
Die Arctic 30
Verhaftung war willkürlich
2013 werden 28 Greenpeace-Aktivist:innen und zwei freie Journalisten für ihren friedlichen Protest gegen Ölbohrungen vor der Küste Russlands wochenlang inhaftiert. "Zu unrecht", urteilt die EU jetzt.
- Hintergrund
“Willkürlich” sei sie gewesen, die Festnahme der “Arctic 30”. So lautet das Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte am 27. Juni 2023. In Den Haag verkünden die Richter:innen im langjährigen Fall Arctic 30 gegen Russland außerdem, dass die russischen Behörden das Recht auf freie Meinungsäußerung der 28 Greenpeace-Aktivist:innen und zwei freiberuflichen Journalisten verletzt haben.

„In einer Zeit, in der Behörden in vielen Staaten bisher beispiellose harte Maßnahmen gegen Klimaaktivisten ergreifen, sendet der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein klares Signal an die europäischen Staaten: Die Umwelt ist schützenswert. Sich dafür einzusetzten ist ein Recht der Menschen, das gestärkt werden muss.“
Durch den Klimawandel weicht das Eis auf dem Polarmeer rapide zurück und gibt Seewege frei, die bisher nahezu unpassierbar waren. Ölfirmen wie Gazprom machen sich dies zunutze, um immer weiter nach Norden vorzudringen. Für die Förderung des Rohstoffs, der für die globale Erwärmung mitverantwortlich ist, gefährden sie das fragile Ökosystem der Arktis und die dort lebenden Tierarten.
Im Herbst 2013 wollten Umweltschützer:innen von Greenpeace dagegen protestieren. Die friedliche Aktion der Arktisschützer:innen wurde von der russischen Küstenwache gewaltsam beendet, zwei Aktivist:innen verhaftet. Einen Tag später enterte der russische Inlandsgeheimdienst die Arctic Sunrise in internationalen Gewässern, beschlagnahmte das Schiff und verhaftete den Rest der Crew. Zwei Monate saßen die 30 Frauen und Männer in russischen Haftanstalten, zunächst in der arktischen Stadt Murmansk und später in St. Petersburg, bevor sie Ende November auf Kaution entlassen wurden.
Die Anklage lautete zunächst auf Piraterie und wurde dann wegen Rowdytums erhoben. Für ihren Mut und ihr Engagement drohten den Arctic 30 viele Jahre Haft. Am 18. Dezember, genau drei Monate nach der Festnahme, beschloss die Duma eine weitreichende Amnestie, die auch die Umweltschützer:innen einschloss. Bis Weihnachten waren alle Aktivist:innen wieder bei ihren Familien. In der gesamten von Unsicherheit geprägten und beängstigenden Zeit der Haft wurden die Aktivist:innen nicht müde, die Rettung der Arktis zu fordern.

„Dieses Urteil kommt im richtigen Moment: die Klimakrise wird immer sichtbarer. Überall erheben sich Menschen zum Widerstand gegen die fossile Brennstoffindustrie, die uns tiefer in die Klimakrise treibt und weltweit Tod, Zerstörung und Vertreibung verursacht. Das Gericht hat erkannt, dass Klimaaktivismus notwendig ist, um alles zu schützen, was uns am Herzen liegt, und erklärt, es sei „eine Meinungsäußerung zu einer Angelegenheit von erheblichem gesellschaftlichem Interesse“. Gerichte und Regierungen müssen Mensch und Natur verteidigen, nicht große Umweltverschmutzer.“