
Gizem Akhan: Geburtstag im Gefängnis
- Hintergrund
Ihren 25. Geburtstag am 4. November verbrachte Gizem in einer Zelle in einem Gefängnis in Murmansk. Über 3500 Kilometer weiter südlich trafen sich einen Tag zuvor Greenpeace-Aktivisten, Freunde und Familienangehörige von Gizem, um am Bosporus ein Zeichen für ihre Freilassung zu setzen. In einem Schlauchboot umkreisten sie den Leanderturm, ein Wahrzeichen Istanbuls. Auf einem ihrer Banner stand: "Wir sind bei dir an deinem Geburtstag!"
Gizems Mama Tülay richtete sich mit einer persönlichen Nachricht an ihre Tochter: "Meine liebe Tochter, ich hoffe, die Liebe in deinem Herzen und dein Temperament werden niemals erlöschen. Mögen deine Begeisterung und deine Energie nie schwinden und dein Lächeln nie aufhören. […] Wir hoffen, dass dir noch viele glückliche, gesunde und freie Jahre bevorstehen. Wir lieben dich. Die Stärke, die du während der 46 Tage deiner Inhaftierung bewiesen hat, ist inspirierend."
Engagiert von klein auf
Gizem stammt aus der Türkei. Sie wünscht sich nichts mehr als ein Leben, das respektvoll mit der Natur umgeht und nach diesem Grundsatz lebt sie auch. Als Jugendliche hat sie Kleidung und Bücher für Kinder armer Familien gesammelt. Mit 18 Jahren besuchte sie das erste Mal mit ihrem Vater das Greenpeace-Büro in Istanbul. Seitdem engagiert sie sich und hat als ehrenamtliche Aktivistin schon viele Greenpeace-Kampagnen unterstützt.
Gemeinsam mit ihrer Katze Momo lebt Gizem auf Heybeliada, einer Insel vor der Küste Istanbuls. Dort findet sie die Ruhe, die im hektischen Treiben der Metropole schwer zu finden ist.
Ihr Studium der Internationalen Finanzen gab Gizem vor einiger Zeit auf und sattelte stattdessen auf Gastronomie um. Ihre Spezialität sind Desserts, sehr zur Freude des Greenpeace-Büros in Istanbul: Wenn Gizem dort vorbeischaut, bringt sie oft frischgebackenen Käsekuchen mit. Und auch an Bord der Arctic Sunrise griff sie dem Schiffskoch als Assistentin unter die Arme.
"Jede Sekunde Gefängnis ist eine Sekunde zu viel"
Lange war eine Heimkehr von Gizem und den anderen Arctic 30 in ihre Heimatländer nicht absehbar. Drei Monate lang drohten ihnen lange Haftstrafen. "Gizem und die übrigen Arctic 30 werden festgehalten, weil sie gegen Ölbohrungen in der Arktis protestiert haben", so Emel Türker, ein Freund Gizems. "Sie haben im Sinne der gefährdeten Arktis gehandelt und nichts falsch gemacht. Im Übrigen setzten sie sich für die Zukunft von uns allen ein." "Gizem verdient es nicht, hinter Gittern zu sitzen, sie sollte bei ihrer Familie und ihren Freunden sein", betont Mutter Tülay. "Jede Sekunde, die für friedlichen Protest im Gefängnis verbracht werden muss, ist eine Sekunde zu viel."
Am 21. November wurde Gizem von einem Gericht in St. Petersburg die Freilassung auf Kaution gewährt und einen Tag später verließ sie das Gefängnis. Einen Monat später beschloss die Duma die Amnestie. Und so verließ Gizem Russland am 27. Dezember.
Zum Weiterlesen:
Die Chronologie der Arctic 30