Rote Karte für Rheinmetall
- Ein Artikel von Eva Schaper
- mitwirkende Expert:innen Dr. Alexander Lurz
- Nachricht
Warum der BVB das Sponsoring durch Rheinmetall beenden muss und der Sponsor in der Kritik steht: Die NS-Aufarbeitung des Rüstungskonzerns ist unzureichend.
Am Montag, den 24. November 2025, findet die Hauptversammlung der Aktionär:innen von Borussia Dortmund statt. Ein Thema, das dabei nicht fehlen sollte: die Rolle des Rüstungskonzerns Rheinmetall, der seit 2024 als „Champion Partner“ des BVB auftritt – und dessen historische Verantwortung in der NS-Zeit bis heute nicht ausreichend aufgearbeitet ist. Ein aktuelles Gutachten von Dr. Ralf Ahrens vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung ZZF) zeigt deutlich: Rheinmetalls Aufarbeitung der eigenen NS-Vergangenheit ist unzureichend.
Die 2014 veröffentlichte firmeneigene Festschrift zur Geschichte des Unternehmens genügt wissenschaftlichen Standards nicht und lässt zentrale Fragen offen.
Warum das die BVB-Hauptversammlung betrifft
Sponsoring ist mehr als eine wirtschaftliche Partnerschaft. Borussia Dortmund engagiert sich seit vielen Jahren auf beeindruckende Weise für Vielfalt und gegen Rassismus und Antisemitismus. Die Verleihung des Leo-Baeck-Preises des Zentralrats der Juden an Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund, war im vergangenen Jahr (2024) Ausdruck dieses Engagements. Dem Engagement und dem Anspruch des BVB sollten auch dessen Sponsoren genügen.
Gerade deshalb ist es relevant, wie Rheinmetall mit seiner eigenen Geschichte umgeht – und ob das Unternehmen bereit ist, sich seiner Verantwortung zu stellen. Der Vorsitzende des Zentralrats Josef Schuster erklärte bei der Verleihung des Leo-Baeck-Preises daher unumwunden, dass er "ehrlich gesagt nicht begeistert” sei, dass der BVB ausgerechnet mit Rheinmetall eine Partnerschaft eingegangen wäre. Er konstatierte bei Rheinmetall “erheblichen Nachholbedarf” bei der Aufarbeitung der NS-Geschichte. Von Watzke und dem BVB erhoffte er sich, dass diese auf den Rüstungskonzerns dahingehend einwirken würden.
Gutachten: Mangelnde Aufbereitung der NS-Zeit
Das Gutachten des ZZF betrachtet insbesondere die Festschrift zum 125. Firmenjubiläum Rheinmetalls, in der die NS-Geschichte behandelt wird. Darüber hinaus gibt es bisher keine kritische Aufarbeitung, wie sie von anderen großen Konzernen bereits vorgenommen wurde. Folgende Punkte kritisiert das Gutachten
- fehlende wissenschaftliche Standards in der Festschrift,
- unpräzise Quellenarbeit ohne nachvollziehbare Zitate,
- unkritische Übernahme von Selbstdarstellungen,
- unzureichende Behandlung des Einsatzes von Zwangsarbeiter:innen,
- Relativierungen, die in wissenschaftlichen Arbeiten kaum denkbar wären.
Besonders im Kapitel über Zwangsarbeit stützt sich die Festschrift auf Perspektiven ehemaliger Unternehmensangehöriger – oft ohne kritische Einordnung. Formulierungen wie Zwangsarbeiter:innen seien „relativ gut behandelt“ worden, sind aus heutiger Forschungsperspektive inakzeptabel.
Auch die Auseinandersetzung mit der Jewish Claims Conference über Entschädigungszahlungen wird in der Festschrift einseitig aus Unternehmenssicht dargestellt. Die grundlegende Frage nach moralischer und historischer Verantwortung bleibt unbeantwortet.
Das Gutachten kommt zu dem Schluss: Die vorhandene Darstellung ist kein bewusster Versuch der Schönfärbung, aber sie bleibt weit hinter dem Standard anderer deutscher Unternehmen zurück, die ihre NS-Vergangenheit kritisch und transparent aufgearbeitet haben.
Die fragwürdige NS-Aufarbeitung der Rheinmetall AG im Kontext Borussia Dortmund
Anzahl Seiten: 5
Dateigröße: 4.28 MB
HerunterladenFür den BVB und seine Aktionär:innen stellt sich damit eine grundlegende Frage: Welche Werte vertritt ein Verein, der mit Rheinmetall zusammenarbeitet – und setzt er sie auch gegenüber seinem Werbepartner durch?
Eine faire und vollständige Aufarbeitung der Rheinmetall-Geschichte ist notwendig und überfällig. Dafür braucht es garantierten, unabhängigen Zugang zu Archiven, eine wissenschaftliche Forschungsgruppe ohne unternehmerische Einflussnahme und eine klare Bereitschaft des Unternehmens, Verantwortung zu übernehmen. Bis das geschieht, bleibt die NS-Vergangenheit von Rheinmetall nur unvollständig dokumentiert.
Für den BVB stellt sich weiterhin die Frage, warum der Verein einen Sponsor ausgewählt hat, der nicht nur notorisch für Waffenlieferungen an Diktaturen und Menschenrechtsverletzer bekannt ist, sondern der das grundsätzlich beeindruckende Engagement des Vereins für Vielfalt und gegen Rassismus und Antisemtismus in Frage stellt. Greenpeace fordert daher den BVB auf, das Sponsoring durch Rheinmetall schnellstmöglich zu beenden.
“Warum der BVB einen Sponsor wählt, der notorisch für Waffenlieferungen an Diktaturen steht und damit das starke Engagement des Vereins gegen Rassismus und Antisemitismus unterläuft, ist schlicht unverständlich. Der BVB sollte die Partnerschaft mit Rheinmetall umgehend beenden."