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Luftbild: Mineralöl-Hochtanklager in Duisburg
© euroluftbild.de / ZB / pa / dpa

Tanquid-Deal muss auf den Prüfstand

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Kritische Infrastruktur darf nicht in die falschen Hände gelangen – darum heißt sie so. Doch bei deutschen Ölspeichern bahnt sich gerade ein gefährliches Geschäft an.

Der Tanklagerbetreiber Tanquid ist vermutlich den wenigsten ein Begriff: Das Unternehmen mit Sitz in Duisburg hat 15 Standorte in Deutschland und ein Tanklager in Polen; hier lagern Öl und chemische Produkte zum Vertrieb in ganz Europa. Insgesamt fassen die Tanks der Firma rund 3 Millionen Kubikmeter – das wäre ein Würfel mit einer Kantenlänge von 144 Metern. Damit ist Tanquid der größte nichtstaatliche Betreiber derartiger Anlagen in Deutschland. Noch gehört das Unternehmen der australischen Investmentgesellschaft Macquarie Group Limited. Das soll sich ändern – und der Verkauf ist brisant.

Activists Stand in Solidarity at ET's Subsidiary Sunoco in Amsterdam

Tanklager von Sunoco in Amsterdam.

Als Interessent hat sich das Ölunternehmen Sunoco in Stellung gebracht, ein Tochterunternehmen des US-amerikanischen Energiekonzerns Energy Transfer. Das ist wiederum deutlich mehr Menschen bekannt: nicht zuletzt, da das Unternehmen Greenpeace USA und Greenpeace International auf hunderte Millionen Dollar Schadensersatz verklagt hat – im Zuge einer Einschüchterungsklage, die im Zusammenhang mit dem Protest Indigener gegen eine Öl-Pipeline in South Dakota steht. 

Mit SLAPP-Klagen versucht Energy Transfer, Umweltschutzorganisationen mundtot zu machen. Im April 2024 hat die EU eine Anti-SLAPP-Richtlinie verabschiedet, um zivilgesellschaftliche Akteure besser vor missbräuchlichen Klagen zu schützen. Greenpeace International macht die neue Richtlinie bereits im Rechtsstreit gegen Energy Transfer vor einem niederländischen Gericht geltend.

Energy-Transfer-Gründer und -CEO Kelcy Warren war ein Großspender für beide Präsidentschaftswahlkämpfe von Donald Trump, verbunden mit massiver politischer Einflussnahme in den USA. Als Chef eines fossilen Großunternehmens nimmt er Umweltzerstörung in Kauf, um fossile Profite zu sichern – nicht nur im Fall der Dakota-Access-Pipelines

Was macht den Deal so gefährlich? 

Öltanklager sind nach wie vor ein zentraler Teil der deutschen Energieinfrastruktur. Dieser Wirtschaftszweig soll nun an ein Unternehmen mit katastrophaler ökologischer Bilanz verkauft werden. Sunoco LP gilt als Unternehmen mit schwerwiegendem Nachhaltigkeitsrisiko, das belegt etwa eine Analyse der ESG-Ratingagentur Sustainalytics (ESG steht für “ Environmental, Social, and Governance”, eine international vereinbarte Reihe von Kriterien in Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Sozialfragen). Besonders im Umweltbereich ist das Unternehmen schwach aufgestellt: Der Handel und die Verteilung fossiler Brennstoffe bedeutet an sich bereits ein schlechtes Ranking hinsichtlich Umweltbelastung - doch selbst in der Bezugsgruppe zu anderen petrochemischen Unternehmen schneidet Sunoco außerordentlich schlecht ab. In der Industriesparte “Raffinerien und Pipelines” belegt das Unternehmen Rang 157 von 179 untersuchten Firmen.  

Die Verkaufsgespräche sind also mehr als Branchennews, die ein paar Analyst:innen interessiert. Es geht um die Frage: Darf die Kontrolle über Deutschlands Energiespeicher in solche Hände geraten? 

Portrait of Nina Noelle
Der Verkauf ist kein privatwirtschaftlicher Routinefall – er ist ein sicherheitspolitischer Stresstest für die Bundesregierung. Wenn wir demokratische Kontrolle über kritische Infrastruktur ernst nehmen wollen, muss dieser Deal gestoppt werden. Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, solche Investitionen zu prüfen - – jetzt muss sie liefern.

Nina Noelle

Greenpeace-Sprecherin

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Der Verkauf ist kein privatwirtschaftlicher Routinefall – er ist ein sicherheitspolitischer Stresstest für die Bundesregierung. Wenn wir demokratische Kontrolle über kritische Infrastruktur ernst nehmen wollen, muss dieser Deal gestoppt werden. Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, solche Investitionen zu prüfen - – jetzt muss sie liefern.
Zitatinhaber, Vorname Nachname
Nina Noelle
Position des Zitatinhabers
Greenpeace-Sprecherin
Kreisförmiges Bild
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Besonders bedenklich bei der Übernahme: Sunoco ist nun einmal kein passiver Investor, sondern selbst ein großer Name im Ölgeschäft – und hat gar kein Interesse an einem schnellen Ausstieg aus fossilen Energien. 

Die Kleine Anfrage der Grünen – und die Antwort

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat die Bundesregierung in einer detaillierten Kleinen Anfrage (Drucksache 21/746) zum geplanten Verkauf befragt. Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen:

  • Welche Bedeutung TanQuid für die Versorgungssicherheit hat
  • Welche Risiken mit der Eigentümerstruktur von Sunoco/Energy Transfer verbunden sind.
  • Ob Investitionsprüfungen greifen und ob die Bundesregierung gewillt ist, ein Veto einzulegen.

Aus der Antwort geht hervor, dass die Bundesregierung eine Investitionsprüfung als wirksames Instrument erachtet, um deutsche und europäische Sicherheitsinteressen zu gewährleisten. Gleichzeitig vermeidet sie es, zu mehreren Schlüsselfragen Stellung zu nehmen, und beruft sich auf Vertraulichkeit – angesichts der Bedeutung der betreffenden Infrastruktur ist diese Haltung schwer zu rechtfertigen. „Wenn die Regierung selbst sagt, dass die TanQuid-Tanklager zur kritischen Infrastruktur gehören, dann muss sie jetzt auch konsequent handeln”, sagt Nina Noelle. “Es braucht eine offizielle Investitionsprüfung – und zwar offen und transparent.“

Kritische Infrastruktur ist nicht verhandelbar

Zu „kritischen Infrastrukturen“ (KRITIS) gehören etwa Stromnetze, Wasserversorgung, Gesundheitswesen – und eben auch Energiespeicher. Ein Staat muss sich darauf verlassen können, dass diese Strukturen verlässlich, transparent und demokratisch kontrolliert sind, gerade auch bei Konflikten mit anderen Ländern. Bei einem Verkauf an ein Unternehmen wie Energy Transfer wäre das nicht länger gewährleistet. Die Bundesregierung hat laut Außenwirtschaftsverordnung die Pflicht, ausländische Investitionen in kritische Infrastruktur zu prüfen – und kann sie notfalls untersagen. Von diesem Recht muss sie nun Gebrauch machen.

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