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Das AKW Brunsbüttel, eines der ältesten in Deutschland, wurde 2011 nach vierjähriger Zwangspause endgültig stillgelegt
Martin Langer / Greenpeace

Internationales Schiedsgericht verhandelt Vattenfall-Klage gegen Deutschland

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Die Klage des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall stützt  sich auf eine Entscheidung der Bundesregierung aus dem Jahr 2010. Damals hatte die schwarz-gelbe Koalition den Atomvertrag von 2001 ausgehebelt und Laufzeitverlängerungen für deutsche Atommeiler beschlossen. Der katastrophale dreifache Super-GAU in Fukushima im März 2011 führte zu einem Umdenken und zur Kehrtwende.  Die sieben ältesten deutschen AKW und der Pannenmeiler in Krümmel wurden sofort stillgelegt.

Der schwedische Energiekonzern, Betreiber des Uralt-AKW Brunsbüttel sowie des AKW Krümmel, sieht darin eine Enteignung – und fordert satte 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz von der deutschen Regierung. Er beruft sich darauf, im Vertrauen auf die Laufzeitverlängerung teure Investitionen getätigt zu haben. Tatsächlich gehörten beide Meiler zu den pannenträchtigsten in Deutschland, jahrelange Ausfallzeiten führten zu beträchtlichen Verlusten in der Konzernkasse. Und es war nicht abzusehen, dass sich an dieser Situation irgendetwas ändern würde.

Atomausstieg: ein erledigtes Thema wieder aufgelegt

Vattenfall steht mit seiner Klage nicht allein. Auch die deutschen Energiekonzerne RWE und Eon haben wegen des Atomausstiegs Verfahren auf Schadenersatz eingeleitet. Als deutsche Konzerne können sie die deutsche Regierung allerdings nicht vor einem internationalen Schiedsgericht verklagen. Sie sind deshalb vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gezogen.

Zwar ist auch Vattenfall diesen Weg gegangen, doch Rechtslage und Erfolgsaussichten für den schwedischen Staatskonzern sind hier mehr als unsicher. Als schwedischer und somit in Deutschland ausländischer Energiekonzern kann sich Vattenfall aber auf die Investitionsschutzregeln des internationalen Energiecharta-Vertrags (ECT) berufen.  Dieser schützt ausländische Investoren in den Unterzeichnerländern vor Eingriffen in Eigentumsrechte. Unter anderem steht Investoren laut Vertragstext eine „stets faire und gerechte Behandlung" zu. Verhandelt wird  vor einem nichtöffentlichen, zur Weltbank gehörenden internationalen Schiedsgericht für Investitionsstreitigkeiten (ICSID) in Washington D.C.

„Sonderklagerechte für Konzerne führen unweigerlich zu einer Machtverschiebung weg von den Menschen hin zu den großen Konzernmultis“, sagt Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace in Österreich. „Gegen die deutsche Energiewende zu klagen, nur um die Konzernkassen noch mehr zu füllen, ist an Zynismus kaum zu überbieten.“

Die mündliche Verhandlung ist laut Vattenfall bis zum 21. Oktober angesetzt, ein Urteil wird frühestens nächstes Jahr fallen. Bis wann das Verfahren abgeschlossen sein wird, ist unklar.  

Steuerzahler als Dukatenesel

Die Klagen der Energiekonzerne kosten die deutschen Steuerzahler schon jetzt Millionen Euro. Im Falle Vattenfall seien seit Beginn des Verfahrens im Jahr 2012 für das Schiedsgerichtsverfahren aus dem Bundeshaushalt Ausgaben in Höhe von etwa 4,1 Millionen Euro getätigt worden (Stand: 4. März 2015), rechnete das Bundeswirtschaftsministerium in einer Anfragebeantwortung vor.

Der Großteil der Kosten wurde für die juristische Auseinandersetzung aufgewendet. Der Gegenwert von 300.000 US-Dollar entfalle auf Gerichtskosten; etwa 2,4 Millionen Euro kosteten die Leistungen der mit der Prozessführung des Schiedsgerichtsverfahrens mandatierten Rechtsanwälte. Die übrigen Ausgaben betreffen laut Wirtschaftsministerium Kosten für Gutachter sowie ‚notwendige Hilfsdienstleistungen‘  wie Übersetzungen und Dokumentenmanagement.

Besonders pikant ist das vor dem Hintergrund, dass alle großen deutschen Energieversorger sich mit dem Atomkonsens von 2001 bereits vertraglich zum stufenweisen Ausstieg aus der Atomkraft verpflichtet hatten. Bis zum Regierungswechsel 2009 hatten sie so gut wie nichts getan, um diese Verpflichtung zu erfüllen. Sie hielten an ihren Atomkraftwerken fest und warteten auf die politische Wende. Beinahe mit Erfolg. Die Katastrophe von Fukushima machte ihnen einen Strich durch die Rechnung.

Alles nur schlimmer mit TTIP und CETA

Greenpeace fordert die deutsche und auch die österreichische Bundesregierung auf, CETA nicht zuzustimmen, solange der Handelspakt Sonderklagerechte für Konzerne enthält.

„Kommt die Konzern-Paralleljustiz in TTIP und CETA, so sind der Kreativität der Multis und deren Anwaltskanzleien für ihre Klagen kaum mehr Grenzen gesetzt“, fürchtet Egit. „Zudem ist zu befürchten, dass schon die Androhung einer Klage oder gar die reine Möglichkeit einer solchen, viele notwendige staatliche Umweltschutzmaßnahmen aus Angst vor  Milliardenstrafen im Keim erstickt.“

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