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Ein LKW transportiert frisch geschlagenes Holz auf einer Straße, rechts gesäumt von Regenwald, links von kahlgeschlagener Landschaft
Daniel Beltrá / Greenpeace

Schutz von Amazonas-Gebieten in Brasilien nur eine Farce

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Der Amazonas steht für Klimaschutz und Artenvielfalt – Brasiliens Regierung kümmert das kaum. Der Schutzstatus für Tausende Quadratkilometer Amazonas-Urwald ist deshalb ungewiss.

Eigentlich klingt es wie eine gute Nachricht: Brasiliens Präsident Michel Temer legt Veto ein gegen zwei Gesetzesvorlagen, die den Schutzstatus von 6000 Quadratkilometern Amazonas-Urwald aufheben würden – eine Fläche achtmal so groß wie die der Hansestadt Hamburg. Mit seinem Widerspruch möchte sich der unter Korruptionsverdacht stehende Präsident wohl als Klimaschützer und Urwaldretter präsentieren. Ein durchschaubarer Schachzug.

Denn es ist zu befürchten, dass die blockierten Gesetzestexte bloß den Weg frei machen sollen für einen neuen, noch verheerenderen Erlass. Dieser soll die Ausbeutung von Schutzgebieten, zum Beispiel im Nationalpark Jamanxim im nordbrasilianischen Bundesstaat Pará endgültig legalisieren.

Wirtschaftliche Interessen – brutal durchgesetzt

Zudem können trotz Temers Veto entsprechende Gesetzesvorlagen den Schutzstatus von Urwaldflächen verändern: Der Weg würde frei für die Expansion der Agrarwirtschaft, den Abbau von Rohstoffen und die Ansiedlung von Energieunternehmen in Gebieten mitten im Amazonas-Urwald. Es ist die Heimat vieler Menschen, zahlloser Pflanzen- und Tierarten, Speicher für 175 Milliarden Tonnen Kohlenstoff – und deshalb unentbehrlich für den Klimaschutz.

Doch wer gegen die Interessen der mächtigen Wirtschaftslobbys kämpft oder schlicht im Weg ist, dem droht Gefahr: In der Vergangenheit wurden Bewohner der Urwaldregion ermordet und misshandelt; der UN-Menschenrechtsrat ist sehr besorgt. Und einige der Gesetzesvorlagen, die im Moment zur Abstimmung im brasilianischen Repräsentantenhaus vorliegen, hätten schockierende Auswirkungen. Eine davon sieht vor, dass die Argarindustrie Arbeiter künftig allein mit Essen und Unterkunft entlohnen darf – sie würde sozusagen moderne Sklaverei legalisieren.

Treiber und Profiteure dieser Missachtungen von Menschenrechten, Klima- und Naturschutz ist die mächtige Agrar-Lobby, die sogenannten „Ruralistas“. Deren Gier nach Profit ebnet zurzeit den politischen und gesetzlichen Weg für eine weitere Expansion ihrer Industrie in bestehende Urwaldgebiete. Dazu trägt auch die Holzmafia indirekt bei, die von der Regierung nur unzureichend bekämpft wird. So ebnet Brasiliens Staatsmacht den Weg für den illegalen Handel mit brasilianischem Holz – und damit für weitere Entwaldung.

Die Bevölkerung protestiert

Dagegen protestierten Aktivisten von Greenpeace Brasilien Mitte Mai mit einer übergroßen Kettensäge vor dem Nationalen Kongress. Auch Mitglieder indigener Völker gingen einige Wochen davor in Brasilia auf die Straße, und mehr als 130 Organisationen wenden sich inzwischen gegen den Einfluss der Agrar-Lobby und die Politik von Brasiliens Präsident Temer.

Der hatte das Veto gegen den Gesetzesentwurf Mitte Juni ausgesprochen, wenige Tage vor seinem Norwegen-Besuch. Norwegen ist der wichtigste Geldgeber für den Amazonas-Schutz. Das Land hatte Brasilien Ziele vorgegeben, um die Entwaldung des Amazonas‘ zu verringern – und damit gedroht, bei Nichterfüllung seine finanzielle Unterstützung zu stoppen. Inzwischen hat Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg bestätigt, dass Oslo seinen Beitrag für den Amazonas-Fonds in diesem Jahr halbieren und nur noch 60 Millionen US-Dollar einzahlen wird – eine erste ernsthafte Warnung.

Und auch die deutsche Bundesregierung fand endlich deutliche Worte. „Wir sehen in den Gesetzestexten besorgniserregende Signale für weitere Entwaldung“, sagte der deutsche Botschafter in Brasilien, Georg Witschel, im Interview mit einer brasilianischen Zeitung. „Natürlich finden diese Gesetzesvorschläge keine positive Resonanz bei Kanzlerin Angela Merkel und den Mitgliedern des Bundestages.“

Gute Ansätze – mangelhafte Ausführung

Dabei pries Brasilien noch bei den Klimaverhandlungen in Marrakesch im vergangenen November seine Errungenschaften im Kampf gegen den Kahlschlag. Und tatsächlich ging die Entwaldung in den vergangenen 15 Jahren zurück – auch durch den kontinuierlichen und hartnäckigen Einsatz von Greenpeace. Dieser zwang Vertreter der Agrarwirtschaft an den Verhandlungstisch; dort stimmten sie einer Landwirtschaft sowie Kontrollmechanismen zu, die den Schutz von Urwaldgebieten garantieren. Vertreter von Soja-Industrie und Politik entfristeten das Soja-Moratorium; das sogenannte Rinderabkommen allerdings steht zurzeit durch einen großen Korruptionsskandal auf der Kippe.

Was jedoch vor allem fehlt, sind stärkere Initiativen der Regierung. Sie muss die Abkommen per Gesetz verankern und im ländlichen Raum durchsetzen. „Brasiliens Regierung muss der Agrar-Lobby im Sinne der Weltgemeinschaft sowie des Urwald- und Klimaschutzes Einhalt gebieten“, sagt Jannes Stoppel, Greenpeace-Experte für Wald und Klima. „Präsident Temer torpediert die internationalen Klimaschutzbemühungen, er befeuert das weltweite Artensterben und nimmt keinerlei Rücksicht auf die indigene Bevölkerung. Es ist höchste Zeit, dass Brasilien, das Land mit dem wichtigsten Urwald der Erde, seiner globalen Verantwortung nachkommt.“ 

  • In Brasiliens Hauptstadt Brasilia protestieren Mitglieder indigener Völker für den Schutz ihrer Heimat im Amazonas-Gebiet.

    Für Heimatschutz

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  • Greenpeace-Aktivisten in Brasilia, Brasilien, protestieren mit einer riesigen aufblasbaren Kettensägen-Attrappe gegen Holzeinschlag im Amazonas-Gebiet.

    Kettensägen stoppen

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