Ein globaler Plastik-Vertrag
Petition für ein starkes UN-Plastikabkommen unterzeichnen- mitwirkende Expert:innen Moritz Jäger-Roschko
- Hintergrund
Die sechste Verhandlungsrunde des UN-Plastikabkommens endet am 15. August 2025 ohne abschließendes Abkommen. Die Positionen der Länder klaffen so weit auseinander, dass keine Einigung möglich ist.
Vom 5. bis zum 15. August sind erneut Regierungsdelegierte aus über 160 Ländern zusammengekommen, um eine Lösung für die dramatische Verschmutzung unserer Erde durch Plastik zu finden. Sechs Verhandlungsrunden fanden bisher statt, zuletzt die INC-5.2 in Genf. Eigentlich sollte es die letzte Runde sein, doch zu unterschiedlich waren die Interessen und zu stark der Einfluss der Plastiklobby: Die Staaten konnten sich nicht auf ein Abkommen einigen, das die Verschmutzung durch Plastik entlang seines ganzen Lebenszyklus eindämmen soll.
Greenpeace fordert ein rechtsverbindliches Abkommen, das die Plastikproduktion bis 2040 um mindestens 75 Prozent reduziert. Derzeit drängt die petrochemische Industrie weiterhin auf eine massive Ausweitung der Plastikproduktion, so dass sie sich bis 2060 verdreifachen könnte. Ein Großteil davon entfällt auf kurzlebige Produkte wie Einwegverpackungen und Fast Fashion. Unabhängig davon, wie diese entsorgt oder recycelt werden, führt dies zukünftig zu immer mehr Plastikabfall und Mikroplastikbelastung.
"Die Auswirkungen der Plastikkrise werden weiterhin massiv unterschätzt. Eine Lösung wird konsequent von der Öl- und Gasindustrie blockiert. Um das Problem zu lösen, braucht es in Zukunft eine viel größere Aufmerksamkeit, auch auf höchster politischer Ebene. Trotzdem: Ein schwaches Abkommen wäre schlimmer als keines – es würde Stillstand als Fortschritt verkaufen. Die Profite der fossilen Industrie dürfen nicht länger mehr wert sein als der Planet, auf dem wir leben."
Während die UNO-Regierungen in die zweite Woche der Verhandlungen über ein globales Plastikabkommen eintreten, bestätigt der neue Report von Greenpeace International "Leben in der Plastikwolke": In der Stadtluft von Genf schwebt Mikroplastik – draußen ebenso wie drinnen, etwa in Cafés, öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften. Die Proben zeigen einen unsichtbaren, aber weit verbreiteten Teil der Plastikkrise.
Zu den wichtigsten Ergebnissen gehören:
- Insgesamt 165 gefundene Partikel, die unter starker Vergrösserung und Infrarotspektroskopie analysiert wurden, darunter:
- 94 Fragmente unbekannter Herkunft, viele davon kleiner als 20 Mikrometer – zu klein, um mit blossem Auge sichtbar zu sein.
- 71 Fasern unterschiedlicher Länge und Durchmesser, die überwiegend aus Zellulose oder modifizierten Naturmaterialien bestehen.
- 12 bestätigte Mikroplastikpartikel (6 Fasern, 6 Fragmente) und drei weitere, die mutmasslich als synthetische Polymere identifiziert wurden.
- Zu den bestätigten Mikroplastikpartikeln gehören Polyester, Nylon, Polyethylen, Vinylcopolymere und Celluloseacetat, die typischerweise in Kleidung, Verpackungen und Einrichtungsgegenständen vorkommen.
Diese Partikel wurden über einen Zeitraum von acht Stunden in einem Probenvolumen von 1,7 m³ gesammelt. In derselben Zeit atmet ein Mensch typischerweise viel mehr Luft ein [1]. Die Menge der in der Luft nachgewiesenen Mikroplastikpartikel ist vergleichbar mit anderen Studien zur Luftqualität in Städten. Greenpeace hat nur Partikel analysiert, die grösser als 10 Mikrometer sind. Jüngste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass noch viel kleinere Mikroplastikpartikel (1–10 µm) in noch grösseren Mengen vorhanden sind. Diese sind klein genug, um tief in die Lunge einzudringen, was ernsthafte Gesundheitsbedenken aufwirft.
Die Schweiz liegt weltweit auf Platz 8, was das Abfallmanagement angeht. Dennoch ist die Luft in Genf mit Mikroplastik verschmutzt. Dies zeigt, wie allgegenwärtig Plastik ist. Sobald es in die Umwelt gelangt, ist es zudem unkontrollierbar. Mit der steigenden Plastikproduktion werden auch das Ausmass und die Schwere dieser Verschmutzung zunehmen.
Mit schwarzer Farbe gegen die Plastikflut
Bilanz der bisherigen Verhandlungen
96 Länder, darunter Deutschland und die EU, haben sich öffentlich zu einem ambitionierten Abkommen inklusive einer Reduktion der Plastikproduktion bekannt. Peru und Ruanda fordern sogar konkret, dass bis 2040 insgesamt 40 Prozent weniger Plastik produziert werden soll.
Doch es gibt auch eine Gegenseite. Moritz Jäger-Roschko kritisiert vor allem die andauernde Blockade durch die Öl- und Plastik-Lobby. Insbesondere Saudi-Arabien und Russland hätten gemeinsam mit der petrochemischen Industrie alles daran gesetzt, ein wirksames globales Abkommen zu untergraben. Es wird für Recycling und Clean Ups lobbyiert, für Müllverbrennung und sogenanntes chemisches Recycling.
Es wird versucht, den Fokus von verbindlichen Regeln zur Reduktion der Plastikproduktion wegzulenken. So kündigte Iran eine Koalition mit Saudi-Arabien, China, Russland und anderen Ländern mit großen petrochemischen Industrien an, um sich für einen Vertrag einzusetzen, der den Schwerpunkt auf die Abfallwirtschaft legt und nicht auf den gesamten Zyklus von Kunststoffen. Dabei hatte sich die UN-Vollversammlung 2022 darauf verständigt, für das Abkommen die gesamte Kette zu betrachten: von der Produktion bis zum Nutzungsende der Produkte. Das war das Besondere und Hoffnungsvolle an dem Beschluss.
Erster Teil der Petition ist übergeben!
90.000 Unterschriften für ein starkes Plastikabkommen
Ein starkes Signal: Am 31. Juli 2025 übergibt Greenpeace-Experte für Plastik und Kreislaufwirtschaft Moritz Jäger-Roschko den 1. Teil der Petition im Bundesumweltministerium persönlich an Staatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) – online mit dabei ist Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser.
Gemeinsam mit inzwischen über 90.000 Unterzeichner:innen fordert Greenpeace ein starkes UN‑Plastikabkommen mit klaren Reduktionszielen.
Die Unterstützung wächst rasant: Allein durch den letzten Greenpeace Newsletter sind fast 20.000 neue Unterschriften hinzugekommen! Der Druck steigt – und wir machen weiter, bis die Verhandlungen ein starkes Ergebnis liefern. Deshalb können Sie auch gerne weiterhin die Petition unterschreiben, falls Sie es noch nicht getan haben.
Was notwendig ist, um die Plasktikvermüllung zu stoppen
Die Vorstellungen für ein ambitioniertes globales Plastikabkommen haben die Umweltverbände bereits gemeinsam im Jahr 2023 veröffentlicht. In Deutschland fordert Greenpeace zum Beispiel eine umfassende und materialunabhängige Mehrwegpflicht vom Einzelhandel über die Gastronomie bis hin zum Onlinehandel, die Sie mit Ihrer Unterschrift hier unterstützen können.
Dass die Bevölkerung sich diesen Wandel wünscht, zeigt eine im April 2024 veröffentliche Umfrage. Das Meinungsforschungsinstitut Censuswide hat online im Auftrag von Greenpeace International insgesamt gut 19.000 Menschen in Deutschland und 18 weiteren Ländern befragt, wie sie zur Plastikkrise stehen. Das Ergebnis der weltweiten Umfrage ist eindeutig: Vier von fünf Befragten wollen, dass künftig weniger Plastik produziert wird. 90 Prozent der Befragten sprechen sich zudem für die Umstellung von Einweg-Plastikverpackungen auf Mehrweg-Alternativen aus. 75 Prozent wollen sogar ein Verbot von Einweg-Plastikverpackungen.
„Die Umfrage zeigt, dass der gesellschaftliche Rückenwind für ambitionierte Maßnahmen da ist”, sagt Moritz Jäger-Roschko. „Die Staats- und Regierungschefs sollten das nutzen und ein verbindliches Reduktionsziel festlegen.” Gleichzeitig wird deutlich, dass in vielen Ländern breite Unterstützung für weniger Plastikproduktion besteht, die jeweiligen Regierungen aber keine entsprechende Position vertreten.
Plastik belastet Klima und Umwelt
Dabei hat sich die weltweite Kunststoffproduktion in den vergangenen 15 Jahren verdoppelt und erreicht über 500 Millionen Tonnen pro Jahr. Ohne drastische politische Regulierungen wird sie sich im Vergleich zu 2019 bis 2050 voraussichtlich fast verdreifachen und bis dahin 21-31 Prozent unseres weltweit noch verbleibenden Kohlenstoffbudgets verbrauchen, wenn wir die Klimaerhitzung unter 1,5 °C halten wollen.
Die Produktion von Plastik verbraucht weltweit enorme Mengen endlicher Ressourcen wie Öl und Gas und verschmutzt zunehmend die Welt. Lediglich neun Prozent der Plastikprodukte werden recycelt. Laut Alfred-Wegener-Institut landen jede Minute umgerechnet zwei LKW-Ladungen an Plastikmüll im Meer. Plastik gefährdet Ökosysteme und Lebewesen: Selbst in der Arktis, dem Regen, der Atemluft und menschlichen Organen wird Mikroplastik gefunden. Wissenschaftler:innen warnen bereits vor den dramatischen Folgen des gegenwärtigen Plastik-Zeitalters.
“Die Plastikvermüllung gefährdet jeden Winkel unseres Planeten. Plastik ist allgegenwärtig”, so Jäger-Roschko. “Es stellt schon jetzt ein massives Problem für die Umwelt und unsere Gesundheit dar. Nur wenn in Zukunft weniger Plastik produziert wird, können wir die Plastikkrise stoppen. Das Abkommen bietet eine historische Chance, gemeinsam die Plastikverschmutzung einzudämmen und für eine Welt einzustehen, die auch morgen noch lebenswert ist.”