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Luftaufnahme Windkraftanlagen im Morgennebel, September 2012.
Paul Langrock / Zenit / Greenpeace

Interview mit Energieexperte

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Online-Redaktion: Was genau ist eigentlich Cloud Computing?

Gerald Neubauer: Immer mehr Menschen speichern und teilen Fotos, Videos und weitere Dokumente im Netz. Dafür werden virtuelle Speicher benötigt, die mithilfe von gigantischen Rechenzentren betrieben werden. Die größten dieser Rechenzentren sind aus dem Weltraum sichtbar und verbrauchen so viel Strom wie 180.000 Haushalte. Die rasant wachsende IT-Branche ist daher weltweit schon heute für 2 Prozent aller Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Online-Redaktion: Der Greenpeace-Bericht How clean is your cloud? kritisiert vor allem die Unternehmen Apple, Microsoft und Amazon. Wieso kann man gerade diese als besonders schmutzig bezeichnen?

Gerald Neubauer: Apple, Microsoft und Amazon sind innovative Unternehmen mit sehr beliebten Produkten. Diese Innovationskraft endet aber leider bei der Stromversorgung ihrer Rechenzentren. Apple beispielsweise versorgt seine Cloud zu 55 Prozent mit klimaschädlicher Kohle und zu 28 Prozent mit Atomenergie. Jeder Song, den Kunden bei iTunes speichern, erhöht die Nachfrage nach dreckigem Kohlestrom. Millionen deutscher User heizen mit jedem Klick den Klimawandel an - weil Apple, Microsoft und Amazon auf veraltete Energien setzen.

Online-Redaktion: Inwiefern haben große US-Konzerne wie Apple und Co etwas mit Deutschland zu tun? Richtet sich die Kampagne auch an deutsche Unternehmen?

Gerald Neubauer: Clean your Cloud ist eine weltweite Kampagne, die zuerst die Branchenführer zum Umsteuern auf saubere Energien bringen will. Apple, Microsoft und Amazon sind zwar US-Konzerne, doch sie haben auch in Deutschland Millionen begeisterter Kunden. Und man darf nicht vergessen, dass Klicks oder Downloads in Deutschland den Verbrauch von Kohlestrom in den USA erhöhen. Der Fokus der Kampagne liegt zwar auf den US-Konzernen, doch auch Deutschland ist ein wichtiger Standort für große Rechenzentren. Diese machen bereits 2 Prozent des deutschen Stromverbrauchs aus. Große Betreiber in Deutschland sind beispielsweise Dell, IBM und T-Systems, die ihre Rechenzentren ebenfalls mit sauberer Energie betreiben sollten.

Online-Redaktion: Gibt es bei den großen IT-Unternehmen auch Vorreiter in Sachen Erneuerbare Energien?

Gerald Neubauer: Die IT-Branche ist gespalten in Vorreiter und Nachzügler. Google, Facebook und Yahoo unternehmen große Anstrengungen, ihre Clouds mit sauberer Energie zu versorgen. Facebook hat sich selbst nach der Greenpeace-Kampagne Unfriend Coal verpflichtet, die Stromversorgung seiner Rechenzentren auf Erneuerbare Energien umzustellen. Google investiert selbst in Solarenergie und will den Anteil Erneuerbarer Energien auf 35 Prozent steigern. Und Yahoo ist Vorreiter bei der Energie-Effizienz seiner Rechenzentren, die 40-50 Prozent weniger Strom verbrauchen als herkömmliche Zentren. Wenn Apple, Microsoft und Amazon weiter als innovativ wahrgenommen werden wollen, sollten sie diesen Vorreitern folgen.

Online-Redaktion: Was will Greenpeace mit der Kampagne Clean your Cloud erreichen?

Gerald Neubauer: Die IT-Branche muss endlich ihrer Verantwortung für den Klimaschutz gerecht werden. Greenpeace verlangt von allen IT-Unternehmen, die Clouds betreiben, ihre Rechenzentren auf Erneuerbare Energien umzustellen. Dies kann durch direkte Investitionen oder den Bezug von Ökostrom bei einem Stromversorger geschehen. Der Bau von neuen Rechenzentren sollte dort erfolgen, wo eine Versorgung mit sauberem Strom möglich ist und nicht, wo dreckiger Kohlestrom das Stromnetz dominiert. Außerdem müssen die IT-Unternehmen ihren Strommix und Kohlendioxid-Ausstoß vollständig offenlegen. Nicht zuletzt sollten IT-Unternehmen von der Regierung und den Stromversorgern eine zukunftsfähige Energieversorgung verlangen.

Online-Redaktion: Was kann der einzelne Nutzer tun, um Apple und die anderen zum Umdenken zu bewegen?

Gerald Neubauer: Wir müssen Apple, Microsoft und Amazon wissen lassen, dass es weder cool noch innovativ ist, die Cloud mit dreckiger Kohle zu befeuern. Greenpeace hat eine Online-Petition an die drei Vorstandsvorsitzenden formuliert, die jeder User unterzeichnen und über die sozialen Netze verbreiten kann. Außerdem kann man die Firmen telefonisch oder im Geschäft auf ihre Geschäftspolitik ansprechen. IT-Unternehmen reagieren sensibel auf Kundenproteste, weil sie im Internet sehr schnell den Anschluss verlieren, wenn sie nicht mehr als innovativ gelten. Wenn uns viele Menschen unterstützen, haben wir gute Chancen, die IT-Branche zum Vorreiter beim Klimaschutz zu machen.

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