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Pärchen, auf der Handfläche die Welt als Herz
Sandra Hoyn / Greenpeace

Deutschland erreicht Erdüberlastungstag – früher als viele andere Länder

Kein neues Handy, kein neues Shirt – und streng betrachtet auch keine Schokolade, nicht mal ein kleines Stückchen. Zumindest in diesem Jahr. Denn Deutschland hat die ihm anteilig zustehenden Ressourcen für dieses Jahr verbraucht. Nach nur gut vier Monaten. Rechnerisch versteht sich, denn sonst würde es ziemlich düster für die weitere Versorgung der Bevölkerung aussehen. Damit aber alles weiterlaufen kann, lebt das Land auf Pump. 

Auszubaden haben das künftige Generationen und Menschen in gefährdeten Lebensräumen weltweit: überfischte Meere, abgeholzte Wälder, verdorrte Weiden, durch Überdüngung und Chemikalien aus Industrien verunreinigtes Grundwasser – die Liste ließe sich natürlich problemlos verlängern. Etwa um die hohen Treibhausgasemissionen. Sogar das Bundesverfassungsgericht sah das Wohl kommender Generationen gefährdet. Ihnen würde durch die fortschreitende Erderhitzung eine enorme Last aufgebürdet. In der Debatte ging es um das Recht auf Zukunft und um Generationengerechtigkeit. 

“Zurzeit verbrauchen wir in Deutschland 16,1 t Rohstoffe pro Kopf und Jahr”, sagt Viola Wohlgemuth, Expertin für Konsum bei Greenpeace. “Über 90 Prozent des Verlustes biologischer Vielfalt und etwa 50 Prozent der Treibhausgasemissionen sind mit der Bereitstellung und Umwandlung von Ressourcen zu Produkten verbunden!” Schon jetzt würden 24 Prozent des industriell genutzten Gases in Deutschland in die Produktion von Plastik gehen, zum großen Teil für Einwegverpackungen. Ziel von Politik und Wirtschaft müsse sein, den Verbrauch zu halbieren, etwa durch das Abschaffen von Einweg-Plastik. “Produkte wie Einweg-E-Zigaretten, die nicht recyclefähig sind, gehören nicht mehr auf den Markt”, so Wohlgemuth. “Und dass überproduzierte Fast-Fashion-Textilien einfach zerstört werden, statt sie weiterverkaufen, ist schlicht inakzeptabel.” Wie die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit gelingen kann, hat Greenpeace mit anderen Organisationen zusammengetragen.

Es geht auch um die Lebensgrundlagen anderer Länder

Würden alle so viel konsumieren wie wir, bräuchten wir drei Planeten. Den sogenannten Overshoot-Day ermittelt jährlich das Global Footprint Network. Bis 1970 lag der Verbrauch natürlicher Ressourcen innerhalb der planetaren Grenzen. Seitdem ist die Erdbevölkerung gewachsen – und der Pro-Kopf-Verbrauch an Rohstoffen. Weltweit wurde der Erdüberlastungstag im vergangenen Jahr am 28. Juli erreicht. Es gibt aber auch Staaten, die keinen Überlastungstag haben, weil sie nicht die Ressourcen verbrauchen, die ihnen rechnerisch zustehen.

Wie sich unser Konsum auf das Leben in anderen Erdteilen auswirkt, bleibt oft abstrakt. Die Dürre in vielen Ländern lässt sich nicht eins zu eins dem klimaschädlichen Autoverkehr in Deutschland zuordnen. Anders sah es allerdings bei einer Recherche in Kenia und Tansania aus: Greenpeace-Konsumexpertin Viola Wohlgemuth ist mit einem Fotografen in die Länder gereist, um zu dokumentieren, wie viel unseres Plastik-Konsummülls in ostafrikanischen Ländern ankommt. Das Ergebnis: einiges!

Fast Fashion auf Mülldeponien

Nike, Gucci, Superdry oder H&M – auf riesigen Mülldeponien landet das, was in Ländern wie Deutschland aussortiert wird, weil der Kleiderschrank zuhause oder die Lager der Modeketten zu voll sind. „Nach der erfolgreichen Detox-Kampagne  ist nicht mehr die umweltschädliche Produktion das Hauptproblem der Modeindustrie“, sagt Wohlgemuth, „sondern die Masse. Der Online-Textilhändler SHEIN etwa befeuert mit unglaublichen 6.000 manchmal sogar 9.000 neuen Artikeln pro Tag auf der Homepage und in den Social-Media-Kanälen den Durchlauf in den Kleiderschränken weltweit. Die Überproduktion von Kleidung vermüllt nicht nur die Umwelt, sie ist auch schlecht fürs Klima. Jede Tonne Kleidung verursacht in ihrem Lebenszyklus 15 bis 30 Tonnen CO2.

Textil- und Plastikmüll auf der Dandora-Mülldeponie in Nairobi

Viola Wohlgemuth bei ihrer Textilrecherche in Nairobi, Kenia.

Zwar würden viele Fast-Fashion-Unternehmen mit Recycling, also Kreislaufwirtschaft, werben, doch laut Wohlgemuth seien das haltlose Behauptungen: Lediglich ein Prozent der neu hergestellten Textilien bestehe aus recycelten Textilfasern.

Gemeinsam mit Verbraucher:innen hat die Kampagne für nachhaltigen Konsum schon viel erreicht: Die Modebranche hat ihre Produktion entgiftet. Und seit Oktober 2020 gibt es immerhin ein Vernichtungsverbot für Neuwaren – die sogenannte Obhutspflicht.

Auf den Deponien fand das Greenpeace-Team allerdings auch neue Ware. „Ein Vernichtungsverbot für neue und gebrauchsfähige Waren sowie die Pflicht, transparent zu dokumentieren, was mit den Textilien passiert, haben Verbraucher:innen gemeinsam mit Greenpeace bereits durchgesetzt“, so Wohlgemuth. „An der Kontrolle und strafrechtlichen Ahndung hapert es aber noch.“ Das gilt übrigens nicht nur für die Modeindustrie. Auch Drucker, Handy oder Laptop müssen so gearbeitet sein, dass sie problemlos zu reparieren sind oder Ersatzteile ausgetauscht werden können.

Mitmachen: für mehr Ressourcenschutz

Unterstützen Sie auch unseren nächsten Schritt für mehr Ressourcenschutz: Die Vernichtung von Neuwaren muss strafrechtlich verfolgt werden – nur so findet sie ein Ende. Fordern Sie gemeinsam mit Greenpeace, die im Kreislaufwirtschaftsgesetz vorgeschriebene Obhutspflicht konsequent umzusetzen. „Wenn Unternehmen ihren Warenüberschuss nicht einfach so vernichten oder in den globalen Süden schieben können, müssen sie endlich verantwortlicher mit unser aller Ressourcen umgehen“, so Wohlgemuth.

Petition

https://act.greenpeace.de/plastik-abkommen

Für ein starkes UN-Plastikabkommen!

Plastik ist ein massives, globales Problem. Mit meiner Unterschrift unterstütze ich die Petition von Greenpeace an Umweltministerin Steffi Lemke, sich für ein starkes UN-Plastikabkommen einzusetzen.

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Doch auch jede und jeder Einzelne kann was tun: etwa Plastik reduzieren, unverpackt einkaufen und allgemein die Alternativen zum Neukaufen leben. Ob Kleidertauschpartys, Unverpacktläden, nachhaltige Textilien, Flohmärkte, Reparatur-Werkstätten: Auf unserer Reuse-Revolution-Map sind Angebote in der Nähe zu finden. “Gerne können Sie auch Angebote ergänzen”, sagt Wohlgemuth. “Alternative Geschäftsmodelle wie Reparatur, Leih- und Mietmodelle sowie Secondhand müssen das neue Normal weden.”

Reuse-Map

Einkaufen mit der Reuse-Revolution-Map

Die Karte für unverpacktes Einkaufen, nachhaltige Textilien und Alternativen zum Neukaufen & Wegwerfen.

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(Teile des Textes wurden am 5. Mai 2021 erstveröffentlicht und seitdem mehrfach aktualisiert)

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