
Aktive beenden Protest auf Ölplattform in 125 Meter Höhe
Der Protest auf der Shell-Ölplattfrom ist nach knapp zwei Wochen und einer Seereise von 4.000 Kilometern in Haugesund, Norwegen, beendet.
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125 Meter tief blickten sie zum Abschluss ihres fast zwei Wochen dauernden Protestes. Die sechs Aktivist:innen waren auf den Fackelbaum der Plattform geklettert, um in schwindelerregender Höhe ein letztes Mal ihre Botschaft an Shell zu verkünden: “Stop Drilling. Start Paying” (“Hört auf zu bohren. Fangt an zu zahlen”). Insgesamt 4.000 Kilometer Seereise hatten sie von den Kanaren nach Haugesund in Norwegen gebracht. Wo sie den Transportfrachter White Marlin verließen.
Angefangen hatte der Protest am 31. Januar, zunächst mit vier Aktivist:innen im Atlantischen Ozean. Die White Marlin transportierte eine Ölplattform von China in die nördliche Nordsee. Am 6. Februar waren zwei weitere Klimaschützer:innen, darunter auch eine deutsche Aktivistin, mit Seilen an Bord gegangen. Mit ihrem Protest setzen sich die Aktivist:innen gegen die weitere Ausbeutung von klimaschädlichem Erdöl und Gas ein und für eine faire Entschädigung bei Klimaschäden.
Mit einer einstweiligen Verfügung hatte Shell erfolglos versucht, den friedlichen Protest zu unterbinden. Die sechs Demonstrierenden konnten ihren Protest bis zum Schluss aufrechterhalten: “Die Welt muss von Shells schmutzigen Plänen erfahren. Dieser Konzern verdient Geld damit, unsere Zukunft zu zerstören”, sagte die deutsche Greenpeace-International- Aktivistin Silja Zimmermann an Bord des Schiffs.
Shell mit Rekordgewinn durch Umweltzerstörung und gestiegene Ölpreise
Der Energiekonzern hat im vergangenen Jahr durch die im Zuge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine gestiegenen Ölpreise einen Rekordgewinn erzielt. Der bereinigte Gewinn stieg auf 39,87 Milliarden US-Dollar (36,22 Mrd Euro), wie der Konzern am 2. Februar bei der Präsentation seiner Quartalszahlen mitteilte. Damit hat sich der Gewinn innerhalb eines Jahres rund verdoppelt. Das vierte Quartal fiel demnach sogar noch besser aus als ohnehin erwartet. Greenpeace-Aktivist:innen aus Großbritannien protestierten, zusätzlich zu dem Protest auf See, daher am 2. Februar auch vor dem internationalen Hauptquartier in London.
“Die Folgen von Shells klimaschädlicher Öl-Ausbeutung sind Tod, Zerstörung und Vertreibung auf der ganzen Welt, vor allem bei Menschen im globalen Süden, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben”, sagt Greenpeace Deutschland-Sprecher Till Seidensticker. “Es ist unerträglich, dass Konzerne wie Shell ungerührt und unbehelligt Milliarden mit der Zerstörung unserer aller Zukunft verdienen. Das muss aufhören - und Shell muss für die Schäden durch sein Geschäft zahlen.”
Die jüngste Weltklimakonferenz COP27 hatte im November beschlossen, dass Industriestaaten mit historisch hohem CO2-Ausstoß einen weltweiten Fonds aufsetzen, um daraus Entschädigungen für klimabedingte Schäden und Verluste zu finanzieren (mehr zur Cop27 und dem Loss and Damages Funds in unserem Interview). Greenpeace fordert, dass die fossile Industrie um Konzerne wie Shell, die über Jahrzehnte mit der Ausbeutung klimaschädlicher Rohstoffe viel Geld verdient hat, angemessen in diesen Fonds einzahlen.

Verpflegung
50 Euro sichern die notwendige Verpflegung eine:r Aktivist:in für einen Tag. Darunter fallen Lebensmittel, medizinische Ausrüstung, eine Schwimmweste und Regenbekleidung.

Kommunikationssystem
150 Euro tragen dazu bei, ein Satelliten-Kommunikationssystem an Bord zu finanzieren, damit Aktivist:innen auf Hoher See kommunizieren und Bilder teilen können.

Windrad an Bord
480 Euro kostet die Anschaffung des Windrads, damit sich die Aktivist:innen auf der Ölplattform mit Strom versorgen und zum Beispiel Akkus laden können.
Kurz erklärt
Was ist der Loss and Damage Funds?
So enttäuschend die 27. Weltklimakonferenz im November 2022 auch in vielen Bereichen war, einen historischen Erfolg hat das Treffen in Ägypten doch erreicht: Zum ersten Mal haben die Industriestaaten anerkannt, dass die immer deutlicher werdenden Schäden und Verluste durch den Klimawandel, dem vor allem die Länder des Südens ausgesetzt werden, finanziell ausgeglichen werden müssen. Entwicklungsländer weisen seit Jahrzehnten darauf hin, dass sie am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, aber die fatalen Folgen wie etwa die massiven Überflutungen in Pakistan im vergangenen Jahr am deutlichsten zu spüren bekommen. Stets weigerten sich die Industriestaaten anzuerkennen, dass für diese Schäden und Verluste vor allem von ihnen aufgekommen werden muss. In Ägypten wurde nun beschlossen, einen Fonds aufzusetzen, mit dem klimabedingen Schäden und Verluste ausgeglichen werden sollen. Im weiteren Prozess der Klimaverhandlungen muss nun geklärt werden, wie genau dieser Fonds bestückt werden soll.
Greenpeace fordert, dass vor allem Unternehmen der Öl-, Gas- und Kohleindustrie verpflichtet werden, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Diese Konzerne haben oft über Jahrzehnte astronomische Summen mit klimaschädlichen fossilen Energien verdient.
Shell will neues Ölfeld ausbeuten
Die sechs Aktivist:innen stammen aus Argentinien, Türkei, UK, den USA, Frankreich und Deutschland. Der frühere Chefverhandler der philippinischen UN-Klima-Delegation und heutige Geschäftsführer von Greenpeace Südostasien, Yeb Saño, sowie eine Klimaaktivist:in aus Indonesien wollten ebenfalls mit an Bord. Doch sie schafften es leider nicht, die Plattform zu erklimmen, und kehrten zurück auf das Greenpeace-Schiff Arctic Sunrise, die den friedlichen Protest begleitete. Die Demonstrierenden hatten Verpflegung, Schlafsäcke, Solarpannels, ein Windrad und Satellitentelefone dabei, um über ihre Aktion zu berichten.
Mit dieser Produktionsplattform plant Shell, acht weitere Bohrlöcher im Nordsee-Ölfeld Penguin auszubeuten. Dadurch könnte Shell bis zum Jahr 2044 täglich 45.000 Barrel Öl fördern, bei deren Verbrennung bis zu 45 Millionen Tonnen CO2 entstehen würden - mehr als ganz Norwegen in einem Jahr ausstößt. Die schwimmende Produktions-, Lager- und Verladeeinheit [FPSO] soll auch den letzten Tropfen Öl aus dem Feld Penguin herausholen. Es ist die erste neue bemannte Ölförderplattform für Shell in der nördlichen Nordsee seit 30 Jahren. Dazu Till Seidensticker: “Die Klimakrise zeigt deutlich: Es ist Zeit sich von fossilen Energieträgern zu trennen. Es gibt Alternativen wie erneuerbare Energien, dieses Projekt ist aus der Zeit gefallen.”