Habemus spem - wir haben Hoffnung
- Ein Artikel von Elena Boeck
- Hintergrund
Habemus Papam: Wir haben einen neuen Papst. Und alte Sorgen um die Umwelt. Kann das neue Kirchenoberhaupt etwas gegen die sich zuspitzende Klimakrise bewirken? Gedanken der Hoffnung.
Der verstorbene Papst Franziskus stellte in seinem Pontifikat die Barmherzigkeit in den Mittelpunkt und galt als einflussreiche Stimme für sozial-ökologische Transformation. In seiner Enzyklika „Laudato si’" stellt er den Umwelt- und Klimaschutz in den Mittelpunkt. Das hat Millionen Menschen Hoffnung gegeben. Als unkonventioneller Reformer sprach Papst Franziskus sich für Barmherzigkeit statt strenge kirchliche Dogmen aus und lenkte den Blick der Kirche auf die Bewahrung der Natur und des Planeten. Die Abkehr von und das Aufmerksammachen auf die Ausbeutung von Menschen und Umwelt stellte er in den Mittelpunkt seiner Lehre und betonte die konkrete Verantwortung, die damit einhergeht. Gerade auch für die Abwendung der Klimakrise.
Nun ist Robert Francis Prevost der neue Papst, genannt Leo XIV. Seine Wahl gilt als Kompromiss, er wird geschätzt bei progressiven und konservativen Flügeln der Kirche. Er ist der erste US-Amerikaner in diesem Amt und verbrachte in der Vergangenheit viele Jahre in Peru. Wird er die Botschaft von Papst Franziskus weiterentwickeln und für ihre Umsetzung eintreten? Und wie? Die Fussstapfen, in die er tritt, sind jedenfalls gewaltig.
Herausforderungen für Papst Leo XIV
Wenn der Papst diese fünf Punkte verfolgt, kann seine Amtszeit aus sozialökologischer Sicht ein Erfolg werden:
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Klimagerechtigkeit zur kirchlichen Priorität machen
Um hoffnungsvoll auf die Herausforderungen unserer Zeit einzugehen, kann sich die Kirche Fragen sozialer Gerechtigkeit nicht mehr entziehen. Die Rettung unserer Lebensgrundlagen muss zu einer Priorität werden. Daher braucht es ein klares Bekenntnis des neuen Papstes hin zu einer sozial-ökologischen Wende, denn eine gesunde Umwelt ist Grundvoraussetzung für ein menschenwürdiges Leben.
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Globale Ungerechtigkeit benennen – auch politisch
Die globale Ungerechtigkeit, die mit dem Lebensstil der reichen Welt einhergeht, muss benannt werden. Denn unter der Zerstörung der Umwelt leiden überproportional finanzschwächere Länder, denen die Ressourcen fehlen, um der Klimakrise die nötigen Schutzmaßnahmen entgegenzusetzen. In der Verantwortung stehen hier insbesondere die Länder des globalen Nordens. Als Oberhaupt der katholischen Kirche hat Papst Leo XIV die Möglichkeit, diese Ungerechtigkeit zu benennen und mit klaren Forderungen an politische Akteure der Industrienationen zu verknüpfen. Den Weg hat Franziskus ihm bereits geebnet.
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Nächstenliebe statt Konsumkultur
Wie sein Vorgänger auch, sollte Papst Leo XIV ein grundlegendes Umdenken unseres Wirtschaftens und unseres Umgangs mit der Natur fordern und die Ausbeutung von Natur und Menschen anprangern. Glück durch Beziehungen und Natur statt durch Konsum könnte so wieder in den Vordergrund rücken und den Wertekompass vieler Gläubiger neu ausrichten.
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Kirchliches Vermögen sinnvoll einsetzen
Um nicht nur bei Forderungen und anklagenden Worten zu bleiben, sollte sich Papst Leo XIV dafür Einsetzen, dass kirchliches Eigentum verstärkt für soziale Innovationen und ökologische Projekte genutzt wird und so als Leuchtturmprojekte aufzuzeigen, was jetzt schon möglich ist. Auch kirchliche Investitionen sollten konsequent an christlichen Werten und ökologischer Nachhaltigkeit ausgerichtet sein. Ein Ausstieg aus jeglicher Form fossiler Investitionen wäre ein konsequenter Weg.
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Wissenschaft und interreligiösen Dialog weiter stärken
Aufbauend auf Franziskus` Kurs muss die interreligiöse Zusammenarbeit mit dem Schutz unseres Planeten als verbindendes Ziel weiter ausgebaut werden. Das Potenzial von sozial-ökologischer Transformation durch gemeinschaftliche Bemühungen mehrerer Religionsgemeinschaften ist immens. Auch die Nähe der Kirche zur Wissenschaft, die Franziskus immer wieder suchte, ist ein wertvolles Gut im Kampf für unseren Planeten. So ließ sich Franziskus beispielsweise von Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, bei der Erstellung der „Laudato si’“ beraten. Auch zukünftig sollten wissenschaftliche Erkenntnisse stärker im kirchlichen Handeln aufgegriffen werden.
Große Fußstapfen – Das Vermächtnis von Papst Franziskus
Bereits die Ernennung von Papst Franziskus am 13. März 2013 deutete Veränderung an: Er war der erste Jesuit, der zum Papst ernannt wurde und der erste aus Lateinamerika. Mit bürgerlichem Namen hieß er Jorge Mario Bergoglio. Schon dass er “Franziskus” als seinen päpstlichen Namen wählte, war ein Zeichen. Er stellte sein Pontifikat bewusst in die Tradition des heiligen Franz von Assisi, dem Patron der Armen und Beschützer der Tiere und der Natur. Barmherzigkeit wurde zu seinem Leitmotiv. So forderte er 2015 in der UN-Vollversammlung die Staatengemeinschaft zu mehr Einsatz gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur auf und kritisierte mit klaren Worten die „unheilvollen Auswirkungen einer unverantwortlichen Zügellosigkeit der allein von Gewinn- und Machtstreben geleiteten Weltwirtschaft“.
Mit seiner Enzyklika „Laudato si“ wurde die Kirche eine einflussreiche Stimme der sozial-ökologischen Transformation und im Klimadiskurs. Sie richtete sich nicht nur an die Gläubigen, sondern an „alle Menschen guten Willens“. Franziskus rief zum Umdenken auf, wo zuvor Umweltzerstörung mit dem biblischen Gebot „Macht euch die Erde untertan“ gerechtfertigt wurde. Der „Papst der Armen“ verstand die soziale Komponente der Ausbeutung unseres Planeten wie keiner in seinem Amt zuvor und machte in seiner Enzyklika unmissverständlich klar: Der Klimawandel, die Zerstörung der natürlichen Ressourcen und die Ungleichverteilung von Wohlstand können nicht getrennt betrachtet werden. „Wir müssen uns dem Kampf gegen die Armut und dem Schutz der Natur verschreiben und unsere persönlichen und gemeinschaftlichen Gewohnheiten ändern“. Umweltschutz wurde so zur moralischen Pflicht erhoben.
Auch das globale Wirtschaftssystem mit seinem Wachstumszwang kritisierte er in seiner „Laudato si“ und sah in ihm einen Haupttreiber der Umweltzerstörung: „Von da aus gelangt man leicht zur Idee eines unendlichen und grenzenlosen Wachstums, das die Ökonomen, Finanzexperten und Technologen so sehr begeisterte. Dieses Wachstum setzt aber die Lüge bezüglich der unbegrenzten Verfügbarkeit der Güter des Planeten voraus, die dazu führt, ihn bis zur Grenze und darüber hinaus ‚auszupressen‘.“
Trotz der klaren Positionierung von Papst Franziskus hat sich an der globalen Ausbeutung von Mensch und Natur kaum etwas getan. Die Situation ist weiterhin dramatisch. Die Ressourcen unseres Planeten sind nahezu aufgebraucht. Sechs von neun von der Wissenschaft definierten „Planetaren Grenzen“ sind bereits überschritten. Und 2024 lag die globale Erderwärmung erstmalig 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Extremwetterereignisse wie Hitzewellen, Starkregen und Dürren nehmen in vielen Regionen der Welt zu. Die Stimme von Papst Franziskus weiterzutragen und das grüne und soziale Bewusstsein von 1,4 Milliarden Gläubigen zu stärken, wird eine Hauptaufgabe des neuen Papstes Leo XIV sein.
Die katholische Kirche kann mehr sein als eine moralische Instanz. Der Papst hat die Chance, mit klarer Haltung eine Transformation hin zu einer sozial-ökologisch gerechteren Welt mitzugestalten. Eine Aufgabe, die heute dringlicher ist denn je.