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Greenpeace startet die Protest-Tour "Zeitbombe CO2-Endlager" in Neutrebbin/Brandenburg.Juni 2010
Gordon Welters / Greenpeace

Klimakollaps: Nehmen Wetterextreme zu?

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Online-Redaktion: Wir erleben im Moment weltweit Extremwetterereignisse. Hat das mit dem Klimawandel zu tun?

Karsten Smid: Die extreme Dürre und Hitzwelle in Russland, die verheerende Brände auslöst, Starkniederschläge mit gewaltigen Überschwemmungen in Pakistan, Indien und China, auch im Dreiländereck Deutschland, Polen und Tschechien heftige Regenfälle und Überschwemmungen. Eine Zunahme von Extremereignissen ist genau das, was uns die Klimawissenschaftler immer vorhergesagt haben.

Online-Redaktion: Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen den aktuellen Katastrophenmeldungen und der Klimaerwärmung?

Karsten Smid: Ein Einzelereignis kann niemals einen Beweis für die Klimaerwärmung liefern. Extremwetterereignisse werden aber in Folge des Klimawandels häufiger und heftiger auftreten. Die aktuellen Extremwetterereignisse sind ein Vorgeschmack dessen, was wir in Folge der Klimaerwärmung zukünftig zu erwarten haben. Die Klimaerwärmung geht mit einer Häufung von extremen Wettereignissen einher.

Online-Redaktion: Gehört dazu auch die extreme Hitze in Russland, rund um Moskau?

Karsten Smid: In Moskau war es der heißeste Juli seit 130 Jahren. Die Temperaturen stiegen auf bis zu 40-Grad-Celsius. Das hat es nach Angaben des Wetterdienstes seit Beginn der Wetterbeobachtung in Moskau noch nicht gegeben. Durch die wochenlange Trockenheit fingen die Wälder rund um Moskau Feuer und brennen wie Zunder. Die Glut der Feuersbrunst hat sich tief in die Torfböden eingefressen, so dass sich die Lage so schnell nicht entspannen wird. Der beißende Rauch des Smogs hat ganz Moskau eingehüllt.

Bei den Bränden entstehen große Mengen Kohlendioxid, Methan und Stickoxide. Bei Torfbränden werden noch weitaus höhere Mengen an Treibhausgasen frei, als bei Waldbränden, da sich im Torf über Jahrtausende Biomasse, und damit Kohlenstoff, angesammelt hat. Das heizt den Treibhauseffekt weiter an. Verstärkt wurde der Effekt natürlich durch die Trockenlegung der Moore und der Auflösung der russischen Naturschutzbehörde.

Online-Redaktion: Wie hängt die extreme Hitze in Moskau mit den Regenfällen in Sachsen zusammen?

Karsten Smid: Bei dem extremen Hoch über Russland muss es auch irgendwo ein Tief geben. Dieses Tiefdruckgebiet liegt gerade über Sachsen.

Online-Redaktion: In Sachsen spricht man schon wieder von einer Jahrhundertflut?

Karsten Smid: Das war ein Sturzregen, der lokal zu enorme Niederschlagsmengen geführt hat. Allein in Neukirchen in Sachsen fielen 160 Liter pro Quadratmeter. Die Pegel der Flüsse sind rasend schnell angestiegen. Kleine Bäche wurden plötzlich zum reißenden Strom. Eine Jahrhundertflut, so sagt es dass Wort ja schon, ist ein Ereignis, dass einmal in hundert Jahren auftritt. Nach dem Oderhochwasser 1997, der Jahrhundertflut 2002 in Sachsen ist das jetzt nach 8 Jahren schon wieder ein Extremereignis, wenn auch sicher lokal begrenzter. Eines ist aber klar: Die Häufigkeit und Intensität von solchen Niederschlagsereignissen nimmt mit der Klimaerwärmung zu.

Online-Redaktion: Woran liegt das?

Karsten Smid: Mit der Erwärmung steigt die Intensität des Verdunstungskreislaufs. Warme Meere führen dazu, dass sich die Wolken richtig mit Wasser vollsaugen können. Diese regnen dann über dem Festland ab. Der verstärkte Verdunstungskreislauf führt zu höheren Regenmengen und stärkeren Regenfällen an Land.

Online-Redaktion: Gilt das auch für die Monsun-Regenfälle, die in Pakistan gewütet haben?

Karsten Smid: Ja. Während der Monsun im Sommer Wassermassen bringt, leidet Pakistan den Rest des Jahres unter Wasserknappheit. Vor allem die Landwirtschaft ist auf die Bewässerung aus Flüssen angewiesen, die Menschen bauen ihre Häuser daher meist in Flussnähe. Regenfälle wie derzeit in Pakistan hat es nach Angaben von Meteorologen seit 80 Jahren in diesem Teil der Welt nicht mehr gegeben.

Die gigantische Wassermassen bedrohen nach Schätzungen der Vereinten Nationen mehr als 4,5 Millionen Menschen. Brücken sind eingestürzt, Dörfer wurden von den Fluten fortgerissen. Über 1.600 Menschen sind bei der schlimmsten Flutkatastrophe in der Geschichte des Landes bereits ums Leben gekommen. Während die Flut in der am schwersten betroffenen Provinz Khyber-Phaktunkhwa im Nordwesten des Landes vorerst ihren Höhepunkt erreicht hat, fließen die Wassermassen zur Zeit Richtung Süden ab. So ist fast das ganze Land betroffen.

Online-Redaktion: Hat das auch ökonomische Auswirkungen?

Karsten Smid: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schlägt Alarm und warnt vor den ökonomischen Folgen. Extreme Klimaereignisse können enorme volkswirtschaftliche Schäden verursachen. An den Rohstoffbörsen steigt der Preis für Weizen. Erwartet werden massive Ernteeinbußen durch anhaltende Trockenheit in Russland und Kasachstan. Auf Grund der zu erwartenden Ernteausfälle mussten die weltweiten Weizenlagerbestände bereits nach unten korrigiert werden.

Online-Redaktion: Ist das ein Denkzettel für den gescheiterten Klimagipfel in Kopenhagen?

Karsten Smid: An höhere Mächte glaube ich nicht. Aber die Politik muss erkennen, dass ein ambitioniertes Klimaabkommen so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden muss. Es ist sinnvoller jetzt Geld für wirklichen ehrlichen Klimaschutz zu investieren, als in Zukunft immer wieder für die Folgen von Klimaextremen zahlen zu müssen. Die Politik muss verstehen, dass solche Extremereignisse auch in Zukunft technisch nicht beherrschbar sein werden. Verstärkter Klimaschutz und Investitionen in Erneuerbare Energien zahlen sich langfristig aus. Wir müssen es aber heute tun, damit wir in den kommenden Jahrzehnten etwas bewirken.

Verbraucherratgeber: So retten wir das Klima | PDF 1,8 MB

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