Der Bürgerkrieg im Sudan im Kontext: Umwelt, Macht und Politik
- Ein Artikel von Agneta Melzer & Fawad Durrani
- Hintergrund
Die humanitäre Krise im Sudan ist gigantisch. Dennoch erhält sie im Vergleich zu anderen Konflikten weltweit nur einen Bruchteil der globalen Aufmerksamkeit. Warum sich das ändern sollte.
Der Konflikt im Sudan hat Millionen Menschen in eine humanitäre Krise gestürzt, die von Vertreibung, Hunger und Unsicherheit geprägt ist. Die Klimakrise verschärft die bestehenden Spannungen zwischen den Menschen zusätzlich. Während sich die Gewalt weiter ausbreitet, tragen die Zivilist:innen die schwerste Last.
Der Sudan steht derzeit an der Spitze der Liste der Länder mit der weltweit höchsten Zahl von Menschen, die durch Gewalt und Konflikte vertrieben wurden. Im Vergleich zu der schrecklichen Lage in der Ukraine und im Gazastreifen hat die seit 2023 andauernde humanitäre Katastrophe im Sudan jedoch kaum oder gar keine weltweite Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erhalten.
Der anhaltende Bürgerkrieg zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) hat schätzungsweise 150.000 Menschenleben gefordert und fast 14 Millionen Menschen vertrieben, von denen über 4,34 Millionen in Nachbarländer, vor allem Ägypten, den Südsudan und den Tschad, geflohen sind. Fast die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung ist derzeit von schwerer bis katastrophaler Ernährungsunsicherheit betroffen.
Waffenstillstände sind wiederholt gescheitert, wodurch Zivilist:innen Gewalt und humanitären Notlagen ausgesetzt sind.
Auswirkungen des Krieges im Sudan auf die Umwelt
Dass der Krieg im Sudan weltweit nicht genügend Beachtung findet, gilt umso mehr für seine ökologischen Folgen. Diese sind jedoch, wie in jedem Krieg, verheerend. Die britische Nichtregierungsorganisation Conflict and Environment Observatory (CEOBS) beobachtet die Auswirkungen und hat beispielsweise festgestellt, dass der Konflikt zu verstärkter Waldzerstörung und Umweltverschmutzung durch beschädigte Industrie- und Energieinfrastrukturen führt.
Ein Grund dafür ist, dass Anlagen wie Ölraffinerien und Industriebetriebe beschädigt sind. Große Ölbrände haben die Luftqualität verschlechtert und gefährliche Gase und Schadstoffe freigesetzt, die sowohl die Umwelt als auch die Bevölkerung schädigen.
Gibt es Klimakriege?
Obwohl häufig von „Klimakriegen“ die Rede ist, gibt es weder empirische noch theoretische Belege dafür, dass die Klimakrise zwangsläufig zu bewaffneten Konflikten führt. Klar ist: Umweltbelastungen wie Dürren oder Ressourcenknappheit können Spannungen verschärfen. Ob diese dann aber auch zu Gewalt führen, hängt von weiteren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Faktoren ab.
Die Wurzeln des Bürgerkriegs im Sudan
Der Bürgerkrieg in Darfur, der zwischen 2004 und dem Friedensabkommen vom August 2020 mit unterschiedlicher Intensität geführt wurde, dauert bis heute an. Er hat sich jedoch zu einem verheerenden, landesweiten Bürgerkrieg entwickelt.
Die Ursache der Gewalt ist komplex. Dürren und Wasserknappheit erzeugen Spannungen zwischen nomadischen Hirten und sesshaften Bauern. Darüber hinaus verschärfen wirtschaftliche Stagnation, politische Marginalisierung und die Ambitionen von Militärführern, die als „Unternehmer der Gewalt” agieren, die langjährigen ethnischen und religiösen Spannungen zwischen arabischen und nicht-arabischen Gemeinschaften.
Das Eingreifen anderer Länder spitzte die Lage weiter zu. Ägypten und Saudi-Arabien sind auf Seiten der SAF, wobei Ägypten sich auf die Stabilität des Sudan und die Sicherheit des Nils konzentriert und Saudi-Arabien den Sudan als strategischen Verbündeten gegen den Einfluss des Iran betrachtet. Im Gegensatz dazu werden die RSF von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt, die im Einklang mit ihren regionalen Ambitionen finanzielle und militärische Hilfe leisten. Auch Russland liefert Waffen und Beratung, um seinen Einfluss in Afrika auszubauen und der Präsenz des Westens entgegenzuwirken.
Faktor Gold
Ein weiterer Faktor ist Kontrolle über wertvolle Ressourcen wie Gold, das nach der Unabhängigkeit des Südsudans im Jahr 2011 Öl als wichtigstes Exportgut abgelöst hat. Die Kontrolle über die Goldminen liefert die finanziellen Mittel, um Waffen zu finanzieren und die langwierigen Kämpfe aufrechtzuerhalten.
Auch dies hat wiederum Auswirkungen auf die Umwelt. Bereits vor dem Konflikt waren Probleme, die mit dem Goldabbau einhergehen, wie Bodendegradation, hohe Erosions- und Verschlammungsraten sowie Kontamination durch Zyanid und Quecksilber, im ganzen Land verbreitet. Jetzt werden die Ressourcen noch stärker ausgebeutet,während die Einhaltung von Regeln zum Umweltschutz noch unwahrscheinlicher geworden ist.
„Der Sudan erleidet eine verheerende humanitäre Krise, in der gewalttätige Konflikte Menschenleben kosten, Millionen Menschen vertreiben, Lebensgrundlagen zerstören und den Hunger verschärfen, während klimatische Belastungen das Leid noch vervielfachen“, sagt Fawad Durrani, Experte für Flucht und Migration bei Greenpeace. „Die internationale Gemeinschaft und die Politik müssen dringend Verantwortung übernehmen und Hilfe und Schutz für die Menschen sicherstellen.”