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Greenpeace und weiter Organisationen übergeben 337.000 Unterschriften gegen CETA an Sigmar Gabriel
Matthias Flieder / Greenpeace

Auseinandersetzung um CETA geht in entscheidende Phase

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Update 13. 10.2016:

Das Bundesverfassungsgericht hat mehrere Eilanträge gegen die vorläufige Anwendung des kanadisch-europäischen Handelsabkommens CETA abgelehnt. Gleichzeitig macht das Gericht der Bundesregierung strenge Auflagen. Unter anderem muss Deutschland sicherstellen, dass der CETA-Hauptausschuss keine Beschlüsse ohne Zustimmung durch das Parlament trifft. Auch muss Deutschland einseitig aus der vorläufigen Anwendung aussteigen können. Diese Möglichkeit sicherte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in der Verhandlung zu. 

Trotz der Ablehnung der Anträge ist dies ein wichtiger Etappensieg für CETA-Kritiker:innen. Das Urteil stärkt endlich die Beteiligung der nationalen Parlamente. 

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Heißer kann die Phase wohl kaum noch werden: Am 27. Oktober wollen die EU-Kommission und die kanadischen Verhandlungsführer das Handelsabkommen CETA unterzeichnen. Doch bis dahin geht’s rund. Davon, dass das Abkommen vor ein paar Monaten noch als unterschriftsreif galt, ist nicht mehr viel zu spüren.

Befeuert wird dieses Gefühl auch von dem Präsent, das Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) heute von Greenpeace, BUND, Campact, Mehr Demokratie und Foodwatch erhält: Rund 337.000 Unterschriften gegen CETA – ein üppiges Veto, das ihn kaum erfreuen wird. Anlass ist die anstehende Entscheidung des Bundeskabinetts zu dem europäisch-kanadischen Handelsabkommen, die die deutsche Position in der EU festlegen wird. Die Botschaft der Unterzeichnenden: CETA darf nicht in Kraft treten. Dabei versucht Gabriel, gerade das mit einem Taschenspielertrick doch noch zu ermöglichen. Sein Credo für die Kritik, das Abkommen erst einmal zu unterzeichnen und dann nachzubessern, verliert aber derzeit massiv an Glaubwürdigkeit.

CETA-Rettungsversuch der EU-Kommission

Denn die EU-Kommission hat vergangene Woche aufgrund des anhaltenden Protests gegen CETA Zusatzprotokolle veröffentlicht, die den eigentlichen Vertragstext ergänzen und die Bedenken aufnehmen sollen. Der Text sei substanzlos und rechtlich in keinster Weise bindend, so die Kritik. CETA ermögliche weiterhin, völkerrechtlich verbindliche Regeln zu erlassen, ohne nationale Parlamente und Regierungen beteiligen zu müssen.

Ebenso wäre das Sonderklagerecht der Konzerne unangetastet, während Arbeitnehmerrechte sowie Umwelt- und Sozialstandards nicht einklagbar wären. Das in Europa geltende Vorsorgeprinzip zum Schutz von Verbrauchern und Umwelt bleibt auch nach wie vor unerwähnt. 

Die Kommission saß nach, um mit einer Überarbeitung CETA doch noch salonfähig zu bekommen. Erwähnenswertes ist dabei allerdings nicht herausgekommen. Viel Zeit für weitere Überzeugungsarbeit hat die Kommission jedenfalls nicht. Bereits heute setzen die ständigen Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten den ersten von drei Meilensteinen für die Vertragsunterzeichnung Ende des Monats. Ihr Votum gilt als wegweisend, auch wenn die Handelsminister eine Woche später durchaus noch anders über den Vertragsabschluss urteilen können.

Zwingt eine Verfassungsbeschwerde CETA in die Knie?

Verweigert nur ein EU-Mitgliedsstaat die Zustimmung, darf die EU das Abkommen nicht unterzeichnen. Das wäre dann erst einmal das Aus für CETA. Darauf baut auch eine Klage, die ab heute das Bundesverfassungsgericht beschäftigen wird. Ein Bündnis bestehend aus Campact, Mehr Demokratie,Foodwatch, der Bundestagsfraktion der Linkspartei sowie mehr als 125.000 Bürgern hatte in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde eingereicht, weil CETA in mehreren Punkten gegen das Grundgesetz verstoßen würde. Bekommen die Kläger Recht, darf Deutschland CETA nicht zustimmen.

Schlecht für die Publicity derartiger Handelsabkommen ist auch der Prozess, den Vattenfall gerade gegen Deutschland vor einem Sondergericht in Washington führt. Der schwedische Energiekonzern verklagt die Bundesregierung auf 4,7 Milliarden Euro Schadensersatz, weil ihm durch den Atomausstieg erwartete Gewinne entgangen seien. Ein Paradebeispiel dafür, was die Kritiker befürchten: Ein Konzern kann an nationalen Gerichtsbarkeiten vorbei einen Staat verklagen, weil das demokratisch gewählte Parlament eine Maßnahme – den Atomausstieg – zum Schutz der Bevölkerung und Umwelt beschlossen hat.

Mit einem Korb voller “giftiger” Südfrüchte, Schutzanzügen und Gasmasken zeigt ein Greenpeace-Aktivist die Gefahren des Handelsabkommens EU-Mercosur. Der Giftpakt soll europäischen Agro-Chemie-Konzernen ermöglichen, noch mehr gesundheitsschädigende Pestizide in Südamerika zu verkaufen. Mit importiertem Obst wie Papayas oder Melonen landen diese Gifte wiederum bei uns auf den Tellern (03/2023 Wien).
© Mitja Kobal / Greenpeace

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