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Schaufelrad eines Braunkohlebaggers nahe des Hambacher Waldes
Bernd Lauter / Greenpeace

Greenpeace und ClientEarth präsentieren Entwurf für Kohleausstiegsgesetz

Das Ziel hat die Kohlekommission festgelegt: Einen Kohleausstieg in drei Phasen. Bis 2022 müssen aus Gründen des Klimaschutzes erste Kohlekraftwerke vom Netz gehen; bis spätestens 2038 laut Kommissionsbericht die letzten. Nach Vorstellung von Greenpeace sollte bereits  2030 Schluss mit der Kohle sein. Damit aber aus den Zielvorgaben der Kommission real abgeschaltete Kohlekraftwerke werden, damit wirklich Treibhausgase eingespart werden, braucht es jetzt ein Gesetz. Nur so wird das Abschalten verpflichtend, wird die Idee konkret – nur so kommt Butter bei die Fische.

Die Bundesregierung jedoch zeigt bislang keinerlei Ambitionen, zügig ein wirksames Kohleausstiegsgesetz zu entwerfen. Stattdessen diskutieren sämtliche Politiker von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) bis  Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lieber über Ausweichlösungen wie eine  CO2-Steuer. Deshalb haben Greenpeace und die Umweltorganisation ClientEarth heute einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt. 

Hambacher Wald retten

Der von den Juristinnen Roda Verheyen und Ida Westphal ausgearbeitete Text orientiert sich an den Eckdaten der Kohlekommission, sprich: Bis 2022 müssen 3,1 Gigawatt Braunkohle in Nordrhein Westphalen vom Netz gehen- so kann auch der Hambacher Wald gerettet werden. In der zweiten Phase werden bis 2026 dann 8 Gigawatt Braunkohle und 13 Gigawatt Steinkohle in ganz Deutschland abgeschaltet und danach alle restlichen Kohlekraftwerke. Die dritte Phase sieht eine festgelegte Abschaltreihenfolge der verbliebenen Kraftwerke vor, deren Tempo abhängig von der Revisionsklausel ist. Damit wird das Sondervotum der Umweltverbände berücksichtigt, die einen vollständigen Ausstieg aus der Kohle bis 2030 anstreben.

Das Besondere: Der Gesetzentwurf ist  „kraftwerksscharf“, wie es in Fachkreisen so schön heißt. Er enthält also eine Abschaltliste für Kraftwerke und regelt den Ausstieg aus der Strom- und Wärmegewinnung aus Braun- und Steinkohle mit konkreten Zeiträumen und Kapazitäten. Damit hat die Politik in Berlin eine Blaupause für ein erstes Maßnahmenpaket ihres Klimaschutz-Rahmengesetzes und muss ihn nur noch im Bundestag beschließen.

Warum Kohleausstiegsgesetz?

Warum für die Erreichung der Klimaziele gleich ein Gesetz von Nöten ist? Weil nur dieses strengste aller deutschen Regelwerke genügend Durchsetzungsmacht entfaltet. Und weil es Rechts- und Planungssicherheit schafft. Damit weiß jeder Energiekonzern, wann welches seiner Kraftwerke vom Netz gehen muss. So können rechtzeitig Alternativen aufgebaut werden, sowohl für die zu ersetzenden Energiemengen, als auch für Arbeiter und Angestellte. Die Region kann sich darauf einstellen und den Umbruchsprozess aktiv gestalten.

Statt aber ein Kohleausstiegsgesetz voranzutreiben, streitet die Bundesregierung seit Monaten über eine CO2-Steuer. Die Debatte erinnert an die der Briten zum Brexit: Eine Mehrheit ist bei der konkreten Ausgestaltung immer dagegen. Es ist also höchst fraglich, ob die Große Koalition in diesem Jahr noch einen ernsthaften Vorschlag für eine CO2-Bepreisung auf den Tisch legen wird. Außerdem ist bei der aktuellen Gemengelage in der Politik zu vermuten, dass eine Tonne Kohlendioxid nicht genug kosten würde, um eine nennenswerte  Lenkungswirkung zu entfalten. Eine CO2-Bepreisung kann allenfalls eine ergänzende Rolle spielen, ein Kohleausstiegsgesetzt ersetzt sie nicht.

Warum keine CO2-Steuer?

Denn dazu dauert es zu lange, bis ihre Lenkwirkung zu den erforderlichen Treibhausgasreduktionen führt. In den beiden Kernsektoren, Energie und Verkehr braucht es ordnungspolitische Instrumente, damit schnell weniger Kohlendioxid ausgestoßen wird. Denn die Zeit drängt: Der Klimawandel droht, unkontrollierbar zu werden – uns bleiben nur noch wenige Jahre Zeit, um ihn abzubremsen. Bis 2030 muss der weltweite Treibhausgasausstoß halbiert werden, bis 2050 muss er auf Null sinken.

Bis zum Ende des Jahres muss deshalb der Bundestag eine ganze Reihe an Gesetzen beschließen, um seine Versprechen zum Pariser Klimaschutzabkommen einzulösen. Dazu gehört ein Klimaschutzgesetz, das zuverlässig zur Einhaltung der Ziele in den verschiedenen Sektoren wie Verkehr oder Energie führt. Es gibt den Rahmen vor. Das ebenfalls zu beschließende Kohleausstiegsgesetz muss dann die Einzelheiten im Energiesektor regeln.  

Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause

Wirtschaftsminister Altmaier verhandelt derzeit mit den Energiekonzernen die Details für den Kohleausstieg. Doch angesichts der Zeitnot kann man nicht erst die Ergebnisse dieser Verhandlungen abwarten. Der Gesetzentwurf muss parallel dazu auf den Weg gebracht werden. „Greenpeace erwartet von CDU und SPD einen klaren Beschluss für ein  Kohleausstiegsgesetz in diesem Jahr“, sagt Karsten Smid, Greenpeace-Experte für Energie.  „Dafür muss noch vor der Sommerpause der erste Entwurf vorliegen. Viele glauben, dass der Kohleausstieg schon beschlossene Sache sei. Das ist aber noch nicht der Fall.“  

 

Kohleausstiegsgesetz 2019

Kohleausstiegsgesetz 2019

33 | DIN A4

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