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Roland Hipp
Daniel Müller / Greenpeace

Roland Hipp, Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, im Interview

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Interview: Stephanie Lettgen, dpa

Die schwarz-rote Bundesregierung arbeitet derzeit an einem neuen Klimaschutzplan bis 2050. Der Entwurf des Umweltministeriums sei nach Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium und dem Kanzleramt total aufgeweicht worden, moniert der neue Chef von Greenpeace Deutschland, Roland Hipp. Er ist sich im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur sicher, dass die Koalition in Berlin bereits ihre aktuellen Ziele zum Klimaschutz bis 2020 nur schwer erreichen wird.
 
Welchen Wert hat der jetzige Entwurf für den Klimaschutzplan 2050 noch, der noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll?
 
Roland Hipp: Er ist nur noch eine reine Luftnummer, die uns nicht weiterführen wird. Ganz viele klare Sätze wurden einfach rausgestrichen, wesentliche Punkte fehlen in der derzeitigen Version. Gelöscht, gelöscht, gelöscht. Das Wesentliche am Klimaschutzplan 2050 sollte sein, dass man sich Zwischenziele setzt und Zahlen festlegt: Wie kommen wir pro Jahrzehnt runter mit den CO2-Emissionen in den verschiedenen Handlungsfeldern wie Verkehr, Landwirtschaft oder Energiewirtschaft? Doch alles, was in der Ursprungsversion konkret war, ist weg.
 
Was ist Ihre Forderung für 2050?

Unser Ziel ist 100 Prozent regenerative Energie bis 2050 in Deutschland. Der Atomausstieg ist besiegelt, ich glaube auch nicht, dass sich da noch was tut. Aber jetzt als nächstes muss ein Kohleausstieg bis 2035 folgen. Wir könnten bis 2050 letztendlich raus sein aus der fossilen Energie. Das ist keine Technikfrage, sondern eine politische Willensfrage. Es herrscht ein Machtkampf der Lobbyverbände.
 
Auch für 2020 hatte sich Deutschland ja bereits Klimaziele gesteckt. Gibt es noch eine Chance, diese zu erreichen?
 
Die Bundesregierung hat ja das Ziel 40 Prozent CO2-Reduktion bis 2020. Das wird unglaublich schwierig. Vor allem vor dem Hintergrund, dass positiven Worten der Politik katastrophale Taten folgen. Wir hatten ja gerade eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Eigentlich müsste man ja sagen, um die Klimaschutzpläne zu erreichen, müsste man die regenerativen Energien forcieren. Und was passiert? Man deckelt sie. Wir gehen davon aus, dass der Zubau von regenerativen Energien halbiert wird in den nächsten Jahren durch die Maßnahmen der Bundesregierung.
 
Wie steht es um die Wirtschaftlichkeit Erneuerbarer Energien?
 
US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton hat kürzlich in einer Ansprache betont, sie wolle massiv in die regenerativen Energien investieren. Denn entweder machten es die Chinesen oder die Deutschen, aber sie möchte, dass es die Amerikaner machen. Das heißt, das wäre auch ein Zukunftsmarkt, den wir eigentlich relativ gut besetzt hatten. Bei Solar etwa waren wir weit vorne - haben wir im Prinzip abgegeben. (...) Nach der Deckelung des Ausbaus von Windkraft stellt sich die Frage, ob uns nicht der nächste Wirtschaftsbereich kaputtgeht. 
 
Welche Hoffnungen verbinden Sie mit der nächsten großen UN-Klimakonferenz im November in Marrakesch?
 
Wir werden bei der Konferenz anwesend sein, planen gleichzeitig im Mittelmeer eine größere Informationstour über regenerative Energien als Lösung für Atom- und Kohlestrom. Es ist für uns aber nur der Zwischenschritt zu 2018. Im Prinzip werden wir jetzt beobachten, was wird diskutiert, laufen bestimmte Prozesse, zum Beispiel wie werden die Zwischensziele der nationalen CO2-Reduktion festgelegt. Wesentlich wird das Jahr 2018, dann gibt es die ersten Überprüfung, und dann das Jahr 2023 - da ist die zweite Überprüfungsphase, wie weit die einzelnen Länder mit der Zielerreichung ihrer CO2-Reduktion sind und ob sie auf dem richtigen Weg sind.
 
Seit Jahrzehnten wird in der Bundesrepublik gestritten, wo hoch radioaktiver Atommüll in einem deutschen Endlager sicher weiterstrahlen könnte. Halten Sie den von der sogenannten Endlager-Kommission präsentierten Kompromiss für tragfähig?
 
Dieser Kompromiss hat zwei eklatante Fehler. Meines Erachtens hat das Verfahren vergiftet, dass man das Endlagerprojekt Gorleben drin gelassen hat. Es entsteht der Eindruck, dass alles nur vorgeschoben ist, um letztendlich doch bei Gorleben zu landen. Wenn man bei der Suche von einer weißen Landkarte redet, dann muss man einfach ein Endlager - bei dem jetzt schon klar ist, dass es schiefgegangen ist - draußen lassen. Der zweite Fehler ist, dass man rein auf tiefengeologische Lagerung setzt. (...) Ich halte den Zeitplan der Regierung, ein Endlager 2050 in Betrieb zu nehmen, für völlig unrealistisch.
 
Wie beurteilen Sie die Transparenz in diesem Verfahren?
 
Es wurden einfach wieder Vorschläge auf den Tisch gelegt, ohne große Transparenz. Man hätte erst einmal in die Regionen gehen müssen, um mit den Menschen zu reden und sie mitzunehmen. Jeder, der momentan in der Nähe eines Standortes lebt, eines Zwischenlagers oder eines möglichen Endlagers muss doch beunruhigt sein. (...) Denn irgendwer wird dieses Zeug irgendwann mal vor der Haustür haben. Außer wir schicken ihn ins Ausland - aber da sind wir völlig dagegen. Wir haben ihn produziert, wir sind auch dafür verantwortlich.
 
ZUR PERSON: Roland Hipp (56) wurde in Albstadt-Ebingen (Baden-Württemberg) geboren. Seit 1991 arbeitet er in der Hamburger Greenpeace-Zentrale und ist seit 2002 Vize-Geschäftsführer. Der ausgebildete Industriekaufmann leitete etwa die Kampagnen gegen die Versenkung der Ölplattform Brent Spar und gegen die französischen Atomtests im Mururoa-Atoll. Seit Juli 2016 ist er in einer Dreierspitze bei Greenpeace Deutschland erster Geschäftsführer. Ein ausführliches Porträt finden Sie hier.

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