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Menschen warten an einem vollen Bahnsteig
© Kerstin Rolfes / Greenpeace

Deutschlandticket: Fahrschein ohne Bus und Bahn

Jetzt unterzeichnen: Bahn statt Autobahn

Greenpeace stellt 15 Sofortmaßnahmen für einen besseren ÖPNV vor, mit denen das Deutschlandticket ein Erfolg werden kann.

In Volker Wissings idealer Welt haben alle Bürger:innen die freie Wahl: Ob SUV oder Lastenrad, S-Bahn oder E-Auto - nach Auffassung des Bundesverkehrsministers sollen Menschen selbst entscheiden, wie sie sich fortbewegen wollen. Vorschriften oder gar Verbote sind dem FDP-Mann ein Graus. In Volker Wissings idealer Welt scheint es jedoch keine Erderhitzung zu geben – von Abermillionen Verbrennern angefeuert, die zudem  Straßen verstopfen, die Luft verpesten und Menschen krank machen. Wissing träumt von Technologieoffenheit und unbegrenzten Treibstoffen aus erneuerbaren Energien (E-Fuels), von 1000 Kilometern frisch asphaltierter Autobahn, während in der wirklichen Welt der Bus oder die Bahn nicht kommt.

Wenn der Bus oder die Bahn nicht kommen, scheitert allerdings die einzige Idee, die Wissing bisher hatte, um Treibhausgase im Verkehr zu reduzieren: Eine ÖPNV-Flatrate für Busse, Straßenbahnen, S-Bahnen und Regionalzüge in ganz Deutschland. Wer viel Zeit mitbringt, kann mit dem Nahverkehr in 15 Stunden von Flensburg bis München fahren, allerdings mit achtmal umsteigen – die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Anschluss-Zug verspätet, ist hoch. Auch wird der ÖPNV weniger für ausgedehnte Reisen als für tägliche Wege zur Arbeit, zur Schule, zum Sport, zu Familie und Freunden genutzt. 40 Prozent der Menschen im ländlichen Raum haben bislang überhaupt keinen fußläufig erreichbaren Anschluss. Das macht Menschen unfrei und festgelegt auf ein teures und klimaschädliches Auto.

Weltweit - zumindest in vielen Industrienationen, die massenhaft Treibhausgase freisetzen und diese gleichzeitig einzudämmen versuchen - werden derzeit die Weichen für klimaneutrale und sozial gerechte Verkehrssysteme gestellt. Bis auf wenige Ausnahmen haben alle Länder ein  Tempolimit, einige haben Zulassungssteuern für Verbrenner, viele ein Ende des Verbrennungsmotors beschlossen. In Städten wie Kopenhagen und Barcelona entstehen weitläufige, verkehrsberuhigte Innenstädte; die Unabhängigkeit vom Auto wird gefördert. Deutschland hat seit gestern das 49-Euro-Ticket. Kann damit die lang ersehnte Verkehrswende gelingen?

15 ÖPNV-Maßnahmen für die Verkehrswende 

Ein heute veröffentlichtes Greenpeace-Gutachten mit 15 Sofortmaßnahmen für den ÖPNV  zeigt, dass der 49-Euro-Fahrschein nur mit einem besseren ÖPNV-Angebot und Einschränkungen für Pkw zu einer Erfolgsgeschichte werden kann. Das geht schon damit los, dass Busse und Bahnen am Wochenende und abends ungenutzt auf den Höfen stehen. Die Autor:innen der Studie schlagen unter anderem vor, deren Betriebszeiten auszuweiten und dichtere Takte außerhalb der Hauptverkehrszeiten zu fahren. “Damit die Freude am neuen Fahrschein anhält, sollten diese Busse und Bahnen schnellstmöglich auf Straße und Schiene”,  sagt Marissa Reiserer, Verkehrsexpertin von Greenpeace: “Unser Sofortprogramm zeigt, dass es mehr Handlungsspielräume für schnelle Verbesserungen gibt, als bisher angenommen.”

ÖPNV Sofortprogramm bis 2025

ÖPNV Sofortprogramm bis 2025

Zum Start des Deutschlandtickets legt Greenpeace ein Gutachten mit 15 Sofortmaßnahmen vor, um das Angebot von Bus und Bahn zu verbessern. Neben der Anpassung von Gesetzen und einem neuen finanziellen Rahmen werden im Gutachten direkt spürbare Maßnahmen aufgeführt, die ohne zusätzliche Infrastruktur, Bahnen und Busse auskommen.

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Bisher ist der ÖPNV in den meisten Bundesländern eine freiwillige Aufgabe der Kommunen, anders als etwa die Abwasser- und Müllbeseitigung, diverse Sozialleistungen und die Schülerbeförderung. “Guter ÖPNV muss Pflicht werden”, sagt Reiserer: “Nur mit einer besseren Taktung von Bussen und Bahnen, mit mehr  Komfort und Sicherheit können Menschen von den Vorteilen einer klimafreundlichen und sozial gerechten Verkehrswende überzeugt werden.”  

Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs muss jetzt in die Puschen kommen, um perspektivisch den motorisierten Individualverkehr zu verringern. Bis 2030 nennt die Greenpeace-Studie einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf, der auf bis zu 25 Milliarden pro Jahr steigt, um das ÖPNV-Angebot so hochzufahren, dass die Klimaziele erreicht werden können. Gleichzeitig müssen Lösungen für den Personalmangel im ÖPNV gefunden werden. Schlechte Arbeitsbedingungen führen zu einem seit Jahren steigenden Krankenstand und Kündigungen. Der Ausbau des ÖPNV kann jedoch nur gelingen, wenn die Arbeitsbedingungen des zuständigen Personals verbessert werden, dazu zählen humanere Arbeitszeiten und eine höhere Entlohnung.  

In Volker Wissings Welt sollen jedoch für weitere 100 Milliarden Euro Autobahnen ausgebaut werden, zusätzliche Mittel für den ÖPNV hat der Minister über das 49-Euro-Ticket hinaus (der Bund zahlt mit 1,5 Milliarden die Hälfte) zwar im Koalitionsvertrag versprochen aber noch nicht budgetiert. Aber er hat ein Angebot: Wie der Spiegel berichtete, schlägt Wissing vor, dass Autohersteller beim Verkauf von Neuwagen statt eines neuen Schonbezuges oder Warndreiecks ein Deutschlandticket dazugeben sollten. Wenn das Wissings einzige Maßnahme bleibt, hätten Bürger:innen weiterhin die Qual der Wahl: Auf Autobahnen im Stau stehen oder darauf warten, dass der Bus kommt. 

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