
Scheinlösung CCS
CO2-Verpressung kann CO2-Reduktion nicht ersetzen
Die Stromkonzerne wollen das Treibhausgas Kohlendioxid mittels CCS in die Erde verpressen. Doch die Technik ist teuer, energieintensiv und es gibt noch viele Unbekannte.
- Überblick
Trotz Energiewende verfehlt Deutschland immer wieder seine CO2-Reduktionsziele. Daher kommt nun die CCS-Technologie wieder verstärkt als Lösung ins Gespräch, bei der das giftige Gas u.a. auf dem Boden der Nordsee verpresst werden soll. Im Januar 2023 ist der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck nach Norwegen gereist, um entsprechende Vereinbarungen zu treffen.
CCS steht für Carbon Capture and Storage – die Verpressung und unterirdische Lagerung von CO2. Doch sie kann niemals eine Alternative zur CO2-Reduzierung sein.„CCS ist eine Scheinlösung, die einem großen Teil der Wirtschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität nicht helfen wird”, meint Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid. “Die überdimensionierten Pläne der Bundesregierung, bis zu ein Zehntel der heutigen Emissionen künftig zu verpressen, gaukeln Teilen der Wirtschaft ein ,weiter so‘ vor. Das ist klima- und wirtschaftspolitisch gefährlich.”
Besonders problematisch ist, dass solche Technologien den Blick auf die wahren Ziele verstellen: Die Emissionen in Industrieländern wie Deutschland müssen schnell gesenkt werden, indem die Energiewende auf massiv beschleunigt und konsequent Energie gespart wird.
CCS ist teuer, riskant und wenig effizient
Das Klimagas Kohlendioxid ist unbrennbar, schwerer als Luft sowie farb- und geruchlos. Es soll in unterirdische Gesteinsschichten verpresst werden. Dieser Vorgang ist sehr energieintensiv.
Die Sicherheit der potenziellen CO2-Endlager ist nicht erwiesen. Leckagen könnten sich verheerend auswirken – in hohen Konzentrationen führt Kohlendioxid zum Ersticken. Zudem gefährden mögliche Leckagen das Grundwasser in der gesamten Region der Lagerstätten. Die CO2-Endlager müssen langfristig überwacht werden.
Doch faktisch ist die CCS-Technologie nicht ausgereift: Ein Thinktank hat entsprechende Projekte untersucht und entdeckt, dass die meisten keine zufriedenstellenden Ergebnisse geliefert haben.
Europaweit gab es zudem wegen der Sicherheitsbedenken Widerstand in der Bevölkerung. Auch in Deutschland stieß die CO2-Verpressung auf erheblichen Gegenwind in den betroffenen Regionen. Im Juni 2012 wurde das deutsche CCS-Gesetz beschlossen, das Erprobungslagerstätten bis maximal vier Millionen Tonnen CO2 pro Jahr erlaubt. Eine Länderklausel ermöglicht es den Bundesländern aber, die Lagerung auf ihrem Territorium auszuschließen. In den Ländern mit den meisten potenziellen Lagerstätten– Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg – konnte der Widerstand der Bürger:innen bisher eine CO2-Endlagerung verhindern.
Aufgrund der fehlenden Akzeptanz für CCS an Land planen einige Energiekonzerne, ihr Kohlendioxid unter dem Meeresboden zu verpressen. Dabei wäre ein Vetorecht der Bundesländer ausgeschlossen – die für die Verpressung angedachten Gebiete liegen außerhalb der 12-Meilen-Zone, so dass die Entscheidungshoheit beim Bund liegt. Um das CO2 zu den potenziellen Lagerstätten unter dem Meer zu transportieren, müssten gigantische CO2-Pipelines zum Transport des Klimakillers gebaut werden. Als Lagerstätten werden Öl- und Gasfelder vorgesehen, deren Förderung durch das eingepresste CO2 noch gesteigert werden soll. Schon das eine aberwitzige Idee: Jegliche Einsparung von CO2-Emissionen würde ja zunichte gemacht, wenn gleichzeitig vermehrt Erdöl und Erdgas gefördert wird. Andere Konzepte sehen das Verpressen von CO2 in tiefen Sedimentschichten vor. Durch den aufwändigen Transport und die Verpressung auf Plattformen im Meer würden außerdem die ohnehin schon horrenden Kosten der CCS-Technologie noch weiter in die Höhe getrieben.
Besser CO2 vermeiden als verpressen
Trotz neuer Argumentation bleibt es bei der alten Grundkritik: Die Endlagerung von CO2 ist keine Lösung für das Klimaproblem, sondern dient als Ausrede, um die CO2-Reduktion weiter in die Zukunft zu verschieben. Dabei ist die Technik deutlich teurer als der Ausbau erneuerbarer Energien oder von CO2-Einsparungen. Die Klimakrise kann nur aufgehalten werden, wenn wir weniger fossile Energieträger verbrennen. Statt Kohlendioxid zu verpressen, müssen Kohle, Öl und Gas unter der Erde bleiben.
Und wenn wir dann tatsächlich die industriellen Treibhausgasemissionen auf ein Minimum reduziert haben, sind für die restlichen Emissionen naturbasierte Lösungen wie der Schutz von Mooren und Wäldern weitaus effizientere Lösungen als die gefährlichen Tech-Fixes wie CCS und unterirdische CO2-Deponien.
Häufig gestellte Fragen zu CCS und CO2-Verpressung
Was ist CCS?
CCS bedeutet Kohlendioxidabscheidung und -Endlagerung (Carbon Capture and Storage): Das klimaschädliche CO2 aus Kraftwerken und Industrieanlagen soll aufgefangen und unterirdisch verpresst werden. Die CO2-Endlagerung zählt zum sogenannten Geo- und Climate-Engineering: nachträgliche Reparaturmaßnahmen, die das Klimaproblem nicht an der Wurzel packen.
Zu welchen Gefahren führt die Kohlendioxid-Endlagerung?
Geologen warnen, dass die Sicherheit der Endlager nicht gewährleistet ist. Die Verpressung von vielen Millionen Tonnen CO2 in salzwasserführende Gesteinsschichten könnte zur Versalzung des Grundwassers führen. Auch schleichende oder plötzliche Leckagen sind nicht ausgeschlossen. Dies gilt auch für CO2-Pipelines, in denen das CO2 vom Kraftwerk zum Speicherort gebracht würde. CO2 ist zwar ungiftig, kann aber in hohen Konzentrationen zum Erstickungstod führen.
Wie ist die aktuelle Rechtslage?
Das CCS-Gesetz ist seit Juni 2012 in Kraft. Es ermöglicht Demonstrationsprojekte, wobei die jährliche Speichermenge auf 4 Millionen Tonnen und max. 1,3 Millionen Tonnen pro Lagerstätte begrenzt ist. Bundesländer können die Lagerung auf ihrem Territorium nach Abwägung anderer Formen der Bodennutzung untersagen. Die wichtigsten Speicherländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern nutzen diese Länderklausel.