Jetzt spenden
Im Zwischenlager des stillgelegten Forschungsreaktors Jülich lagern 152 Castorbehälter aus den USA. Foto: dpa/Oliver Berg, 21. Oktober 2010
(c) dpa/Oliver Berg

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Die Atomaufsicht Nordrhein-Westfalen, ansässig im dortigen Wirtschaftsministerium, verlangt die Räumung des Zwischenlagers im Forschungszentrum Jülich. 152 Castoren mit Brennelementekugeln, hochradioaktiver Atommüll, lagern dort. Seit der Stilllegung im Jahr 1988 hangelt sich Jülich von einer vorläufigen Übergangsregelung zur nächsten.

Am 31. Juli läuft die Frist erneut aus. Die Atomaufsicht will nun keine weitere Verlängerung zulassen. Sie hat das Forschungszentrum aufgefordert, bis Ende September ein detailliertes Entsorgungskonzept und die dafür erforderlichen Genehmigungen vorzulegen. Als Begründung nennt sie ein ausstehendes Gutachten über die Erdbebensicherheit des Standorts. Eine favorisierte Lösung ist der Export des Atommülls in die USA. Dieser wäre jedoch rechtswidrig.

„Ein Export in die USA wäre ein unzulässiger und rechtswidriger Versuch, sich der Verantwortung für in Deutschland erzeugten Atommüll zu entledigen“, sagt Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace. „Außerdem würde auch auf gefährliche Weise der Endlagersuchprozess unterlaufen.“

Das Atomgesetz (§9a) verbietet seit dem 1.7.2005 die Abgabe von Atommüll aus kommerziellen Leistungsreaktoren in die Wiederaufarbeitung. Dies betrifft auch die Brennelemente in Jülich. Denn die dortigen Reaktoren AVR und THTR  sind keine Forschungsreaktoren sondern Atomkraftwerke mit kommerzieller Stromerzeugung. Die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) führt die Reaktoren in PRIS (Power Reactor Information System) eindeutig als Leistungsreaktoren und nicht als  Forschungsreaktoren. Auch der Beginn des kommerziellen Betriebs wird von der IAEA genannt.

Der Export in die USA ist seit dem 1.1.2014 auch nach dem Standortauswahlgesetz rechtswidrig, denn nach (§ 1) muss in Deutschland erzeugter Atommüll auch national entsorgt werden. Ganz klar werden dort Abkommen der Bundesregierung ausgeschlossen, die dem Export von Atommüll dienen.

Hingegen plant das zuständige Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen möglicherweise die Wiederaufarbeitung des Atommülls – wie ein ministerieller "Statement of Intend" belegt. Dort heißt es unter Punkt 4: "Das Department of Energy (DOE) plant eine chemische Aufarbeitung, um den Graphit abzutrennen und dann die Brennelemente nach dem H-Canyon Prozess aufzuarbeiten." 

Möglich wäre dies in der US-amerikanischen Wiederaufarbeitungsanlage Savannah River Site, einer der problematischsten Atomanlagen der Welt. Die Anlage ist unsicher und die Verschiffung des hochradioaktiven Atommülls nach Savannah River hochgefährlich. Savannah River Site stammt aus dem Jahr 1950 und diente hauptsächlich der Atomwaffenproduktion. Für derzeit 150 Millionen Liter hochradioaktiven flüssigen Atommülls gibt es vor Ort keine Lösung.

Amerikanische Atomkraftgegner leisten massiven und berechtigten Widerstand gegen deutsche Atommülltransporte in die USA. Ein Hauptgegner ist Tom Clements, Leiter der Organisation Savannah River Site Watch. „South Carolina will nicht Deutschlands Atommüllkippe werden”, sagt Clements. „Wir lehnen den Vorschlag ab, von dem nur Savannah River Site und Deutschland profitieren, die amerikanische Bevölkerung aber draufzahlt.“Bisher hat die Atomaufsicht keine Angaben dazu gemacht, bis wann das Lager in Jülich geräumt werden muss. Greenpeace fordert den Neubau eines Zwischenlagers am Standort, bei dem neueste Erkenntnisse berücksichtigt werden können und müssen.

(Autoren: Heinz Smital, Cornelia Deppe-Burghardt)

Weitere Quellen:

IAEA: Daten zum AVR JülichIAEA: Daten zum THTR JülichBundesamt für Strahlenschutz zum AVR Jülich

Jetzt mitmachen

Du willst Teil der Energiewende sein?

Menschen stellen die Energiewende dar - von der Atomkraft zur Windkraft 15.04.2011

Dann besuche in unserer Mitmach-Community Greenwire die Energiewende-Themengruppe und tausche dich mit Anderen aus, finde weitere Mitmachangebote und erfahre mehr über unsere Kampagnen.

Hier lang zur Themengruppe-Energiewende

Themengruppe auf

Menschen stellen die Energiewende dar - von der Atomkraft zur Windkraft 15.04.2011

Mehr zum Thema

Projektion für den Atomausstieg am Atomkraftwerk Isar 2 bei Nacht
  • 28.03.2024

Auch wenn vielerorts eine “Renaissance der Atomkraft” herbeigeredet wird, die Fakten sprechen dagegen: Atomenergie ist in Deutschland am Ende, im Rest Europas und weltweit auf dem absteigenden Ast.

mehr erfahren
Karte der Region Fukushima in Japan, die die Ausbreitung der Strahlung nach der Atomkatastrophe im März 2011 im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi zeigt.
  • 11.03.2024

Der 11. März 2011 versetzte Japan in einen Ausnahmezustand, der bis heute anhält. Die dreifache Katastrophe von Erdbeben, Tsunami-Flutwelle und Super-GAU traf das Land bis ins Mark.

mehr erfahren
Projektion zum Atomausstieg am AKW Isar 2
  • 05.03.2024

Atomkraft ist nicht nur riskant, sondern auch keine Lösung für die Energiekrise. Am 15. April 2023 wurden die deutschen Atomkraftwerke darum abgeschaltet, endgültig.

mehr erfahren
Balloons on the 'Plein' at The Hague
  • 12.12.2023

Ein technologischer Meilenstein, aber kein Modell für die Zukunft: Warum der gelungene Versuch der Kernfusion nicht die Probleme der Gegenwart löst.

mehr erfahren
Dunkle Wolken über Fukushima
  • 24.08.2023

Mit bewussten Fehleinschätzungen wird der Plan gerechtfertigt, mehr als eine Million Tonnen radioaktives Wasser aus Fukushima ins Meer abzulassen. Greenpeace entkräftet diese Halbwahrheiten.

mehr erfahren
The Nuclear Crisis at the Fukushima Daiichi Nuclear Plant Continues
  • 14.06.2023

Seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 hat Greenpeace zahlreiche Studien durchgeführt. Alle Publikationen sind hier aufgelistet.

mehr erfahren