Jetzt spenden
Neurath_Braunkohlekraftwerk

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Greenpeace Online: Jeder kann den Klimawandel spüren; ist er noch aufzuhalten?

Jörg Feddern: Aufzuhalten ist er wohl nicht mehr, aber wir können ihn noch begrenzen. Die Daten der Wetterbeobachtung sprechen eine klare Sprache: In den vergangenen 100 Jahren ist die globale Durchschnittstemperatur um 0,7 Grad angestiegen. In Deutschland allein sogar um rund ein Grad und beispielsweise in den Alpen um 1,5 Grad.

Deshalb ist es jetzt so wichtig, die Dinge zu tun, die den Temperaturanstieg bremsen oder vielleicht auch stoppen können. Der Ausstoß von Treibhausgasen muss so schnell wie möglich drastisch reduziert werden. Denn der Effekt tritt erst nach geraumer Zeit ein, weil CO2 sich extrem lange in der Atmosphäre hält.

Greenpeace Online: Welche Befürchtungen hegen die Forscher im Zusammenhang mit dem Klimawandell?

Es besteht die Gefahr, dass das gesamte Klimasystem aus den Fugen gerät. Die Klimaveränderung kann einen Punkt erreichen, an dem eine Umkehr oder eine Beeinflussung durch den Menschen nicht mehr möglich ist. Schon jetzt müssen die Forscher zugeben, dass die derzeitigen Auswirkungen der Klimaveränderung das übertreffen, was man vor einigen Jahren vorhergesagt hat. Man braucht nur an das Abschmelzen der Gletscher zu denken oder die Heftigkeit von Stürmen oder Hurrikanen im Golf von Mexiko 2005.

Deshalb pochen die Klimawissenschaftler darauf: Der Temperaturanstieg darf maximal nur zwei Grad Celsius betragen. Besser wäre es, deutlich darunter zu bleiben. Schafft man das nicht, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Veränderungen des gesamten Klimasystems eine unkontrollierbare Eigendynamik entwickeln.

Das heißt für uns, effektive Klimaschutzmaßnahmen müssen sofort eingeleitet werden. Denn sie werden ja erst nach geraumer Zeit Wirkung zeigen wegen der langen Verweildauer von CO2 in der Atmosphäre. Als langfristiges Ziel gilt: Bis 2050 muss der CO2-Ausstoß auf mindestens die Hälfte der CO2-Menge von 1990 gesunken sein.

Greenpeace Online: Angenommen der Temperaturanstieg läge bei über zwei Grad. Welche Prozesse würden die Eigendynamik des Klimawandels speisen?

{image_r}Jörg Feddern: Schon jetzt beginnen die Permafrostböden in nördlichen Breiten aufzutauen. In ihnen ist Methangas gebunden, das nun in die Atmosphäre entweichen kann. Methan ist ein viel wirksameres Treibhausgas als CO2, trägt also auch bei kleinerer Menge zur Erderwärmung bei. Die Folge wird sein, dass noch mehr Frostböden tauen und noch mehr Methan entweicht. Das System fängt an sich selbst zu füttern.

Ähnlich verhält es sich mit den Polkappen der Erde. Diese Eisschilde bewirken aufgrund ihrer nahezu weißen Färbung, dass Sonnenlicht wieder ins Weltall reflektiert wird, bevor es zur globalen Erwärmung beitragen kann. Wenn die Polkappen in der Wärme schrumpfen, verringert sich auch dieser Effekt immer mehr. Es wird wärmer und noch mehr Eis an Nord- und Südpol schmilzt.

Greenpeace Online: Was sind geeignete Klimaschutzmaßnahmen?

Jörg Feddern: Allgemein gesprochen betreffen die Maßnahmen drei große Bereiche: Stromerzeugung, Verkehr und die Bereitstellung von Wärme. Um hier etwas zu erreichen, muss der Neubau von Braunkohlekraftwerken verboten werden, eine massive Investition in Erneuerbare Energien stattfinden, aber auch eine deutliche Steigerung der Energieausbeute erzielt werden. So schaffen Braunkohlekraftwerke unter günstigen Bedingungen gerade einmal 40 Prozent der verfeuerten Kohleenergie nutzbar zu machen. Eine heute schon verfügbare Technologie ist da viel effizienter: Moderne Anlagen mit Kraft-Wärme-Koppelung (KWK) schaffen bis zu 90 Prozent Energie des eingesetzten Energieträgers zur Verfügung zu stellen.

Greenpeace Online: Und was kann jeder Einzelne tun?

Jörg Feddern: Es gibt eine ganze Palette von individuellen Schritten, die zum Klimaschutz beitragen. Angefangen beim Wechsel zu einem Ökostromanbieter - was heutzutage mit nur geringen Aufwand verbunden ist. Über den Verzicht auf Flugreisen, bis hin zu einer Maßnahme, die einen gewaltigen, aber auch ganz einfachen ersten Schritt darstellt: Die Glühbirnen auswechseln.

Die alten raus und Energiesparlampen rein. Nicht nur zu Hause, sondern auch bei der Straßenbeleutung oder öffentlichen Gebäuden. Konsequent und flächendeckend europaweit umgesetzt, spart das zig Millionen Tonnen an CO2 jedes Jahr. Und auch für jeden einzelnen rechnet es sich. Eingesparter Strom bedeutet geringere laufende Kosten. Man muss nur die Birnen austauschen.

  • Jörg Feddern

    Jörg Feddern

    Überspringe die Bildergalerie
Ende der Gallerie

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/mobbing-klagen-stoppen

Mobbing-Klagen stoppen

Greenpeace USA soll 660 Millionen Dollar "Schadensersatz" an Energy Transfer zahlen! So genannte SLAPP-Klagen gefährden unser Recht auf Meinungsfreiheit. Deutschland muss jetzt ein Anti-SLAPP-Gesetz erlassen.

Petition unterzeichnen
0%
vom Ziel erreicht
0
haben mitgemacht
0%
Rally against Corporations Trying to Sue Critics into Silence in Oakland

Mehr zum Thema

Gletscherschmelze: der Gurgler 1932 - 2025

Gletscherschmelze: Berge ohne Eis

Neue erschreckende Bilder zeigen, wie die Erderhitzung Gletscher in Deutschland, Österreich und der Schweiz zerstört.

mehr erfahren über Gletscherschmelze: Berge ohne Eis
Protest in Dry River in the Amazon in Brazil

Dürre Zeiten

In Europa und weltweit leiden immer mehr Regionen an Trockenheit. Heiße Sommer lassen Böden, Wälder und Gewässer leiden, auch andere Jahreszeiten bleiben inzwischen oft zu trocken.

mehr erfahren über Dürre Zeiten
Martin Kaiser, Executive Director of Greenpeace Germany

"Pyrrhussieg der Fossilen"

Die UN-Klimakonferenz gab keine Antwort, wie wir schneller CO2-Emissionen senken und den Amazonas retten können. Und doch sieht Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand bei Greenpeace, Fortschritte.

mehr erfahren über "Pyrrhussieg der Fossilen"
Flut in Günzburg 2.6.24

Extremwetter - Wetterextreme

Überschwemmungen, Stürme und Dürren werden immer schlimmer. Im Sommer 2024 versank Europa mehrfach in sogenannten "Jahrhundertfluten", die Zahl der Hitzetoten steigt. Die Klimakrise ist längst da.

mehr erfahren über Extremwetter - Wetterextreme
Podium der 21. Klimaschutzkonferenz in Paris 2015

Internationale Klimakonferenzen

Schon in den siebziger Jahren erkannten Forschende: Der Klimawandel wird eine ernste, weltweite Bedrohung für Mensch und Natur. Daher wurde 1979 die erste Klimakonferenz in Genf einberufen. Ein historischer Überblick.

mehr erfahren über Internationale Klimakonferenzen
Messballon zur Beobachtung des Ozonlochs am nördlichen Polarkreis, Juni 1988

Ursache und Wirkung des Ozonlochs

Das Ozonloch beschäftigt Wissenschaftler:innen seit Jahrzehnten. Wir erklären, worum es sich dabei handelt und betrachten seinen aktuellen Zustand.

mehr erfahren über Ursache und Wirkung des Ozonlochs