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Dürre beeinträchtigt den Wasserstand des Rheins in Deutschland
© Bernd Lauter / Greenpeace

Immer öfter, immer heißer

Eine Hitzewelle ist noch keine Klimakrise – aber mehrere sind es schon. Warum wir fast 40 Grad im Juni nicht einfach als „heißes Wetter“ abtun sollten.

Ein geflügeltes Wort im englischen Sprachraum lautet: „If you can’t stand the heat, stay out of the kitchen“, sinngemäß: Wenn es dir zu warm ist, steh halt nicht in der Küche herum. Den Parlamentariern, die diese Woche voraussichtlich bei fast 40 Grad in Berlin schwitzen, möchte man entsprechend zurufen: Wenn ihr die Hitze nicht vertragt – steigt endlich aus der Kohle aus! Dass zur Rettung des Klimas die deutschen CO2-Emissionen runter müssen, weiß mittlerweile selbst die CDU, Stichwort „Pillepalle“ .

Nun macht eine Schwalbe keinen Sommer, und Wetter ist nicht Klima. Trotzdem ist die erneute Hitze in Deutschland nicht wirklich normal, nicht zu dieser Zeit im Jahr. Der wärmste Junitag seit Beginn der Aufzeichnungen war der 27.6.1947 mit 38,2 Grad Celsius, eine Marke, die in mehr als 70 Jahren nicht geknackt wurde – und aller Wahrscheinlichkeit nach in den nächsten Tagen fällt, sagt der Deutsche Wetterdienst . Das schockt dann selbst erfahrene Meterologen wie den ARD-Wetterexperten Karsten Schwanke.

Ein kurzes, aber vielbeachtetes Statement des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung stellt die Verbindung zwischen Hitzewellen und Klimakrise her. 

Was können wir beobachten?

„Monatliche Hitzerekorde auf der ganzen Welt treten heute fünfmal häufiger auf, als es bei einem stabilen Klima der Fall wäre“, schreibt Stefan Rahmstorf, Ko-Leiter der Abteilung Erdsystemanalyse. Das heißt, Hitzewellen nehmen zu und treten in kürzeren Intervallen auf. Die heißesten jemals in Europa gemessenen Sommertemperaturen fanden alle in diesem Jahrhundert statt, 2018 löste den noch jungen Rekord von 2016 ab. So erschütternd die Entwicklung ist, so wenig überrascht sie die Experten: „Diese Zunahme der Hitzeextreme entspricht genau dem, was von der Klimawissenschaft als eine Folge der globalen Erwärmung vorhergesagt wurde“, betont Rahmstorf.

Was erzeugt Hitzewellen – und wie hängt das mit der Erderhitzung zusammen?

Durch die Erderhitzung verändert sich die atmosphärische Zirkulation, und das hat schwerwiegende Folgen. Vielen ist der Fachausdruck "Jetstream" mittlerweile ein Begriff. Kurz gesagt: Der Jetstream ist ein Starkwindband in etwa zehn Kilometern Höhe, das über die Nordhalbkugel wandert, in Europa von Westen nach Osten. Der „Motor“ ist der Temperaturunterschied zwischen Tropen und Arktis. Weil sich der Nordpol aber infolge der Erderhitzung erwärmt, wird dieses Muster gestört: Der Jetstream wird langsamer. „Dies begünstigt das Entstehen von heißen und trockenen Bedingungen auf dem Kontinent – aus ein paar warmen sonnigen Tagen können so gefährliche Hitzewellen werden“, sagt Rahmstorfs Kollege Dim Coumou.

Was kann jetzt passieren – und was muss passieren?

Länder wie Indien treffen Hitzewellen härter als uns: Dort wurden vor kurzem Temperaturen von 50 Grad Celsius gemessen. Große Teile der Bevölkerung haben nicht einmal Zugang zu sauberem Trinkwasser. Doch auch 40 Grad, wie sie hier zu erwarten sind, sind keineswegs ungefährlich. „Hitzewellen können eine Gesellschaft hart treffen, etwa indem sie zu zusätzlichen Todesfällen in gefährdeten Gruppen wie bei alten Menschen und Kindern führen“, schreibt Rahmstorf.

Das ist alles andere als ein abstraktes Risiko. Alleine in Berlin kam es im vergangenen Sommer zu mehr als 500 Todesfällen aufgrund der starken Hitze, ermittelte das Robert-Koch-Institut ; bundesweit waren es deutlich mehr als 1000. Im Rekordsommer 2003 gab es in Frankreich rund 10.000 Hitzetote 

„Außerdem kann eine Kombination von heißen und trockenen Bedingungen regional unter Umständen zu Wasserknappheiten und Ernteausfällen führen“, so Rahmstorf weiter. Seine Empfehlung ist klar: „Nur eine rasche Reduzierung der Nutzung fossiler Brennstoffe und damit der CO2-Emissionen kann eine weitere verheerende Zunahme der Wetterextreme verhindern, die mit dem menschgemachten Klimawandel zusammenhängen." Oder kürzer: Raus aus der Kohle – und raus aus dem Verbrennungsmotor. So schnell es geht.