Hitzewelle und Klimakrise: Immer öfter, immer heißer
- Ein Artikel von Michael Weiland
- mitwirkende Expert:innen Karsten Smid
- Nachricht
Eine Hitzewelle ist noch keine Klimakrise – aber mehrere sind es schon. Warum wir fast 40 Grad im Sommer nicht einfach als „heißes Wetter“ abtun sollten.
Der Mai 2025 war der weltweit zweitwärmste Mai seit Beginn der Messungen, der Juni war heiß, der Juli in Deutschland dann kalt und nass, während das südliche Europa wie im Backofen schmorte. Es gab Hitzetote und Waldbrände. Und jetzt im August droht schon die nächste Hitzewelle. Dass wir uns mitten in der Klimakrise befinden, belegen solche Erhebungen mittlerweile monatlich, eine Rekordmarke folgt der nächsten. Dazu passt eine Studie, die gerade erst auf der UN-Klimakonferenz in Bonn vorgestellt wurde. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das verbleibende CO2-Budget in drei Jahren aufgebraucht ist – vorausgesetzt, der Treibhausgasausstoß bleibt auf dem derzeitigen Niveau, um die Erderhitzung auf unter 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Expert:innen wie der Meteorologe Karsten Schwanke sehen die 1,5-Grad-Grenze als verloren an; der renommierte Klimaforscher James Hansen hat sogar die Hoffnung auf die 2-Grad-Grenze aufgegeben. Doch genau deshalb gilt es, um jedes Zehntelgrad zu kämpfen – vergleichsweise kleine Ursachen haben hier große Wirkung.
Investigativ-Team / Greenpeace
Bäume kühlen Städte in der Hitze (Thermalbild zeigt den Inselpark in Hamburg); Sommer 2020
Die Forschung ist eindeutig: Hitzewellen nehmen durch die Klimakrise an Häufigkeit und Intensität zu. Insbesondere die Sommer 2018 und 2019 war auch in Deutschland extrem, mit starker Dürre und Hitze. Mehr als 70 Jahre lang galt der 27.6.1947 mit 38,2 Grad Celsius als wärmster Junitag seit Beginn der Aufzeichnungen, mehrere deutsche Orte haben 2019 diesen Höchstwert eingestellt. Der 25. Juli 2019 gilt mit Temperaturen von vielerorts mehr als 40 Grad als der heißeste jemals gemessene Tag in Deutschland. Auch in den kommenden Tagen wird es heiß. Ist das noch normal?
Hitzewellen in immer kürzeren Abständen
„Monatliche Hitzerekorde auf der ganzen Welt treten heute fünfmal häufiger auf, als es bei einem stabilen Klima der Fall wäre“, schrieb Stefan Rahmstorf, Co-Leiter der Abteilung Erdsystemanalyse, zur den Temperaturrekorden im Sommer 2019. Das bedeutet, Hitzewellen nehmen zu und treten in kürzeren Abständen auf. Die heißesten jemals in Europa gemessenen Sommertemperaturen gab es alle in diesem Jahrhundert, 2018 löste den noch jungen Rekord von 2016 ab. Und so geht es seitdem weiter. Die höchste jemals gemessene Temperatur in Europa wurde 2021 in Syrakus in Italien festgestellt, mit unglaublichen 48,8 Grad Celsius. Parallel dazu erwärmt sich die globale Temperatur im Jahresmittel. Schon wieder ein Rekord: 2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Weltwetterorganisation geht davon aus, dass auch diese Höchstmarke sehr kurzlebig sein wird: Mindestens eines der kommenden Jahre wird mit hoher Wahrscheinlichkeit wärmer sein.
So erschütternd die Entwicklung ist, so wenig überrascht sie die Expert:innen: „Diese Zunahme der Hitzeextreme entspricht genau dem, was von der Klimawissenschaft als eine Folge der globalen Erwärmung vorhergesagt wurde“, betont Rahmstorf.
Wie hängen Hitzewellen mit der Erderhitzung zusammen?
Durch die Erderhitzung verändert sich die atmosphärische Zirkulation, und das hat schwerwiegende Folgen. Vielen ist der Fachausdruck "Jetstream" mittlerweile ein Begriff. Kurz gesagt: Der Jetstream ist ein Starkwindband in etwa zehn Kilometern Höhe, das über die Nordhalbkugel wandert, in Europa von Westen nach Osten. Der „Motor“ ist der Temperaturunterschied zwischen Tropen und Arktis. Weil sich der Nordpol aber infolge der Klimakrise erwärmt, wird dieses Muster gestört: Der Jetstream wird langsamer. „Dies begünstigt das Entstehen von heißen und trockenen Bedingungen auf dem Kontinent – aus ein paar warmen sonnigen Tagen können so gefährliche Hitzewellen werden“, sagt Rahmstorfs Kollege Dim Coumou.
Hitze gefährdet Leben
Länder wie Indien treffen Hitzewellen härter als uns: Dort wurden bereits Temperaturen von 50 Grad Celsius gemessen. Große Teile der Bevölkerung haben nicht einmal Zugang zu sauberem Trinkwasser. Doch auch 40 Grad, wie sie auch in Deutschland zu erwarten sind, sind keineswegs ungefährlich. „Hitzewellen können eine Gesellschaft hart treffen, etwa indem sie zu zusätzlichen Todesfällen in gefährdeten Gruppen wie bei alten Menschen und Kindern führen“, schreibt Rahmstorf. Eine vor Kurzem veröffentlichte Studie des Umweltbundesamtes nennt konkrete Zahlen: In den Sommern 2023 und 2024 gab es jeweils etwa 3.000 hitzebedingte Todesfälle in Deutschland. Betroffen waren vor allem Menschen über 75 Jahren mit Vorerkrankungen. Aber auch Schwangere sind durch extreme Hitze zunehmend gefährdet.
Zu den Risiken von Hitzewellen hat die Deutsche Umwelthilfe kürzlich ihren zweiten Städtecheck veröffentlicht: Mehr als 12 Millionen Menschen in 190 deutschen Städten mit über 50.000 Einwohner:innen sind laut der DUH an ihrem Wohnort extremer Sommerhitze ausgesetzt. Von den untersuchten Städten erhielten 31 eine rote, 131 eine gelbe und nur 28 eine grüne Karte; Spitzenreiter der Belastung sind Mannheim, Ludwigshafen und Worms mit bis zu 91 % der Einwohner:innen in stark belasteten Gebieten.
Hitze und Trockenheit können regional mitunter zu Wasserknappheit und Ernteverlusten führen. Eine weitere dramatische Zunahme wetterbedingter Extremereignisse infolge der menschengemachten Klimakrise lässt sich nur verhindern, wenn wir CO2-neutral wirtschaften. Oder kürzer: Raus aus fossilen Energien – und raus aus dem Verbrennungsmotor. So schnell es geht.