Internationaler Earth Overshoot Day
- Hintergrund
Heute ist Earth Overshoot Day oder Erdüberlastungstag - ab heute lebt die Menschheit auf Kredit. Doch was bedeutet das eigentlich?
Stellen Sie sich vor, Sie erhielten ihr komplettes Jahresgehalt pünktlich am 1. Januar und sollten damit bis zum 31. Dezember haushalten. Und nun stellen Sie fest: Schon am 24. Juli ist das Konto leer. Unter uns: Sie wären wohl ziemlich in der Klemme. Genau das ist allerdings die Situation, in der sich unser Planet (und jede:r darauf) ab heute befindet. Der Earth Overshoot Day (etwa: Erdüberlastungstag) markiert das Datum, an dem sämtliche Ressourcen, die die Erde nachhaltig bereitstellen kann, aufgebraucht sind. Danach leben wir auf Kredit.
Wie wird das Datum berechnet?
Jedes Jahr errechnet das Global Footprint Network, wann diese Schwelle überschritten ist. Auch wenn die zugrundeliegenden Berechnungen komplex sind und viele Faktoren einfließen, ist die Fragestellung dahinter einfach. Die biologische Kapazität der Erde – also die Menge an Nahrung und Rohstoffen, die innerhalb eines Jahres nachwächst oder sich regeneriert – wird dem ökologischen Fußabdruck der Menschheit gegenübergestellt. Wie viel verbrauchen wir? Bildet man daraus den Quotienten (Biokapazität / Fußabdruck) und multipliziert ihn mit 365, der Anzahl an Tagen im Jahr, erhält man einen Zeitpunkt, nämlich den Erdüberlastungstag.
Dieser Tag rückt seit Jahrzehnten immer weiter nach vorne im Kalender: In den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts lag das Datum noch im Dezember. 2020 haben die Effekte der Corona-Pandemie für eine Art ökologische Verschnaufpause gesorgt und den Tag um drei Wochen verschoben. 2021 war der Verbrauch unserer Ressourcen fast wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie. Forscher:innen erklären das mit Nachholeffekten: Nach den Lockdowns stiegen die CO2-Emissionen weltweit wieder sprunghaft an. 2020 war kein Trend, sondern eine Ausnahme. Der Erdüberlastungstag fällt in diesem Jahr auf den 24. Juli 2025 - so früh wie noch nie. Ein unübersehbares Warnsignal, das wir nicht länger ignorieren dürfen. Eigentlich sollte der sogenannte Earth Overshoot Day frühestens zum Jahresende, an Silvester, stattfinden. Doch wir leben über unsere Verhältnisse zu Lasten von Klima, Biodiversität und somit künftigen Generationen. Denn diese müssen mit dem Planeten leben, den wir ihnen überlassen. Unser Konsum in Deutschland fordert sogar drei Erden, hier wäre der Erdüberlastungstag bereits am 3. Mai gewesen.
Der Erdüberlastungstag lässt sich für jedes Land und seine Ressourcen einzeln ausrechnen: Während der deutsche, wie schon erwähnt, bereits im Mai war, war der US-amerikanische sogar schon im März. Der Raubbau an unserer Erde und unsere ungebremsten CO2-Emissionen für kurzlebige Konsumgüter befeuern die Klimakrise sowie die Erderhitzung. Die Folge sind sich häufende Extremwetterereignisse, wie sie auch im Sommer 2022 in ganz Europa stattfinden. So geht es nicht weiter – wir brauchen alternative Geschäftsideen zum Wegwerf-Kapitalismus: Es reicht nicht, über bessere Autos nachzudenken, wir brauchen weniger. Teilen, Leihen, Tauschen, Reparieren: Diese Geschäftsmodelle sind klimatauglich.
Politik muss handeln
Ressourcen- und Klimaschutz müssen aber auch gesetzlich vorangetrieben werden. Doch die bisherigen Bundesregierungen haben bisher viel zu wenig für den Klimaschutz getan. Ganz im Gegenteil: Statt endlich notwendige Schritte einzuführen, wurde das Klimaschutzgesetz sogar abgeschwächt. Greenpeace hatte deswegen im vergangenen Jahr sogar eine gemeinsame Verfassungsbeschwerde zusammen mit Germanwatch und vielen Kläger:innen angestoßen.
Mit einer richtungsweisenden Stellungnahme bestätigte der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag am 23. Juli 2025, dass alle Staaten dieser Erde verpflichtet sind, das 1,5 Grad Klimaziel einzuhalten.
Was können wir tun?
Fünf Dinge, die wir als Verbraucher:innen tun können, damit der Erdüberlastungstag wieder näher ans Ende des Jahres rückt.
1. Weniger Kleidungsstücke kaufen
Weltweit wurden rund 100 Milliarden Kleidungsstücke im Jahr 2014 produziert, 2030 sollen es bereits über 200 Milliarden sein – diese unfassbaren Massen verursachen Probleme für Mensch und Umwelt.
Wer trotzdem gelegentlich was anderes zum Anziehen braucht: Secondhandläden und Kleidertauschbörsen bringen Abwechslung in den Kleiderschrank.
2. Bewusster essen und einkaufen
Wer sich komplett vegan ernährt, spart pro Jahr laut Berechnungen der Universität Oxford rund 2000 Kilogramm CO2 ein. Auf einen Monat heruntergerechnet wären das etwa 167 Kilogramm. Der persönliche CO2-Abdruck reduziert sich also um eine große Menge – und selbst ein paar Tage im Monat bringen schon was. Die Herstellung von Wurst und Käse ist sehr CO2-intensiv, stattdessen Fisch zu essen, ist aber auch keine Lösung. Wer außerdem unverpackt einkauft, dank eines Wochenplans weniger Lebensmittel wegwirft und unvermeidbare Abfälle kompostiert, trägt ebenso zu einem gesünderen Planeten bei.
3. Zu Ökostromanbietern wechseln und Energie sparen
Erneuerbare Energien sind die Zukunft: Im Betrieb erzeugen sie keine Treibhausgase, sie hinterlassen keinen Atommüll, ihre Quellen sind nicht endlich und kostengünstiger sind sie auch. Trotzdem ist auch Ökostrom keine Ressource, die verschwendet werden darf. Auch für Erneuerbare Energien braucht es Kraftwerke, Leitungen und Speicherkapazitäten, deren Bau und Unterhalt nicht klimaneutral ist. Wer außerdem Energie spart, reduziert Emissionen und entlastet den Planeten.
4. Reparieren, pflegen, im Zweifel recyceln
Dinge in Ehren halten – das ist nicht nur bei Lieblingskleidungsstücken und Möbeln eine gute Idee, sie gilt auch für technische Geräte, insbesondere Smartphones. Auch wenn die Versuchung groß ist, ein altgedientes Handy gegen das neueste Modell auszutauschen, oft lassen sich die Geräte upgraden oder reparieren. In modernen Mobiltelefonen werden sogenannte seltene Erden verbaut, durch die der Tiefseebergbau befeuert wird – mit Folgen für die Meeresökosysteme. Wenn gar nichts mehr geht, das Smartphone recyceln – und nicht in die Schublade zu den anderen legen.
5. Aufs Fahrrad umsteigen
Obwohl im Verkehrssektor CO2-Einsparungen dringend nötig wären, stagnieren die Emissionen auf hohem Niveau: Ein Fünftel aller deutschen Treibhausgasemissionen stammen aus dem Verkehr, das allermeiste aus dem Straßenverkehr. Doch das Einsparpotenzial ist groß: Bis zu 30 Prozent aller Pkw-Fahrten in Städten ließen sich problemlos mit dem Fahrrad absolvieren, denn etwa die Hälfte der mit dem Auto zurückgelegten Wege ist kürzer als fünf Kilometer.