Erfolg für KlimaSeniorinnen
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Die KlimaSeniorinnen Schweiz haben in Straßburg einen historischen Sieg errungen: Der Europäische Gerichtshof gab ihnen Recht, dass Klimaschutz Staatspflicht ist.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat heute Geschichte geschrieben: Er gab der Klage der Schweizer Klimaseniorinnen statt, dass fehlender Klimaschutz ihre Menschenrechte verletzt. Gesetze, die gemäß des Pariser Klimavertrags konsequent CO2-Emissionen senken, sind somit Staatspflicht. Die Schweizer Regierung muss nun deutlich nachbessern - doch das Urteil hat Strahlkraft weit über das Herkunftsland der Klägerinnen hinaus. Es eröffnet die Grundlage für weitere Klimaklagen, in Deutschland und Europa, mit Vorbildcharakter für die ganze Welt.
Die KlimaSeniorinnen Schweiz klagten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mit der Begründung, dass die Schweiz eine ungenügende Klimapolitik betreibt und damit ihre Menschenrechte verletzt. Am 29. März 2023 wurde ihr Fall vor der Großen Kammer des EGMR öffentlich verhandelt; es war das erste Mal, dass sich der Straßburger Gerichtshof mit einem Klimafall befasste.
Wer sind die KlimaSeniorinnen?
Die KlimaSeniorinnen setzen sich mit Unterstützung von Greenpeace Schweiz für den Schutz ihrer Grundrechte ein, insbesondere ihr Recht auf Leben und auf Gesundheit. Diese Grundrechte sind durch die Schweizerische Verfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention, welche die Schweiz 1974 ratifiziert hat, geschützt. Weil die Rechtsprechung verlangt, dass nur besonders betroffene Gruppen eine Klage einreichen können, beschränkte sich die Beschwerde der KlimaSeniorinnen auf Frauen im Pensionsalter. Die durch den menschgemachten Klimawandel immer häufigeren und intensiveren Hitzeextreme gefährden insbesondere Gesundheit und Leben älterer Frauen.
Das Urteil ist auch wegweisend für andere laufende Verfahren, beispielsweise die Klimaklagen gegen die Volkswagen AG. Dazu die zuständige Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen: "Die Richter:innen des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte haben festgestellt, dass ein unzureichender Klimaschutz die Menschenrechte verletzt. Auch die Kläger:innen im Verfahren gegen Volkswagen, einem Konzern mit gigantischem CO2-Fussabruck, machen unter anderem ihr Recht auf Gesundheit und Leben, aber auch Eigentum geltend. Die Gerichte dürfen das zukünftig nicht mehr nur oberflächlich prüfen, sonst liegt eine Verletzung von Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention vor." Eine erste juristische Analyse des Straßburger Urteils finden Sie hier.
Der EGMR hat außerdem zwei weitere Urteile zu Klimaklagen gesprochen, die allerdings beide abgewiesen wurden: eine wurde von einer Gruppe portugiesischer Jugendlichen eingereicht, die andere von einem französischen Bürgermeister. Geprüft wurde in allen drei Fällen, ob die Klimaschutzpolitik europäischer Regierungen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention des Europarats verstößt.
Klimaschutz ist Staatspflicht
Gianna Martini ist Greenpeace-Expertin für Klima und Energie und hat die Klage der KlimaSeniorinnen über die Jahre begleitet. Für sie ist das Urteil ein historischer Erfolg: “Klimaschutz ist Staatspflicht, das haben wir nun schwarz auf weiß.” Der Rechtsspruch besäße zudem eine Strahlkraft weit über Europa hinaus. “Es ist ein globaler Meilenstein im Kampf gegen die Klimakrise und bietet die rechtliche Grundlage, dass künftig mehr Menschen ihr Recht auf Klimaschutz einklagen werden.” Das Urteil sei dennoch kein Zauberspruch, mit dem nun alles gut wird: “Der Ball liegt wieder bei der Politik. Die Schweiz wird ihre Klimaschutzziele drastisch anpassen müssen. Diese Entscheidung macht Mut und wird weitere Klimaklagen inspirieren, auch aus Deutschland.”