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Fred Dott / Greenpeace

Greenpeace-Studie zur klimaneutralen Landwirtschaft

Nur wenn die Zahl der Tiere in der Landwirtschaft halbiert wird, kann der Sektor seinen gesetzlich vorgegebenen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Der Abbau muss jetzt beginnen.

Methan gilt als der „Turbolader der Klimakrise”.  Es ist mengenmäßig nach Kohlendioxid das wichtigste Treibhausgas, wirkt über einen Zeitraum von 20 Jahren etwa 85-mal so stark, baut sich aber auch schnell wieder ab. Während es hunderte von Jahren dauern kann, bis einmal emittiertes CO2 vollständig aus der Atmosphäre schwindet, zerfällt CH4 binnen zwölf Jahren. Methan treibt die Erderhitzung also rapide nach oben - doch wenn es gelingt, die Emissionen zu begrenzen, tragen diese Bemühungen auch kurzfristig zu Entlastung in der Klimakrise bei.

Das farb- und geruchlose Gas entweicht aus lecken Gasleitungen, schmelzenden Permafrostböden oder gärenden Mülldeponien. Vor allem aber entsteht es in den Mägen von Wiederkäuern. Deshalb kommt der Tierhaltung beim Abbau der Methanemissionen eine zentrale Rolle zu. In Deutschland stammen fast zwei Drittel der Methanemissionen aus der Landwirtschaft. Und diese Emissionen müssen deutlich sinken, wenn Deutschland das im Klimaschutzgesetz festgelegte Ziel erreichen will, bis 2045 klimaneutral zu werden.

Was für eine klimaneutrale Landwirtschaft nötig ist

Das kann nur gelingen, wenn die Zahl der Tiere in den Ställen und auf den Weiden etwa halb so groß ist wie heute. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag von Greenpeace. „In den vergangenen zwei Jahrzehnten war der Rückgang der Klimagasemissionen in der Landwirtschaft nur marginal und völlig unzureichend. Wir haben daher das Öko-Institut beauftragt, zu untersuchen, wo jetzt gehandelt werden muss, um den Sektor rechtzeitig auf den Pfad zur Klimaneutralität zu bringen”, sagt Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. Die Wissenschaftler:innen rechnen vor, dass der Einsatz innovativer Technik und verbessertes Management in der Landwirtschaft nicht ausreichen, um die Klimaziele in diesem Sektor zu erreichen.

Landwirtschaft auf dem Weg zum Klimaziel

Landwirtschaft auf dem Weg zum Klimaziel

Maßnahmen für Klimaneutralität bis 2045

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Ohne Abbau des Tierbestands summieren sich die Emissionen 2045 immer noch auf 46 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Davon kämen 37 Millionen Tonnen allein aus der Tierhaltung. Und schon damit läge die Landwirtschaft über dem gesetzlich vorgegebenen Sektorziel, das einen maximalen Ausstoß von insgesamt 35 Millionen Tonnen vorschreibt. „Um die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes zu erfüllen, muss die kommende Bundesregierung jetzt konkrete Maßnahmen ergreifen, damit die Zahl der Tiere in der Landwirtschaft deutlich sinkt“, sagt Hofstetter. Denn der Umbau der Landwirtschaft und die Änderungen von Konsumgewohnheiten braucht Jahre. Deshalb hat die neue Bundesregierung vor dem Hintergrund der drohenden Klimakatastrophen keine Zeit zu verlieren: „In den Koalitionsverhandlungen sollten Anreize für Verbraucherinnen und Verbraucher vereinbart werden, weniger Fleisch und Milchprodukte zu konsumieren”, fordert Hofstetter. “Zugleich brauchen Bäuerinnen und Bauern, die den fundamentalen Umbau der Landwirtschaft stemmen, gezielte Unterstützung.“

Wie wir klimaneutrale Landwirtschaft erreichen können

Dazu steht eine Vielzahl von Instrumenten zur Verfügung, deren Einsatz die ehemalige Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) immer wieder verschleppt hat: So hat das von der letzten Bundesregierung eingesetzte Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung (die sogenannte Borchert-Kommission) längst Empfehlungen zur Förderung artgerechter Haltungsformen mit weniger Tieren vorgelegt, die jetzt umgesetzt werden müssten.

Zur Finanzierung kann eine Tierwohlabgabe dienen, die auf Fleisch und Milchprodukte erhoben wird. Die Subvention klimaschädlicher tierischer Lebensmittel über den ermäßigten Mehrwertsteuersatz muss enden. Als finanzieller Ausgleich und Anreiz für Verbraucher:innen, sich klimafreundlicher und zugleich gesünder zu ernähren, sollte die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse gestrichen werden. Und in den Niederlanden werden Prämien an Tierhalter:innen gezahlt, die aussteigen und ihren Betrieb umstellen wollen - ein Modell, das auch hierzulande beim Abbau der Tierzahlen eingesetzt werden könnte, um die wirtschaftliche Existenz der betroffenen Bäuerinnen und Bauern zu sichern.

Die Wissenschaftler:innen des Öko-Instituts empfehlen, sich beim Lebensmittelkonsum am Speiseplan der internationalen EAT-Lancet-Kommission zu orientieren („Planetary Health Diet“), der zum Schutz der Gesundheit der Menschen und des Planeten einen hohen Anteil pflanzlicher Lebensmittel vorsieht. Sie fordern die kommende Bundesregierung auf, den tierhaltenden Betrieben jetzt klare Orientierung zum anstehenden Abbau der Tierhaltung geben. „Die neue Führung des Landwirtschaftsministeriums darf Bäuerinnen und Bauern nicht länger im Ungewissen lassen“, sagt Hofstetter. „Die Betriebe brauchen schnell verlässliche Leitplanken, um Fehlinvestitionen beim Bau von Tierställen zu vermeiden, die mit den gesetzlichen Vorgaben zum Klimaschutz in Deutschland nicht vereinbar sind.“

 

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