
Interview mit Claudia und Valdeci aus Amazonien
- Hintergrund
Greenpeace-Online: In welchen Organisationen engagiert ihr euch in Brasilien?
Claudia: Ich bin beim Kids for Forests-Projekt von Greenpeace, mache aber auch noch bei anderen Gruppen mit. Das sind Gruppen von der Stadt, von den Fischern, von den Bauern und Gewerkschaften, die sich zusammengeschlossen haben.
Valdeci: Ich bin bei Greenpeace. Wir machen auch beide mit bei der Fundação Viver, Produzir e Preservar (FVPP) (Leben, Herstellen, Schützen). FVPP hat uns einen Umweltschutzkurs bezahlt, mit dem das Bewusstsein für die Umwelt gestärkt werden soll. Dann gibt es noch die Gewerkschaft STR, die sich ebenfalls im Umweltschutz engagiert. Da bin ich auch dabei.
Greenpeace-Online: Was macht ihr in Brasilien für den Umweltschutz?
Claudia: Wir wollen anderen Menschen bewusst machen, dass es in wenigen Jahren kein Amazonien mehr geben wird, wenn die Urwaldzerstörung so weitergeht wie bisher. Wir möchten, dass die Leute Amazonien bewusst nutzen, nicht ausnutzen. Das möchten wir an andere Menschen weitergeben.
Greenpeace-Online: Und was macht ihr da konkret?
Valdeci: Wir gehen zum Beispiel in kleine Orte und Kommunen und halten dort Vorträge, um auf das Problem der Urwaldzerstörung aufmerksam zu machen. Mit einem anderen Projekt gehen wir zu Bauernhöfen, die Ökoanbau betreiben. Dort wird das Land nicht wie üblich abgebrannt. Die Erde bekommt dort Gelegenheit, sich auch über längere Zeiträume zu erholen.
In einem weiteren Projekt geht es um ein bewussteres Ernten des Baumes Açaí. Das ist eine Art Palme, die es nur in Amazonien gibt. Das Palmherz und die Frucht des Baumes werden genutzt. Bei der konventionellen Ernte wird einfach alles platt gemacht - erwachsene und auch junge Bäume. Wir bringen den Bauern bei, die Ernte schonender zu betreiben, so dass die jungen Bäume erhalten bleiben.
Claudia: Viele ausländische Nationen, zum Beispiel Japaner, gehen in den Regenwald, finden dort irgendeine Pflanze und wollen sich die dann patentieren lassen. Das ist zum Beispiel mit Cupuaçu passiert. Die haben sich die Japaner patentieren lassen, und damit war das eine japanische Frucht. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Die brasilianische Regierung hat dann aber doch ein Gesetz erlassen und solche Patentierungen verboten. Auch das Patent für Cupuaçu wurde den Japanern wieder entzogen.
Greenpeace-Online: Warum seid ihr jetzt hier in Hamburg?
Claudia: Wir sind hier, um am McPlanet-Kongress teilzunehmen. Wir möchten den Menschen hier erzählen, wie unsere Wirklichkeit in Porto de Maz, in Amazonien aussieht.
Die Probleme, die es in Amazonien gibt, spiegeln sich in der ganzen Welt wieder. Ein Hektar abgeholzter Regenwald sind zum Beispiel 20 Tonnen Sauerstoff, die der Welt verloren gehen. Wir wollen die globalen Auswirkungen dieser Zerstörung deutlich machen. Das ist gerade auch in Deutschland wichtig, denn Deutschland gehört zu den größten Konsumenten von illegalem Holz und Holzprodukten aus Amazonien.
Valdeci: Die Welt braucht Amazonien, und Amazonien braucht die Welt!
Greenpeace-Online: Was erwartet ihr von McPlanet?
Valdeci: Ich möchte mit neuer Hoffnung nach Hause zu gehen. Ich hoffe, dass sich mehr Leute - auch, aber nicht nur finanziell - in Projekten engagieren.
Claudia: Wir hoffen, dass auch andere Organisationen beginnen, Druck auf die brasilianische Regierung auszuüben, und dass Schutzgebiete wie das, wo wir herkommen, nicht mehr nur auf dem Papier existieren.
Greenpeace-Online: Wie ist denn die derzeitige Situation in den Kontrollgremien?
Valdeci: Sehr schlecht! Die brasilianische Regierung ist in den Kontrollgremien, die über die Abholzung wachen, nicht präsent.
Claudia: Von der Regierung aus gibt es fast keine Kontrolle. Die Behörden schreiten nur ein, wenn sehr, sehr viele Menschen einen Fall anzeigen. Wenn nur einer anruft und sagt, es gibt hier ein Problen, dann geschieht gar nichts.
Valdeci: Die eigentliche Kontrolle findet durch Nichtregierungsorganisationen statt.
Claudia: Wegen der fehlenden Kontrolle wird auch in den Schutzgebieten illegal abgeholzt, und zwar ständig. Die staatlichen Behörden schreiten nicht ein. Wenn das schon in den so genannten Schutzgebieten so ist kann man sich vorstellen, wie es erst dort ist, wo Abholzung erlaubt ist.
Greenpeace-Online: Was können wir von Deutschland aus tun, um euch in Amazonien zu unterstützen?
Claudia: Nicht nur Geld geben... Das Bewusstsein über die Situation in Amazonien ist wichtig. Viele Leute in Europa denken, dass Amazonien Indios, Schlangen und Wald bedeutet, aber das ist nicht so. Viele Menschen in Amazonien sind von der Umwelt abhängig, die zerstört wird. Wenn die Menschen in Deutschland, Europa und weltweit mehr über Amazonien wissen, dann interessieren sie sich auch mehr für den Schutz des Regenwaldes.
Valdeci: Mit den Geldern aus Deutschland und Europa werden nicht nur gute Projekte gefördert, sondern die Gelder landen zum Teil auch in illegalen Projekten. Die Menschen möchten etwas Gutes tun, arbeiten dann aber - ohne es zu wissen - letztlich gegen die gute Sache.
Greenpeace-Online: Wie können die Menschen hier sicher stellen, dass das Geld an den richtigen Stellen landet?
Valdeci: Greenpeace Amazonien weiß, welche NGOs sich an den richtigen Stellen einsetzen. Greenpeace arbeitet mit kommunalen Gruppen zusammen.
Claudia: So kommt das Geld dann bei den richtigen Leuten an.
Greenpeace-Online: Was macht ihr in Brasilien, wenn ihr euch gerade nicht für die Umwelt einsetzt?
Claudia: Ich gehe noch zur Schule. Später möchte ich mich auch beruflich im Umweltschutz engagieren.
Valdeci: Ich mache zurzeit meinen Schulabschluss. Zwischendurch habe ich schon mehrere Jahre gearbeitet. Ich habe auch eine Familie - Frau und Tochter. Neben der Schule arbeite ich bei der Gewerkschaft und kümmere mich dort um den Umweltschutz. Damit möchte ich auf jeden Fall weitermachen.
Claudia: Es gibt in Brasilien jeden Winter ein traditionelles Fest. Da ziehen sich alle an, als ob sie vom Land kämen. Sie malen sich Bärte an, und tanzen Quadrille, einen traditionellen, sehr lustigen Tanz. Da bin ich immer dabei.
Greenpeace-Online: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg auf dem Kongress.