind – begünstigt durch eine von den USA gestützte „globale Schweigeordnung“, die Steuervermeidung durch Konzerne verschleiert.
- Laut Schätzungen (Stand 2024) verlieren Staaten jedes Jahr rund 492 Milliarden US-Dollar durch multinationale Unternehmen und Superreiche durch Gewinnverschiebung und Steuervermeidung.
- Allein im Rohstoffsektor (inkl. Öl- und Gasförderung) gehen mindestens 44 Milliarden US-Dollar verloren – Geld, das in vielen Ländern für Klimaschutz, Infrastruktur oder soziale Sicherungssysteme fehlt.
- Zugleich erwirtschafteten die fünf größten Öl- und Gaskonzerne seit dem Pariser Klimaabkommen über 800 Milliarden US-Dollar an Gewinnen.
Eine gerechtere internationale Steuerarchitektur könnte diese Mittel dort verfügbar machen, wo sie gebraucht werden – für Klimaschutz, Anpassung und nachhaltige Entwicklung.
Neben diesen Unternehmensgewinnen spielt der Reichtum sehr Weniger eine immer größere Rolle: Hochvermögende Personen verursachen überproportionale Umwelt- und Klimabelastungen und zahlen vergleichsweise geringe Steuer- und Abgabenlasten. Das geplante globale UN-Steuerabkommen bietet eine praktikable Lösung, nicht nur Unternehmensgewinne steuerlich gerechter zu behandeln, sondern auch Superreiche stärker in die Pflicht zu nehmen – und so Mittel für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung freizusetzen.
Der Weg zur UN-Steuerkonvention – von New York über Nairobi
Der Weg zur UN Tax Convention ist ein mehrstufiger Prozess unter dem Mandat der Vereinten Nationen. Greenpeace begleitet diesen Prozess aktiv und ist auch mit Expert:innen an verschiedenen Stationen vor Ort. Ein Überblick:
- New York, USA (UN-Generalversammlung, November 2023 ):
In einer historischen Abstimmung beschließen die UN-Mitgliedstaaten, ein weltweites Steuerabkommen unter dem Dach der Vereinten Nationen auf den Weg zu bringen – der Startschuss für die Verhandlungen zur UN Tax Convention. - New York, USA (INC-1 und INC-2, 4. - 8. August 2025 und 11. - 15. August 2025):
Erste Verhandlungsrunden legen die Grundlagen für ein Mandat, über Inhalte und Struktur der Konvention zu sprechen. Viele Staaten – darunter zahlreiche aus dem Globalen Süden – betonen, dass das bestehende System unter OECD-Führung strukturell unzureichend und ungerecht sei. - Nairobi, Kenia (INC-3, 10. - 19. November 2025):
Aufbauend auf den ersten Runden diskutieren die Staaten über konkrete Inhalte, darunter mögliche Mechanismen für Umwelt- und Vermögenssteuern sowie die Verknüpfung von Steuerpolitik und Klimafinanzierung.
Im aktuellen Entwurf der neuen UN-Steuerkonvention ist bereits vorgesehen, dass Staaten gemeinsam sogenannte “high-net-worth-individuals” effektiver besteuern. Lulas Forderung einer Milliardärssteuer passt also direkt in den laufenden Prozess. Entscheidend wird jetzt, dass die Staaten die Verbindung zur UNFCCC klar ziehen - denn die Steuerkonvention kann zu einer wichtigen Säule globaler Klimafinanzierung werden. Einige Länder haben bei der parallel zur COP30 stattfindenden Verhandlung in Nairobi bereits angedeutet, das Verursacherprinzip stärker zu verankern, aber insgesamt bleiben die Verhandlungen noch hinter der Dringlichkeit zurück. Bis der Vertrag 2027 vorgelegt wird, braucht es mehr politischen Mut, um extreme Vermögen endlich fair zu besteuern.
Einige Länder haben bei der parallel zur COP30 stattfindenden Verhandlung in Nairobi bereits angedeutet, das Verursacherprinzip stärker zu verankern, aber insgesamt bleiben die Verhandlungen noch hinter der Dringlichkeit zurück. Bis der Vertrag 2027 vorgelegt wird, braucht es mehr politischen Mut, um extreme Vermögen endlich fair zu besteuern.
Parallel zu den Steuerverhandlungen standen auf der UN-Klimakonferenz Belém, Brasilien (COP30, 10. November - 21. November 2025) die Frage im Raum, wie internationale Klimaziele finanziert werden können. Beide Prozesse ergänzen sich: Während die Klimaverhandlungen den Investitionsbedarf aufzeigen, kann die UN-Steuerkonvention einen Teil der notwendigen Mittel bereitstellen.
Ausblick: Bis Ende 2025 soll ein erster Vertragsentwurf vorliegen. Februar 2026 soll in New York weiterverhandelt werden. Ziel ist ein verbindlicher Rahmen für Steuertransparenz, gerechte Besteuerung und internationale Zusammenarbeit, der bis 2027 verabschiedet werden könnte.
Greenpeace-Forderungen zur UN Tax Convention
Aus Greenpeace-Perspektive bietet die geplante UN Tax Convention die Chance, globale Steuerpolitik und Umweltpolitik enger zu verzahnen. Ein gerechtes Steuersystem kann nicht nur soziale Ungleichheit verringern, sondern auch dazu beitragen, Umweltzerstörung und Emissionen einzudämmen. Es braucht klare und verbindliche globale Regeln, damit Staaten ihre öffentlichen Einnahmen stärken und ökologische Kosten gerecht verteilen können. Zentrale Greenpeace-Forderungen sind daher:
- Einführung progressiver Umweltsteuern, die nach dem Verursacherprinzip (polluter-pays principle) ausgestaltet sind – also dem Grundsatz, dass diejenigen, die Umwelt- oder Klimaschäden verursachen, auch für deren Beseitigung und Folgekosten aufkommen sollen
- Ein weltweites Vermögensregister und eine höhere, schrittweise Besteuerung von Milliardären, um dringend benötigte Mittel für soziale und ökologische Investitionen freizusetzen
- Globale Abgaben auf Gewinne von Öl-, Gas- und Kohlekonzernen, um Mittel für Klimafonds und Anpassungsmaßnahmen zu generieren
Kampagne für eine ökologische Milliardärssteuer in Deutschland
Auch in Deutschland setzt sich Greenpeace mit einer Kampagne für mehr Steuergerechtigkeit als Voraussetzung für konsequenten Klimaschutz ein. Die begleitende Studie “Billions for Millions” zeigt , wie eine gezielte Besteuerung sehr großer Vermögen einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung der sozial-ökologischen Transformation in Deutschland leisten kann.
Eine nationale Vermögensteuer von zwei Prozent auf Nettovermögen ab 100 Millionen Euro würde hierzulande nach Greenpeace-Berechnungen bis zum Jahr 2030 Einnahmen von rund 200 Milliarden Euro generieren – Mittel, die gezielt in Klimaschutz, Energiewende und soziale Gerechtigkeit investiert werden könnten. Betroffen wären weniger als 5.000 Personen in Deutschland.
Mit einem starken Bündnis von Umwelt- und Sozialverbänden fordern wir daher in einer gemeinsamen Petition Bundesfinanzminister Lars Klingbeil von der SPD auf, eine Milliardärssteuer zur Finanzierung von Klimaschutz einzuführen.