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Mit dabei als Beobachterin war unsere Klimaexpertin Gabriela von Goerne auf Einladung der Europäischen Kommission. Sie schildert hier ihre Eindrücke und Beobachtungen.
Greenpeace Online: Worum ging es bei der Konferenz?
Gabriela von Goerne: Man hat sich auf Prinzipien und Regeln geeinigt, die beim Speichern des CO2 im Untergrund zu beachten sind. Es hat schon mehrere Anläufe dazu gegeben. Das neue Arbeitspapier ist jedoch nicht bindend. Während sich jetzt nur Regierungsbeamte trafen, soll das Papier im September dem Minstertreffen vorgelegt werden und damit quasi durch die Hintertür doch noch zu einer bindenden Vereinbarung werden. Wir werden sehen, ob das klappt.
Greenpeace Online: Welche Interessen verfolgten die Teilnehmer des Treffens?
Gabriela von Goerne: Das ist unterschiedlich, je nachdem welches Land man fragt. Die USA zum Beispiel wünschen sich eine höhere Ausbeute von Öl- und Gasfeldern. Während bei einem neuerschlossenem Ölfeld der Innendruck das Öl leicht an die Oberfläche drückt, muss man bei alten Ölfeldern nachhelfen. Man bohrt ein zweites Loch und pumpt dort Wasser oder CO2 rein. Dann lässt sich das letzte Öl leichter heraufpumpen.
Großbritannien hingegen verfolgt sehr ambitionierte CO2-Reduktionsziele: 60 Prozent sollen es bis 2050 sein. Großbritannien beschreitet deswegen gleich mehrere Wege. Sie erhöhen auf der einen Seite den Anteil der erneuerbaren Energien an der Energiegewinnung, setzen verstärkt auf Offshore-Windanlagen und wollen Energie sparen. Als weitere Stütze kommt dann die CO2-Speicherung unter dem Nordseegrund dazu. Dafür möchten sie eine geregelte und legale Basis haben.
Ganz anders ist das Interesse bei Australien gelagert. Dort gibt es sehr viel Kohle. Australien ist eine große Exportnation für diesen Brennstoff und will das auch in Zukunft bleiben. Wenn die CO2-Reduktion aber dazu führt, dass weniger Kohle verbrannt wird, dann sind ihre Exportträume bald gefährdet.
So kamen auf dem Treffen ganz unterschiedliche Motive für die Speicherung des CO2 im Untergrund zusammen.
Greenpeace Online: Wie steht Greenpeace zu der CO2-Speicherung als Möglichkeit, das Treibhausgas in der Atmosphäre zu verringern?
Gabriela von Goerne: Wir müssen natürlich möglichst viele Optionen nutzen, um den CO2-Eintrag in die Atmosphäre zu reduzieren. Vorrangig muss aber die CO2-Entstehung bekämpft werden: Das heißt den Verbrauch und das Verfeuern von Kohle, Öl und Gas zu reduzieren. Und erst wenn das in die Wege geleitet ist und die erneuerbaren Energie ausgebaut sind und Energiesparmaßnahmen ergriffen wurden, dann kann man zum Schluss einmal darüber nachdenken, ob man nicht diese Technologie noch zusätzlich einsetzt.
Solange die Weichen in diese Richtung nicht gestellt sind, müssen wir erstmal die Finger von der CO2-Speicherung lassen. Sonst wird das eine gefährliche Sackgasse: Man macht weiter wie gehabt, verbrennt die Kohle und denkt, alles ist in Butter. Ist es aber nicht.
Greenpeace Online: Wie soll die CO2-Speicherung konkret vonstatten gehen?
Gabriela von Goerne: Kohlendioxid ist ein Gas, das kann man nicht einfach so unter die Erde bekommen. Es muss aus den Abgasen zum Beispiel eines Kohlekraftwerkes abgeschieden werden. So ähnlich geht man ja auch bei den Entschwefelungsanlagen vor. Das reine CO2-Gas wird dann unter starken Druck gesezt und quasi verflüssigt. In diesem Zustand kann man es dann in Pipelines transportieren und in unterirdischen Speicherorte füllen.
Greenpeace Online: Was wären Speicherorte?
Gabriela von Goerne: Da kommen leere Öl- und Gasfelder in Betracht. Es werden aber auch heiße, Salzwasser führende Gesteinsschichten in 800 bis 2000 Meter Tiefe ins Auge gefasst. Diese Schichten könnte man aber für die Energiegewinnung durch Geothermieanlagen nutzen. Wenn allerdings das CO2 in dem Wasser ist, geht das nicht mehr.
Greenpeace Online: Welche Nachteile birgt die Speicherung im Untergrund?
Gabriela von Goerne: Das Abscheiden des CO2 aus dem Abgasstrom eines Kohlekraftwerkes benötigt viel Energie. Die Energieausbeute pro eingesetzter Kohleeinheit, die Effizienz des Kraftwerkes, sinkt. Und dadurch wird die ganze Sache sehr teuer.
In Deutschland haben wir das Problem, das die Kohlekraftwerke nicht in der Nähe der möglichen Speicherorten stehen. Man müsste lange Pipelines durch ganz Deutschland verlegen. Eine sehr absurde Idee. Und die deutschen Speicherorte wären schon in 5, 10, vielleicht auch 15 Jahren voll. Und was dann? Niemand weiß es.
Weitere Informationen finden Sie in unserem Factsheet
