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Zwei Jugendliche halten ein Pappschild "Say no to plastic, save the ocean" .
© Sina Niemeyer / Greenpeace

Der Weg zu einem globalen Plastik-Vertrag

Petition für ein starkes UN-Plastikabkommen unterzeichnen

Update vom 3. Juni

Die heute Nacht abgeschlossene zweite Verhandlungsrunde (INC2) des UN-Plastikabkommens in Paris hat ein Mandat für einen Vertragstext bis zur nächsten Verhandlungsrunde ergeben. Viola Wohlgemuth, Expertin für Ressourcenschutz von Greenpeace, kritisiert die Teilnahme der Öl- und Gas-Lobby und zieht eine ernüchternde Bilanz:

„Die Welt versinkt in Plastik, doch die Staaten haben es noch nicht geschafft, die Stopptaste zu drücken. Am Ende konnten sie sich nur auf einen Minimalkompromiss einigen, alle inhaltlich schwierigen Verhandlungen wurden nach endlosen Verzögerungstaktiken der Plastiklobby abermals verschoben. Die Verhandlungstage haben gezeigt, dass besonders Saudi-Arabien, China und die USA zusammen mit der petrochemischen Industrie alles daran setzen, ein wirksames globales Abkommen zu untergraben. Sie verzögern die Verhandlungen, um das klimaschädliche fossile Plastikzeitalter weiter zu befeuern. 

Trotz der destruktiven Taktiken der großen Öl- und Plastikstaaten wurde die Greenpeace-Forderung nach einer Reduktion der Plastikproduktion im erteilten Auftrag für einen Vertragstext aufgenommen und wird so eine Basis der kommenden Verhandlungsrunden im November. 

Ein verbindliches UN-Plastikabkommen ist unsere historische Chance im Kampf gegen beide Krisen: Plastikverschmutzung und Klimakrise. Um diese einmalige Chance zu nutzen, muss das Abkommen verbindlich die Herstellung von Plastik um 75 Prozent verringern. Wir fordern von Umweltministerin Steffi Lemke, sich dafür einzusetzen, das Reduktionsziel für die Plastikproduktion in dem jetzt entstehenden Vertragstext zu verankern. Das UN-Plastikabkommen muss die Plastikflut an der Quelle stoppen.”

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Stand 28. Mai:

Eine historische Chance, für die in Nairobi bei der UN-Umweltversammlung im März 2022 die Weichen gestellt wurden: Nun gehen die Verhandlungen über ein verbindliches globales Abkommen gegen Plastikverschmutzung in die nächste Runde. Über 400 Aktivist:innen richteten im Vorfeld an Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) ihre  Forderung “Stopp die Plastikflut – Für ein starkes UN-Plastikabkommen!”

Auch Greenpeace ist seit dem 28. Mai in Paris vor Ort und verhandelt in der zweiten Verhandlungsrunde mit Vertreter:innen von Regierungen, internationalen Organisationen und anderen Umweltverbänden. Das Treffen setzt den Prozess der UN-Versammlung von November 2022 in Punta del Este, Uruguay  fort und dauert knapp eine Woche. Bis Ende 2024 soll die Konvention zur Eindämmung der Verschmutzung durch Einwegplastik, Geisternetze oder Mikroplastik stehen und international durch die UN-beschlossen sein.

Dass die Vereinten Nationen der globalen Plastikflut gemeinsam ein Ende setzen wollen, ist ein gewaltiger Erfolg der globalen Umweltschutzbewegung, auch Greenpeace hat jahrelang dafür gekämpft. Auch wenn der Weg noch weit ist. Entsteht aus der Absichtserklärung ein Vertrag, wäre dies allerdings das erste große UN-Umweltabkommen seit dem Klimavertrag von Paris. 

„Um diese einmalige Chance im Kampf gegen die Plastikflut zu nutzen, muss das Abkommen die Herstellung von Plastik aus Öl und Gas drastisch verringern”, sagt Viola Wohlgemuth, Expertin für Ressourcenschutz bei Greenpeace. Im Vorfeld der anstehenden UN-Verhandlung forderten Greenpeace-Aktivist:innen Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) auf, sich für ein starkes Abkommen einzusetzen.

Auf einem symbolischen Meer aus Menschen schwimmt das Abbild einer überdimensionierten Flaschenpost voller Plastikmüll.

Vor dem Kanzleramt am 7. Mai: Auf einem symbolischen Meer aus über 400 Menschen schwimmt das Abbild einer überdimensionierten Flaschenpost voller Plastikmüll.

Denn die Plastikindustrie hat sich bereits in Stellung gebracht - sie nimmt an den kommenden Verhandlungen teil. „Die petrochemische Industrie gehört nicht an den Verhandlungstisch – sondern mitsamt ihres Plastikmülls ins Museum”, sagt Viola Wohlgemuth. „Das Märchen vom sauberen Recycling als Lösung der Plastikkrise ist ausgeträumt. Wir können uns nicht aus der Plastikkrise heraus recyceln, wir brauchen Mehrweglösungen. Der UN-Vertrag muss ein verbindliches Reduktionsziel für die Produktion von Neu-Plastik und für den Kunststoffeintrag in die Umwelt festschreiben.” Ihre Vorstellungen für ein ambitioniertes globales Plastikabkommen haben die Umweltverbände bereits gemeinsam veröffentlicht. 

Petition

https://act.greenpeace.de/plastik-abkommen

Für ein starkes UN-Plastikabkommen!

Plastik ist ein massives, globales Problem. Mit meiner Unterschrift unterstütze ich die Petition von Greenpeace an Umweltministerin Steffi Lemke, sich für ein starkes UN-Plastikabkommen einzusetzen.

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Die Produktion von Plastik verbraucht weltweit enorme Mengen endlicher Ressourcen und verschmutzt zunehmend die Welt. Jährlich werden nach Angaben der Vereinten Nationen weltweit 400 Millionen Tonnen Plastikmüll produziert, davon werden nur neun Prozent wiederverwertet. Laut Alfred-Wegener-Institut landen jede Minute umgerechnet zwei LKW-Ladungen an Plastikmüll im Meer. Plastik gefährdet Ökosysteme und Lebewesen: Selbst in der Arktis, dem Regen, der Atemluft und menschlichen Organen wird Mikroplastik gefunden. Wissenschaftler:innen warnen bereits vor den dramatischen Folgen des gegenwärtigen Plastik-Zeitalters. 

“Die Delegierten haben in Nairobi mit ihrer Resolution Geschichte geschrieben”, sagt Wohlgemuth, “Das, was in Nairobi beschlossen wurde, sollte die Weltgemeinschaft nutzen, um die Plasitikverschmutzung mit einem verbindlichen UN-Abkommen zu beenden.”

Was wurde in Nairobi beschlossen?

Am 2. März 2022 verkündete die Umweltversammlung der Vereinten Nationen das Mandat, dass alle beteiligten Länder Verhandlungen über ein rechtsverbindliches globales Abkommen zur Plastikvermeidung aufnehmen, und zwar eines, das den gesamten Lebenszyklus der Plastikverschmutzung abdeckt – von der Produktion bis zu Kunststoffabfällen in den Meeren. Ein fertiges Abkommen gibt es noch nicht - die Verhandlungen laufen, entsprechend lässt sich noch keine Aussage treffen, wie gut oder umfassend es sein wird. Den Meilenstein sehen Beobachter:innen an anderer Stelle: “Das ist endlich das klare, globale Bekenntnis der Politik zu dem, was wir alle längst wissen: dass Plastik dem Menschen und dem Planeten schadet”, so Viola Wohlgemuth. 

Das wird Konsequenzen haben: “Für die großen Ölkonzerne und globale Unternehmen bedeutet das, dass man ihnen künftig genauer auf die Finger schauen wird. Sie werden per Gesetz verpflichtet, ihren Plastik-Fußabdruck zu verringern und – viel wichtiger – ihre Geschäftsmodelle umzustellen – auf Nachfüllen und Wiederverwenden, ohne weiterhin massenhaft Einwegplastik zu nutzen.” Nun ginge es um einen Systemwechsel: “Die Zeiten von ‘weiter wie bisher’ mit grünem Logo sind vorbei. Und das ist auch bitter nötig, denn Greenwashing, wie es bisher an der Tagesordnung war, ist schlimmer als gar nichts zu tun.”

Greenpeace und viele weitere Umweltschutzorganisationen haben sich in dem Bündnis Break Free From Plastic organisiert, das seit Jahren auf einen solchen Moment hinarbeitet. Vor allem diesem Druck der Zivilgesellschaft ist es geschuldet, dass das Plastikproblem nun zur internationalen Chefsache erklärt wurde.

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Wie kam die Resolution zustande?

Mehrere Staaten haben bereits an ähnlichen Eingaben an die Vereinten Nationen gearbeitet: Ruanda, Japan, Peru und Indien. Die Resolution, die auf der UNEA-Konferenz (United Nations Environment Assembly) verabschiedet wurde, ist ein abgestimmtes Dokument der drei erstgenannten Staaten, Indien zog seinen Entwurf zurück – auch weil es viele Überschneidungen zwischen den beiden Texten gab. Ziel war es, der Versammlung eine Vorlage zu geben, die fortschrittlich, aber auch mehrheitsfähig ist. Das ist offensichtlich geglückt.

Was sind die Stärken der Resolution?

Freiwillige Verpflichtungen der Industrie zeigen keine Wirkung – das hat die Umweltversammlung der Vereinten Nationen verstanden. Greenpeace hat dafür über Jahre Belege gefunden: Seien es illegale Müllhalden in Südostasien oder das Scheitern der freiwilligen Selbstverpflichtung von Kosmetikherstellern: Noch immer findet sich gesundheits- und umweltschädliches Plastik in den Produkten. 

Was die Resolution darum verlangt, sind rechtlich verbindliche Regelungen in jedem Land, die der Plastikflut effektiv Einhalt gebieten. Damit ist eine Hauptforderung von “Break Free Fom Plastic” erfüllt. In Deutschland fordert Greenpeace eine umfassende Mehrwegpflicht vom Einzelhandel über die Gastronomie bis hin zum Onlinehandel, die Sie mit Ihrer Unterschrift hier unterstützen können.

Müllsammler auf der Mülldeponie in Dumaguete, Philippinen

Müllsammlerin auf den Philippinen

Zum ersten Mal wird nun von einem Gremium der Vereinten Nationen das Plastikproblem von Grund auf bis zur letzten Konsequenz angegangen: Jeder Produktionsschritt kommt auf den Prüfstand, ebenso die Entsorgung. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Vermüllung der Meere und wie man sie verhindert. Mögliche Gesundheitsschäden durch Kunststoffkontamination kommen zur Sprache, denn wir nehmen mittlerweile Plastik mit der Nahrung und sogar mit der Atemluft auf. Eine echte Kreislaufwirtschaft wird in Aussicht gestellt: Produkte und Materialien sollen von vornherein so gestaltet werden, dass sie wiederverwendet, wiederaufbereitet oder recycelt werden können.

Dabei spricht die Resolution die Sprache der Umweltschutzbewegung: Schlüsselwörter wie “nachhaltige Produktion”, “Produktionsdesign” und “Entsorgungsmanagement” werden auf selbstverständliche Weise verwendet. Das erweckt den Eindruck: Die Krise wird ernstgenommen und verstanden.

Der Text klammert dabei nicht aus, dass die Vermüllung durch Plastik nicht bloß ein ökologisches, sondern auch ein gesellschaftliches Problem in vielen der ärmsten Länder der Erde ist. Die Rolle der “Wastepickers”, die dort anstelle eines staatlichen Recyclingsystems Plastikmüll sammeln, erfährt ebenfalls Anerkennung.

Wo liegen die Kritikpunkte?

Um eine mehrheitsfähige Beschlussvorlage zu finden, ist der Text an vielen Stellen ein Kompromiss, die Sprache könnte klarer, die Forderungen stärker sein. Viele Punkte werden angerissen, aber nicht mit Forderungen verknüpft. 

Zum Beispiel: Zwar werden die Gesundheitsschäden durch Plastik zur Kenntnis genommen, aus dem Text lassen sich aber keine besonderen Schutzmaßnahmen für besonders betroffene Menschen ableiten, seien es Anwohner:innen petrochemischer Anlagen oder von Mülldeponien. Forderungen an den privaten Sektor bleiben schwach formuliert: Große Unternehmen werden ermutigt, Auswege aus der Plastikkrise zu finden; ihre Verantwortung beim Verschulden des Müllproblems und ihre Rolle bei der Lösung werden aber unterverkauft. Dabei sind sie ein kritischer Bestandteil, wenn ein künftiges Abkommen Erfolg haben soll.

Zudem ist klar: Dieser Text ist nicht das fertige Abkommen. Selbst wenn die Forderungen so umgesetzt werden, rennt uns die Zeit davon. Solange dieser Vertrag nicht ausgearbeitet und umgesetzt ist, arbeiten Menschen in giftigen Umgebungen, vermüllen die Meere und unser Klima verschlechtert sich weiter. Greenpeace und seine Verbündeten in “Break Free From Plastic” werden den Weg zu einem globalen Plastikabkommen genau beobachten und auf einen konsequenten, wirkungsvollen Vertragstext drängen. Es ist ein guter Anfang.

(Der Artikel wurde am 7. März 2022 erstveröffentlicht und zuletzt am 7.Mai 2023 aktualisiert.)

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