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Protest gegen den Castortransport 2010 an der Kinzigbrücke bei Kehl
Joachim E. Röttgers/Graffiti/Greenpeace

Eine Lösung der Atommüllfrage geht nicht ohne gesellschaftlichen Konsens

Die sichere Endlagerung hochradioaktiver Abfälle ist eines der zentralen Probleme der Atomkraft. Über eine Million Jahre muss der Atommüll sicher verwahrt werden – eine schier unlösbare Aufgabe. Die Suche nach dem bestmöglichen Standort ist in Deutschland auch deshalb so schwierig, weil Parteien und Politiker, die auf den nächsten Wahltermin schielen, das Thema zur eigenen Profilierung missbrauchen. Die Endlagersuche braucht deshalb einen echten Neustart, der auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens aufbaut. 

Die Atommüllproblematik ist ein gesellschaftliches Thema, für das es keine einfachen Antworten gibt. Gleichwohl ist unsere Generation verpflichtet, die ersten Schritte hin zu einem verantwortungsvollen Umgang zu finden. Nach über 30 Jahren verfehlter Atommüllpolitik ist hierfür eine nationale Endlagerdebatte notwendig..

Warum wir einen Neustart brauchen

Wenige Monate nach dem Atomausstiegsbeschluss des Bundestages trifft sich im November 2011 in Berlin erstmals eine neue Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Hinter verschlossenen Türen und ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft verhandeln Politiker von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen über ein Endlagersuchgesetz. Doch das eigentliche Ziel – den bestmöglichen Standort zur Lagerung hochradioaktiver Abfälle in der Bundesrepublik zu finden – wird schon bald Opfer wahltaktischer Auseinandersetzungen.

Greenpeace befürchtet, dass das bisher von Regierung und Opposition geplante Verfahren ohne eine nationale Debatte und sein intransparentes Zustandekommen die Chancen für einen glaubhaften Neuanfang in der Endlagerfrage von vornherein leichtfertig verspielt. Das Ergebnis eines solchen Verfahrens ist weder ergebnisoffen, noch transparent oder gar fair.

Wer ohne Aufarbeitung der Vergangenheit und ohne Einbindung der Gesellschaft bei der Entwicklung des Suchverfahrens den Prozess startet, wird am Ende des Verfahrens keinen gesellschaftlich akzeptierten Standort vorweisen können. Das Scheitern eines solchen Suchverfahrens, das eben keinen wirklichen Neustart bedeutet, sondern den alten Irrweg in der Endlagerfrage nur mit neuen Mitteln weiterverfolgt, ist damit vorprogrammiert.

Greenpeace hat deshalb ein Verfahren für eine verantwortbare Endlagersuche skizziert, das am Beginn durch die Einbindung der Zivilgesellschaft in den Prozess vor Verabschiedung eines Endlagersuchgesetzes länger dauert, am Ende jedoch zu einem von allen akzeptierten Standort führt. Ein solches Verfahren wäre ein echter und ernstgemeinter Neuanfang bei der Endlagersuche, der gegenüber dem vorprogrammierten Scheitern des Parteienentwurfes sogar Zeit spart.

Voraussetzungen des Endlagersuchverfahrens

Um sich einer dauerhaften und gesamtgesellschaftlich akzeptierten Lösung in der Endlagerfrage auch nur anzunähern, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein.

Ausschluss des Standortes Gorleben: Zur Durchsetzung des Salzstockes Gorleben als Endlager wurde von Politik und Atomlobby über 35 Jahre getrickst und manipuliert. Die Faktenlage ist eindeutig: Der Standort im Landkreis Lüchow-Dannenberg ist geologisch ungeeignet und politisch verbrannt.. Bleibt Gorleben als Option, werden alle Kriterien und Fakten für ein Auswahlverfahren unmittelbar an dem ungeeigneten Salzstock gemessen. Die Formulierung höchstmöglicher Sicherheitsanforderungen für die Auswahlkriterien eines Endlagers ist so nicht möglich. Doch genau die sind Voraussetzung, um in einem echten Neustart der Endlagersuche den relativ besten Standort in Deutschland zu finden.Ziel eines Endlagerauswahlverfahrens muss es sein, eine tragfähige und nachhaltige gesellschaftliche Übereinkunft zu erreichen und das gesamte Verfahren so „streitarm“ wie möglich und ohne Verzerrung durch unversöhnliche Interessenlagen zu gestalten. Voraussetzung einer wirklichen Ergebnisoffenheit ist daher der politische Ausschluss von Gorleben durch den Deutschen Bundestag.

Aufarbeitung der Vergangenheit: Nur wer die Fehler der Vergangenheit bei der Endlagersuche schonungslos benennt, kann entsprechende Konsequenzen daraus für ein neues Suchverfahren ziehen. Greenpeace fordert, dass die Bundesregierung zu diesem Zweck nach dem Vorbild der Enquetekommission zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte eine Enquetekommission zur Aufarbeitung des Umgangs mit Atommüll in der Bundesrepublik einsetzt.

Ablauf des Endlagersuchverfahrens

  • Greenpeace schlägt mehrere Schritte für ein ergebnisoffenes, transparentes und faires Suchverfahren vor. Als Einstieg in den Prozess ist die Einrichtung eines Gremiums nach dem Vorbild der Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung 2011 angebracht: Ethische Prinzipien und Ziele, sowohl für einen glaubwürdigen Prozess, als auch für eine verantwortliche Atommülllagerung, müssen formuliert werden.
  • Eine intensive nationale Debatte an allen potentiellen Endlager- und heutigen Zwischenlagerstandorten muss naturwissenschaftliche und gesellschaftliche Fragen erörtern.
  • Eine interdisziplinäre Expertenkommission aus Wissenschaftlern aller Fachrichtungen sowie Vertretern der Zivilgesellschaft muss danach ihre Arbeit aufnehmen. Die Aufgabe dieser Kommission ist die Überprüfung der Vorschläge des Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd1999-2002) nach aktuellstem Stand von Wissenschaft und Technik, sowie Anpassung und Neuformulierung des Suchverfahrens.
  • Eine dann eingesetzte Nationale Atommüllkommission (NAK) aus Vertretern der Expertenkommission und der nationalen Debatte fasst alle Ergebnisse zusammen und legt einen Endbericht als Grundlage für die Formulierung eines Endlagersuchgesetzes vor.
  • Erst nach diesem Prozess entwickelt die Bundesregierung das Endlagersuchgesetz, darin sind Ziele, Regeln, Verfahrensabläufe, Finanzierung etc. rechtlich verankert.
  • Es werden in mehreren Schritten Standorte und Regionen für die obertägige, dann für die untertägige Erkundung ausgewiesen und erkundet.
  • Sollte das Ergebnis für eine untertägige Lagerung sprechen, müssen mindestens sechs Standorte einbezogen werden – je zwei in den Wirtsgesteinen Ton, Granit und Salz. Die Kosten haben die Abfallverursacher zu Tragen, die Entscheidung über den relativ besten Endlagerstandort fällt durch den Bundestag auf Vorschlag der NAK.

(Stand: November 2012)

 

 


 

  • Durchfahrt des Castorzuges durch Wörth 2008

    Die Castoren passieren Wörth

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  • Castorbehälter am Verladebahnhof Dannenberg, November 2003

    Castor in Dannenberg

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  • Protest gegen Atommüll-Transport nach Lubmin, Februar 2011

    Protest gegen Atommüll-Transport

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  • Protest gegen Atommüll-Transport nach Lubmin, Februar 2011

    Protest gegen Atommüll-Transport

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