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Ökologische Milchwirtschaft in Österreich: Kuh des Bio-Bauern Sebastian Herzog steht auf der Weide - und streckt die Zunge raus, Oktober 1998.
Thomas Einberger / argum / Greenpeace

Grünfutter für Kühe verbessert Milchqualität und macht Gentechnik überflüssig

Was wie eine Binsenweisheit klingt, ist auch durch eine von Greenpeace geförderte Studie wissenschaftlich belegt worden: Die Kuh, die glücklich auf der Weide steht, hat nicht nur ein besseres Leben, sie gibt auch eine bessere Milch. Denn entscheidend für die Qualität der Milch ist, was die Kuh frisst. Eine Kuh, die mit Gras, Heu und Gras-Silage gefüttert wurde, produziert Milch, die mehr gesunde Fettsäuren enthält als die Milch einer Kuh, die mit Mais und viel Kraftfutter gefüttert wurde.

Die tägliche Portion Milch...

Weltweit werden laut Welternährungsorganisation FAO im Jahr 2012 rund 750 Millionen Tonnen Milch erzeugt. Bei einer Weltbevölkerung von sieben Milliarden Menschen kommt statistisch gesehen auf jeden Verbraucher eine Milchmenge von über 100 Litern Milch pro Jahr. Real ist der Pro-Kopf- Verbrauch jedoch von Land zu Land sehr unterschiedlich und reicht von umgerechnet über 300 Litern in Europa bis auf wenige Kilogramm in ländlichen Gebieten Chinas und Afrikas. Das liegt an traditionellen Ernährungsgewohnheiten, klimatischen Bedingungen aber auch an Unverträglichkeiten gegenüber Milchprodukten.

Deutschland ist innerhalb der Europäischen Union das größte Milcherzeugerland. Insgesamt werden jährlich rund 29 Milliarden Liter Milch erzeugt, die zum einem großen Anteil im Inland verarbeitet und auch verzehrt werden.

Die Deutschen trinken pro Kopf 67 Liter Milch, sie löffeln im Durchschnitt 18 Kilogramm Joghurt und verbrauchen 6 Kilo Butter, 7 Kilo Sahne sowie 23 Kilo Käse jährlich. Für ein Kilo Schnittkäse braucht man wiederum 10 Liter Milch.

Auf insgesamt 89.000 Bauernhöfen werden 4,2 Millionen Kühe in Deutschland gehalten. Im Schnitt hat jeder Betrieb 48 Milchkühe, wobei die Schwankungen groß sind. In den neuen Bundesländern sind vorwiegend Großbetriebe mit mehr als 300 Kühen anzutreffen, in Süddeutschland gibt es hingegen auch häufig Bauernhöfe mit weniger als 30 Tieren.

Schwerpunkte der Milcherzeugung liegen traditionsgemäß in Bayern und Niedersachsen. Vor allem Bauernhöfe, die über Wiesen und Weiden verfügen, halten traditionell Milchkühe, um so optimal ihr Grünland zu nutzen. Die klassische Kuh auf der Weide findet man vor allem in den Alpen und dem Alpenvorland, in den Mittelgebirgsregionen wie Schwarzwald, Rhön oder Bergischem Land sowie an der Nordseeküste.

Kraftfutter für Milchkühe zerstört Lebensräume

Ob die Kuh auf der Weide oder im Stall steht, ist nicht nur eine Frage der Tierhaltung. Es hat auch Konsequenzen für die Umwelt und für die Qualität der Milch und somit für die Gesundheit der Menschen.

Durch Zucht und veränderte Fütterung wurde die Milchleistung der Kühe in den vergangenen Jahren deutlich angehoben. Im Schnitt gibt heute eine Kuh rund 7000 Liter Milch im Jahr, etwa 2.000 Liter mehr als vor 15 Jahren.

Um eine hohe Milchleistung zu erzielen, wird den Kühen in vielen Betrieben neben herkömmlichem Futter wie frischem Gras, Heu und Silage (Grasschnitt, das durch Gärung haltbar gemacht wurde) auch immer mehr Kraftfutter verfüttert. Dieses Kraftfutter besteht überwiegend aus Getreide, Resten der Zucker- und Stärkeherstellung sowie Raps- und Sojaschrot. Hochleistungstiere, die über 10.000 Liter Milch pro Jahr geben, erhalten oft mehr Kraftfutter als herkömmliches Futter.

Zu viel Kraftfutter ist aber nicht nur für die Tiere eine enorme physiologische Belastung und führt nicht selten zu Krankheiten wie Pansenacidose, Calciumparese, Euterentzündungen oder Klauengeschwüren, sondern ist auch ein ökologisches Problem. So wird inzwischen Soja in abgerodeten Regenwaldgebieten angebaut, um damit in Deutschland Milch zu erzeugen. Immer häufiger wird auch gentechnisch verändertes Sojaschrot aus Übersee eingesetzt, obwohl ausreichend unmanipulierte einheimische Futtermittel zur Verfügung stehen.

Doch nicht nur für den Regenwald bedeutet der Anbau von Kraftfutterpflanzen wie Soja einen Verlust von wertvollen Ökogebieten. Auch bei uns gehen durch die Verfütterung von Mais wichtige Lebensräume wie Wiesen und Weiden zurück. Gab es früher noch großflächig verschiedenste Salzwiesen, von Kühen geweidete Magerrasen, pflanzen- und tierreiche Niedermoorstandorte oder durch die unterschiedlichen Mähzeiten und Mähtechniken ausdifferenzierte Grasländer, dominiert heute die Stallhaltung. Die regionale Artenvielfalt wird durch den Rückgang der Grünlandnutzung dezimiert.

Gefüttert wird die Hochleistungskuh von heute, die meist ganzjährig im Stall steht, statt mit Gras oder Heu viel mehr mit Mais, der mit massivem Einsatz von Mineraldünger, Gülle und Pestiziden erzeugt wurde. Daher werden in Maisregionen immer wieder hohe Nitratwerte und auch Pestizidrückstände im Grundwasser gemessen, Seen sind in Maisregionen häufig überdüngt.

Mittlerweile gibt es staatliche Programme und Auflagen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. In Schweden ist bereits Weidegang im Sommer gesetzlich vorgeschrieben, in den Niederlanden zahlt die Molkerei Campina Zuschläge an Landwirte, die ihre Kühe weiden lassen. Einige Bundesländer geben finanzielle Zuschüsse an Landwirte, die ihre Kühe wieder auf die Weide lassen.

Die Kuh auf der Weide gibt bessere Milch

Heute kann man analytisch nachweisen, dass Grünfutter zu einem Anstieg des Gehalts an einfach- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren zu Lasten gesättigter Fettsäuren führt. Das verbessert nicht nur die Streichfähigkeit der daraus gewonnenen Butter, es ist auch ernährungsphysiologisch bedeutend. Vor allem der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren und an Conjugierten Linolsäuren (CLAs) ist beim Verzicht auf Maisfutter und bei Verwendung von Grünfutter deutlich erhöht.3 Auch das Verhältnis von Omega-3 zu Omega-6-Fettsäuren wurde durch gezielte Weidehaltung und Grünlandfutter günstig beeinflusst.

Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegen den gesundheitlichen Nutzen von Omega-3-Fettsäuren. Sie wirken blutdrucksenkend und gefäßschützend bei Arteriosklerose, entzündungshemmend bei rheumatischen Erkrankungen, können Allergien bessern und scheinen sogar eine schützende Wirkung bei verschiedenen Krebsarten zu haben. Daher schlagen die meisten kardiologischen Gesellschaften Herzpatienten die Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren vor. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung zum Beispiel empfiehlt die Aufnahme von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren in einem Verhältnis von maximal 1:5. Produkte mit einem verhältnismäßig hohen Omega-3-Fettgehalt sollten bevorzugt verzehrt werden.

Greenpeace-Studie zur Qualität von Trinkmilch

Bis heute gibt es keine Molkereiprodukte in Deutschland zu kaufen, bei denen der Verbraucher erkennen kann, wie hoch der Anteil an gesundheitlich bedeutsamen Fettsäuren in den Produkten ist. Greenpeace hat im Frühjahr 2006 eine Studie an der Universität Kassel finanziell unterstützt, die dieser Frage erstmals nachging.

Zu diesem Zweck wurden insgesamt 15 Frischmilchprodukte verschiedener Molkereien auf ihre Fettsäurezusammensetzung untersucht. Bei den Milchprodukten handelte es sich sowohl um ökologische wie konventionelle Frischmilch, die Ende Februar/Anfang März 2006 in verschiedenen Einkaufsstätten deutschlandweit eingekauft wurde. Die Milchprodukte wurden so ausgewählt, dass sie möglichst alle Regionen Deutschlands abdeckten. Zudem wurden gezielt einige Molkereiprodukte ausgewählt, die mit einem besonderen Slogan auf ihre natürliche Erzeugung bzw. Regionalität hinwiesen (Alpenmilch, Bergmilch, aus umweltschonender Grünlandbewirtschaftung).

Mittels eines besonderen Analyseverfahrens (Kohlenstoffisotopenanalyse) konnte zudem untersucht werden, wie hoch der Maisanteil am Gesamtfutter bei der Milcherzeugung der jeweiligen Molkerei war.

Der Anteil der Omega-3-Fettsäuren differierte in den eingesammelten Milchen je nach Molkerei sehr stark. Mehr als 1 g Omega-3-FS/100g Fett wurden nur in Milch aus ökologischer Herkunft gemessen (Berchtesgadener Land, Gläserne Meierei Rostock, Breisgaumilch, Upländer Bauernmolkerei). Einen Wert zwischen 0,8 und 1 g Omega-3-FS/100g Fett erreichte konventionelle Milch aus Süddeutschland (Berchtesgadener Land, Allgäuland-Käsereien Sonthofen, Breisgaumilch). Die niedrigsten Gehalte wies konventionelle Milch der Molkereien Hansamilch Uphal, Campina (Elsterwerda), Harzmilch, Allgäuer Alpenmilch (Bärenmarke) und Weihenstephan auf.

Bei einer weiteren Untersuchung im Herbst 2006 wurden 21 bekannte Joghurt- und 12 Butterprodukte ebenfalls auf ihre Omega 3-Gehalte getestet. Auch hier schnitten die Bioprodukte deutlich besser ab als fast alle konventionellen Produkte. Die Bio-Produkte wiesen im Schnitt mehr als doppelt so hohe Omega-3-Gehalte auf. Die Ergebnisse im einzelnen: Mit Abstand die Höchsten Werte erreichten die Bio-Joghurts von Füllhorn (Rewe, 1,38 g/100 g Fett) ), Andechser Natur und Priima Bio (Aldi) . Abgeschlagen auf den letzten Rängen dagegen die bekannten Joghurts Onken (0,5 g/100 g Fett), Actimel und Fruchtzwerge von Danone, BiAC und LC1 von Müller-Milch und Milfina/ Landliebe von der Molkerei Campina.

Bei Butter wies den höchsten Gehalt an gesunden Fettsäuren die aus Dänemark stammende Bioness-Butter von Lidl (1,09 g/100 g Fett) auf, gefolgt von Bio Wertkost (Edeka) und der konventionell erzeugten Butter von Berchtesgadener Land. Schlusslichter sind: Landliebe (nur 0,58 g/100 g Fett), Milsani (Aldi), Sachsenmilch (Müller) und Mark BrandenburgWeidebutter. Bei der angeblichen Weidebutter von Campina aus Brandenburg muß aufgrund der gemessen Werte von Verbrauchertäuschung ausgegangen werden. Hier kann es sich keinesfalls um Butter handeln, die ausschließlich von weidenden Kühen stammt.

Der Verbraucher weiß es nicht

Früher hatte noch jedes Dorf eine eigene Molkerei und Verbraucher wußten beim Einkauf, woher ihr Produkt tatsächlich stammte. Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Heute gibt es in Deutschland nur noch etwa 100 Molkereien, von denen die größten ihre Produkte nicht nur in ganz Deutschland, sondern weltweit vermarkten. Dafür wird die Milch, in einigen Fällen mehr als eine Milliarde Liter im Jahr, aus riesigen Gebieten zusammengeholt.

Immer mehr Molkereien werben mit dem Begriff Weidemilch für ihre Produkte. Der Begriff ist aber gesetzlich nicht geschützt. So verkauft beispielsweise die Molkerei Hansano in Norddeutschland Frischmilch als Weidemilch in vielen Supermärkten, gibt aber keine Garantien, dass die Milch wirklich von Kühen stammt, die Weidegang hatten.

Mit Hilfe neuer Untersuchungsmethoden ist es aber heute möglich, Werbeaussagen von Molkereien auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Nicht jede Alpenmilch kommt tatsächlich aus den Alpen und nicht jede Milch von Grünlandbetrieben wurde vorwiegend mit Weidefutter erzeugt.

Je nach dem, wie und wo Kuh-Milch produziert wurde, schwankt der Gehalt an gesundheitlich wertvollen Fettsäuren erheblich. Grundsätzlich ist der Gehalt an wertvollen Fettsäuren dort am höchsten, wo die Kühe einen hohen Anteil an Grünfutter erhalten, sowie niedrige Kraftfuttermengen und geringe Anteile Maissilage. Es ist festzustellen, dass ökologisch erzeugte Milch höhere Omega-3-Gehalte, sowie geringere Maisanteile aufweist als Milch aus konventioneller Erzeugung.

Aus gesundheitlichen und ökologischen Gründen ist diese Milch eindeutig einer konventionellen Milch vorzuziehen.

Greenpeace fordert:

  • Keine Verbrauchertäuschung – wo Alpenmilch oder Weidemilch draufsteht, muss auch Alpenmilch oder Weidemilch drin sein!
  • Kein Einsatz von Tierfutter aus Regionen, wo Urwald zerstört wird!
  • Keine Gentechnik im Tierfutter!
  • Milchprodukte sollten vor allem mit Grünfutter und Weidegras erzeugt werden
  • Artgerechte Tierhaltung

(Stand: 2012)

Petition

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