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Grafik: Qualmender Schornstein sowie Autoabgase in dem Schriftzeichen CO2 sind
Bernd Lauter/Greenpeace, Shutterstock

Grenzen des CO2-Preises

Der CO2-Preis gilt manchen als Allheilmittel im Klimaschutz. Nun zeigt eine Greenpeace-Studie, wie begrenzt seine Wirkung ist – und wie zwingend nötig flankierende Maßnahmen.

Der Kraft des Marktes wird viel zugetraut, auch beim Kampf gegen die Klimakrise. „Auf dem Weg zur Klimaneutralität setzen wir auf effiziente marktwirtschaftliche Instrumente als Leitinstrumente“, heißt es etwa auf Seite 41 des Wahlprogramms der Union, das natürlich Regierungsprogramm heißt. Überschrieben ist der Part mit „Emissionshandel ausbauen“. Das macht schon klar, dass der später erwähnte „Instrumentenmix“ deutliche Schlagseite haben soll. Das „Leitinstrument“ der Union im Klimaschutz ist der CO2-Preis – danach kommt lange nichts. Noch entschlossener gibt sich die FDP. „Schnellstmöglich“ wollen die Freidemokraten den europäischen Handel mit Emissionsrechten „auf alle Sektoren und geographisch ausweiten“, ist auf Seite 45 ihres Programms zu lesen. Alles andere an nationalen Maßnahmen zum Senken des CO2-Ausstoßes könne man sich dann sparen.

CO2-Preis allein verpasst die Klimaziele

Kann man sich also das ganze Gezänk über früheren Kohleausstieg und schnelleren Abschied von Verbrennungsmotoren sparen und diese ganze Klimachose einfach nach Brüssel delegieren? Kann man nicht, zeigt eine heute veröffentlichte Studie von DIW Econ, einer Tochter des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag von Greenpeace. Sie nennt die engen Grenzen des CO2-Preises: Für sich genommen reicht dieses Instrument bei weitem nicht, um die beschlossenen Klimaziele Deutschlands zu erreichen. “Der CO2-Preis wird in der politischen Debatte gefährlich überschätzt und als Ausrede für Nichtstun missbraucht”, sagt Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace. “Wer sich allein auf den CO2-Preis verlässt, wird die Klimaziele verfehlen”, ergänzt Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am DIW und Mit-Autorin der Studie. 

Die Gründe hierfür sind vielfältig. Da ist etwa die Höhe des Preises. Im Verkehr etwa müsste eine Tonne CO2 schon heute mit 50 Euro zu Buche schlagen und bis zum Jahr 2030 auf mindesten 130 Euro steigen, damit der Sektor seine Klimaziele erreichen kann. Ein solches gleichmäßig steigendes Preisniveau ist aber nicht zu erkennen. Auch weil gerade jene Parteien, die den CO2-Preis am eifrigsten loben, am lautesten schreien, wenn es um die Konsequenzen geht. Etwa einen steigenden Benzinpreis.

CO2-Preis geht oft vorbei am Problem

Zudem gibt es Hemmnisse im Klimaschutz, auf die ein CO2-Preis keinerlei Einfluss hat. Durch einen CO2-Preis wird keine Ladesäule für E-Autos zusätzlich gebaut, wird keine einzige weitere Fläche für Windräder genehmigt.

Deshalb, so die Schlussfolgerung der Studie, muss der CO2-Preis flankiert werden von anderen Instrumenten. Etwa einem raschen Abbau klimaschädlicher Subventionen wie den Steuerprivilegien für Dienstwagen oder Dieselkraftstoff. Vor allem aber darf die nächste Bundesregierung sich nicht weiter davor drücken, einen ordnungsrechtlichen Rahmen vorzugeben. Nur so entsteht die nötige Sicherheit, mit der Unternehmen ihre Investitionen planen und Entwicklungen konzentrieren können. Auf Basis eines schwankenden CO2-Preises, der politisch womöglich wieder kassiert wird, lassen sich keine langfristigen Entwicklungsentscheidungen treffen. Sobald aber klar ist, dass eine E-Auto-Quote in den kommenden Jahren auf 100 Prozent klettert, investiert kein Autokonzern mehr in weitere Verbrennungsmotoren.

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