Jetzt spenden
AKW in Marcoule
(c) Pierre Gleizes / Greenpeace

Drohnen über Atomkraftwerken

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Über 19 der 24 französischen Atomanlagen kreisen seit Wochen unbehelligt Drohnen – zuletzt über Melox, der größter Plutoniumfabrik des Landes. Der Beleg für mangelnde Sicherheit.

Wie sicher sind deutsche Atomkraftwerke? Diese Frage stellte Greenpeace immer wieder – und kam bereits in einer Studie aus dem Jahr 2010 zu einem vernichtenden Urteil. Ein ebenso hohes Risiko gilt auch für die französischen Anlagen in der Nähe der deutschen Grenze. Die aktuellen Drohnenflüge dort beweisen erneut, wie schlecht Atomkraftwerke gesichert sind. Denn seit dem 14. September gab es bestätigte Flüge über 19 Atomanlagen, den letzten über dem Atomkomplex Marcoule mit der Plutoniumfabrik Melox. Dort werden vor allem die gefährlichen Misch-Oxid- Brennelemente MOX hergestellt, die auch in deutschen Atomkraftwerken eingesetzt werden.

Mangelnde Sicherheit

Der Staatskonzern Electricité de France (EdF) bestätigte Überflüge der Meiler in Le Blayais, Creys-Malville, Bugey, Gravelines, Chooz, Nogent-sur-Seine, Fessenheim, Tricastin, Golfech, Penly, Flamanville, Dampierre, Saint-Laurent-des-Eaux, Belleville, Saint-Alban und der grenznahen Anlagen Fessenheim und Cattenom. Am Abend des 6. November wurde auch die Plutoniumfabrik in Marcoule in der Nähe von Avignon überflogen, die noch wesentlich schlechter als Atommeiler gegen terroristische Angriffe geschützt ist. Eine Erkundungsdrohne könnte sensible Informationen über Fabrikabläufe liefern, die einen Angriff ermöglichen könnten.

Drohnenflüge über Atomanlagen sind gesetzlich verboten. Aber erst Tage nach der Entdeckung stellte der Betreiber EdF Strafanzeige. So konnten die französischen Behörden erst mehr als eineinhalb Monate nach dem ersten Flug erste Verdächtige festnehmen. Drei Personen mit einer Drohne wurden nahe des Atomkraftwerks Belleville-sur-Loire rund 150 Kilometer südlich von Paris aufgegriffen. Nach ersten Erkenntnissen sind sie aber nicht für die anderen unbemannten Überflüge verantwortlich. „Dass nicht identifizierte Drohnen ohne jegliche Reaktion der Behörden über Atomanlagen fliegen können, offenbart große Sicherheitslücken“, sagt Susanne Neubronner, Atomexpertin von Greenpeace.

„Frankreichs Behörden wissen seit Jahrzehnten, dass ihre Atomanlagen äußerst anfällig für Terrorangriffe sind. Ein Unfall oder ein vorsätzlicher Angriff auf Cattenom oder Fessenheim wäre verheerend für die französische und die deutsche Bevölkerung.“

Jetzt: aufklären, danach: abschalten!

Greenpeace in Paris verlangt Erklärungen von der Atomsicherheitsbehörde; Greenpeace Deutschland wendete  sich in einem Schreiben an Frank-Walter Steinmeier (SPD). Der deutsche Außenminister muss sich für eine schnelle Aufklärung der Vorfälle einsetzen. Gleichzeitig weist Greenpeace Spekulationen zurück, für die Flüge verantwortlich zu sein.

Die nachhaltigste Lösung des großen Sicherheitsrisikos durch AKW ist das Ende der Atomkraft. Bisher fehlen in Frankreich aber jegliche Ansätze dafür, einen Ausstieg einzuleiten. Präsident François Hollande will den Anteil der Atomenergie zwar auf 50 Prozent zurückfahren. Aber selbst dieses wenig ambitionierte Ziel ist noch weit entfernt.

EdF visiert jetzt sogar eine Laufzeitverlängerung von derzeit 40 auf 60 Jahre an. Dabei sind gerade die beiden grenznahen Atomanlagen Fessenheim und Cattenom besonders störanfällig. Im fast 40 Jahre alten Fessenheim gab es erst 2012 einen schwereren Unfall, und auch Cattenom hat schon eine Reihe von Störfällen hinter sich.

Sicherheitsrisiko deutsche AKW

Aber auch deutsche Atommeiler sind nicht sicher. Erst nach der Katastrophe in Fukushima schaltete die Bundesregierung acht marode Kraftwerke ab - doch die verstrahlten Meiler sind noch immer eine Gefahr. Greenpeace klagt bereits seit 2003 wegen der Verwundbarkeit durch Terrorangriffe und Flugzeugabstürze gegen Biblis A und B, Brunsbüttel, Isar 1, Philippsburg 1 und 2, Neckarwestheim 1 und Krümmel.  Eine Studie beweist deren Anfälligkeit.

Die aktuellen Entwicklungen zeigen erneut, wovor Greenpeace schon lange warnt: Kein Land kann sich das Sicherheitsrisiko Atomkraft leisten. Ein Ausstieg ist zwingend nötig für die Sicherheit Europas.

 

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/eu-verbot-fossile-energien

Neue fossile Energieprojekte in Europa verbieten

Wir alle müssen jetzt den klimatischen und ökologischen Notstand als die existenzielle Krise behandeln, die er ist. Unser Leben hängt davon ab. Deshalb fordern wir die EU-Institutionen dazu auf: Stoppt neue Öl- und Gasprojekte!

Jetzt unterzeichnen
0%
vom Ziel erreicht
0
haben mitgemacht
0%
Protesters holding yellow banner that says "defend the climate - not fussil fuels"

Mehr zum Thema

Der Erkundungsbereich im Salzstock Gorleben 01/21/2011

Salzstock Gorleben: Zum Endlager erkoren

Ein maroder Salzstock im niedersächsischen Gorleben war jahrzehntelang als Endlageroption für hoch radioaktiven Müll ausersehen. Aus politischen Gründen. Denn fachlich war klar: sicher ist er nicht.

mehr erfahren über Salzstock Gorleben: Zum Endlager erkoren
Ein Atomfass steht auf einer Wiese

Endlagersuche: Wohin mit dem Atommüll?

Die Suche nach einem Endlager für hochradioaktivem Atommüll zeigt: Es ist nicht einfach. Über Licht und Schatten des Standortauswahlgesetzes.

mehr erfahren über Endlagersuche: Wohin mit dem Atommüll?
Arbeiter in Gorleben 1994

Die Akte Gorleben

Die Ernennung Gorlebens zum Endlagerstandort erfolgte aus politischen Gründen, nicht wegen Tauglichkeit. Das zeigen Originaldokumente, die Greenpeace 2010 der Öffentlichkeit zugänglich macht.

mehr erfahren über Die Akte Gorleben
Projektion für den Atomausstieg am Atomkraftwerk Isar 2 bei Nacht

9 Fakten über Atomkraft

Auch wenn immer wieder eine “Renaissance” herbeigeredet wird: die Fakten sprechen gegen Atomkraft. Denn sie ist und bleibt unsicher, unzuverlässig, gefährlich, dreckig und teuer. Punkt. Aus.

mehr erfahren über 9 Fakten über Atomkraft
In einem Kindergarten liegen die Spielsachen so, wie sie nach der Katastrophe zurückgelassen wurden. Die Gasmaske eines Kindes neben einer Puppe ist nur ein weiteres grausames Paradoxon: Eine Woche vor dem Atomunfall wurden die Kinder darin geschult, die Sicherheitsausrüstung gegen die atomare Gefahr zu benutzen. Doch am Tag des Unfalls wurde auf Anweisung der Parteiführung keine einzige Gasmaske benutzt.

Tschornobyl

Tschornobyl ist bekannt für die Katastrophe von 1986. Eine radioaktive Wolke verseuchte damals die Region und zog über Europa. Am 26. April jährt sich der Super-GAU zum 39. Mal.

mehr erfahren über Tschornobyl
Tschornobyl Tour zum 30. Jahrestag

Der Sarkophag in Tschernobyl

Nach dem Super-GAU 1986 schützte ein Sarkophag Tschornobyl. Ein russischer Drohnenangriff beschädigte ihn nun schwer. Ein Greenpeace-Team war vor Ort, um das Ausmaß der Schäden zu untersuchen.

mehr erfahren über Der Sarkophag in Tschernobyl