Jetzt spenden
Im Schutz der Steine gedeihen im Sylter Außenriff zahlreiche Arten
Wolf Wichmann/Greenpeace

Umweltschützer lehnen Meeresschutzverordnung des Umweltministeriums ab

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Meeresschutz in Nord- und Ostsee gibt es nur auf dem Papier, sagen deutsche Umweltverbände. Die jüngsten Vorschläge des Bundesumweltministeriums ändern daran nichts.

Naturschutz ist in Deutschland normalerweise Ländersache, doch jenseits der 12 Seemeilenzone in Nord- und Ostsee sieht die Sache anders aus. Weil es sich um die AWZ – kurz für Ausschließliche Wirtschaftszone – handelt, ist dort der Bund für die Meeresschutzgebiete zuständig. Auf dieser Ebene verteidigen die beteiligten Ministerien seit Jahren ihre eigenen Interessen – und lassen den Umweltschutz unter den Tisch fallen. Die neuesten Entwürfe aus dem Bundesumweltministerium spiegeln den Streit und die Unentschlossenheit wider. Keiner der Vorschläge trägt zu einem ernstgemeinten Fortschritt bei. „Die deutschen Meeresschutzgebiete gibt es nur auf dem Papier“, kommentiert Greenpeace-Meeresbiologe Thilo Maack die jüngsten Nachrichten. Im öffentlichen Anhörungsverfahren zu den Vorschlägen haben die deutschen Umweltschutzverbände Stellung genommen (s. Anhang).

 

Und Besserung ist nicht in Sicht: Würden die Verordnungen umgesetzt, werden die Kompetenzen des Bundesumweltministeriums sogar weiter eingeschränkt. Verkehrs-, Landwirtschafts- und Forschungsministerium und damit deren angeschlossene Nutzergruppen sollen danach künftig bei allen Entscheidungen ein Vetorecht besitzen. Damit ist im Grunde keine wirksame Maßnahme durchzusetzen denn: Irgendjemand hat immer was zu meckern.

 

Jedes Ressort fordert Ausnahmen

Die jüngsten Entwicklungen  zu den Natura-2000-Gebieten in der deutschen AWZ sind nicht nur unbefriedigend, das ewige Hinhalten widerspricht auch den deutschen Verpflichtungen gegenüber der EU und dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung. „Bis heute wird in den Schutzgebieten, den wertvollsten Ökosystemen vor unseren Küsten, flächendeckend gefischt; dort findet Rohstoffabbau statt, fahren tausende Schiffe und finden militärische Manöver statt“, so Maack weiter. „Nahezu jede Nutzergruppe fordert Ausnahmen, und kaum etwas soll künftig verboten sein.“

Mit den heute vorgestellten Verordnungen sollen die Arten und Lebensraumtypen der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie (FFH) geschützt werden. Sie sind Teil des Natura-2000-Schutzgebietsnetzwerks, das  in der AWZ endlich den rechtlichen Status von Naturschutzgebieten erhalten soll. Doch an der Umsetzung hapert es, der Zeitplan ist völlig aus dem Ruder gelaufen: Bis 2013 hätten sämtliche vorgeschlagenen Gebiete den Naturschutzgebietsstatus erhalten sollen. Das ist in der Nord- und Ostsee bis heute nicht passiert. Die EU-Kommission hat deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Um diesem Damoklesschwert zu entkommen ist das Umweltministerium offensichtlich zu allen Zugeständnissen bereit. 

Zum Weiterlesen

Manta Ray off Nusa Penida Island
Paul Hilton / Greenpeace

Meeresschutz

Ressourcenausbeutung, Verschmutzung und Klimakrise setzen den Meeren schwer zu. Greenpeace engagiert sich für ein globales Netzwerk von Meeresschutzgebieten, damit sie sich wieder erholen können.

mehr erfahren über Meeresschutz

Fast ein Drittel der Arten ist gefährdet

Die Leidtragenden sind neben Meeressäugern und Seevögeln auch verschiedene Fisch- und wirbellose Tierarten. Laut nationaler Roter Liste sind fast ein Drittel der untersuchten Arten in Nord- und Ostsee gefährdet. Grund dafür sind die Fischerei, der Kies- und Sandabbau sowie ins Meer geleitete Schadstoffe – das räumt die Bundesregierung selbst ein. Doch wirtschaftliche Interessen verhindern einen wirksamen Meeresschutz.

Es erscheint fast als Aktionismus, dass das Bundesumweltministerium das Freizeitangeln in den Nord- und Ostsee-Schutzgebieten künftig verbieten will – eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Doch schon regt sich Widerstand: Robert Habeck, grüner Umweltminister Schleswig-Holsteins, lehnt ein solches Verbot ab, da die Angelausflugsboote wirtschaftliche Einbußen zu befürchten hätten. Dabei geht die wahre Bedrohung für die FFH-Lebensräume mit ihren unzähligen Tierarten in Nord- und Ostsee von der industriellen Fischerei aus, die mit Schleppnetzen den Meeresboden zerstört und massenhaft Plastikmüll produziert. Doch mit diesen Schwergewichten legt sich die Bundesregierung erst in einem anderen Prozess an, der in den kommenden Monaten die Gemüter weiter erhitzen wird.

Jeder kann zum Meeresschutz beitragen –  machen auch Sie mit, und schließen Sie sich uns an! Wir informieren Sie über aktuelle Mitmachaktionen für den Meeresschutz.

  • Aktivist:innen werfen von einem Schiff große Steine auf den Grund der Nordsee vor Sylt, um die Meeresfauna in dem Gebiet zu schützen. Das Meeresschutzgebiet ist durch Baumkurrenkutter und Kiesabbau bedroht.

    Für den Schutz des Meeresschutzgebietes vor Sylt - es ist durch Baumkurrenkutter und Kiesabbau bedroht.

    Überspringe die Bildergalerie
  • Pressekonferenz zur Steinaktion in Deutschland. Stein mit Text: "Auch Fische brauchen Reservate!"

    Greenpeace-Pressekonferenz an Bord der Beluga II in Hamburg, die über eine Aktion gegen destruktive Fischerei in einem Meeresschutzgebiet vor Sylt (Sylter Außenriff ca. 5000 Quadratkilometer) informiert.

    Überspringe die Bildergalerie
Ende der Gallerie

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/tiefsee

SOS für die Tiefsee

In der Tiefsee soll Unfassbares passieren: Für den Abbau von Metallen und seltenen Erden soll der Meeresgrund durchfräst und so einzigartige Ökosysteme zerstört werden. Fordern Sie die Bundesregierung auf, sich klar für ein Moratorium auszusprechen!

Petition unterzeichnen
0%
vom Ziel erreicht
0
haben mitgemacht
0%
SOS Tiefsee

Mehr zum Thema

Greenpeace projiziert Botschaften von Menschen aus aller Welt auf den Svea-Gletscher in Spitzbergen. Mit Videos fordern Prominente wie der schwedische Schauspieler Gustaf Skarsgård und die südafrikanische Schauspielerin Amanda du-Pont den norwegischen Ministerpräsidenten Jonas Gahr Støre auf, die Pläne für den Tiefseebergbau in den arktischen Gewässern Norwegens zu stoppen.

Tiefseebergbau in der Arktis?

Norwegen legt Tiefseepläne auf Eis. Doch die Bedrohung ist noch nicht vorbei – Greenpeace bleibt dran, aktuell mit einem Protest in Bergen.

mehr erfahren über Tiefseebergbau in der Arktis?
The Marine Biodiversity of Batu Rufus Dive Site, Raja Ampat

Ein tropisches Farbenparadies stirbt

Die prächtige Welt der Korallenriffe ist bedroht: Durch die Erderhitzung kollabieren die empfindlichen Riffe. Mit ihnen verschwindet ein unverzichtbares Ökosystem.

mehr erfahren über Ein tropisches Farbenparadies stirbt
Photo Still Life of Seafood

Meerestiere mit PFAS belastet

Speisefische, Muscheln und Krabben aus Nord- und Ostsee sind zum Teil stark mit schädlichen PFAS belastet, zeigen Greenpeace-Untersuchungen. Die Ewigkeitschemikalie muss besser reguliert werden.

mehr erfahren über Meerestiere mit PFAS belastet
Projection Calling for Ocean Protection in Greece

Gerechter Meeresschutz

Meeresschutz bewahrt Artenvielfalt – doch nicht nur das: Er ist außerdem eine Frage der globalen Gerechtigkeit.

mehr erfahren über Gerechter Meeresschutz
Seelöwen in der Nähe der Hopkins-Insel vor Süd-Australien

Globaler Ozeanvertrag

Historischer Moment: Das UN-Hochseeschutzabkommen tritt am 17. Januar 2026 in Kraft.

mehr erfahren über Globaler Ozeanvertrag
Harbour Porpoise in the Baltic Sea

Schweinswale – Kleine Tümmler in Seenot

Der Schweinswal ist der einzige heimische Wal an Deutschlands Küsten – und massiv bedroht. In der Ostsee kämpft er ums Überleben, die Schutzverpflichtungen werden nicht erfüllt.

mehr erfahren über Schweinswale – Kleine Tümmler in Seenot