
Bruchlandung für den Klimaschutz
- Ein Artikel von Simone Miller
Ob Urlaubsreisen, Familienbesuche oder Businesstrips: Bei der Wahl zwischen Zug- und Flugreisen entscheidet oft der Preis. Eine Vergleichsanalyse von Greenpeace.
Sommerzeit ist Reisezeit, halb Europa macht sich auf den Weg. Ins Urlaubsziel, zur Großmutter oder noch schnell eine Geschäftsreise, und dann die Frage: Zug oder Flug. Erstes ist klimafreundlicher, zweites meist schneller. Entscheidend sind oft die Kosten. Dazu hat Greenpeace jetzt eine Vergleichsanalyse erarbeitet.
Ein Preisvergleich kann sich lohnen: Auf etwa einem Viertel der 112 von Greenpeace recherchierten europäischen Strecken sind Zugtickets günstiger als klimaschädliches Fliegen. Ein Städtetrip von Berlin nach Prag ist beispielsweise schneller und billiger mit der Bahn - und verursacht zudem 30-mal weniger Treibhausgase als der Flug. Für viele europäische Reiseziele gibt es ab Deutschland - auch wegen der zentralen Lage - attraktive Bahnangebote. Doch leider sind diese eine Ausnahme. Viele Menschen, die eigentlich bewusst mit der klimafreundlichen Bahn reisen wollen, müssen dafür tiefer in die Tasche greifen. Auch mitten in der Klimakrise sind die meisten Bahnreisen in Europa noch immer teurer als Flugtickets. Vor allem wenn eine Billig-Airline die gewünschte Strecke bedient.
So ist, das zeigt die Analyse, Bahnfahren überwiegend (in 71 Prozent der untersuchten Reisen) teurer als vergleichbare klimaschädliche Flugreisen. Nur auf 23 der 112 analysierten europäischen Strecken kann die Bahn günstigere Preise anbieten. Durchschnittlich müssen Bahnfahrer rund 50 Prozent mehr zahlen als Flugreisende. Wer kurzfristig verreisen will, für den ist Bahnfahren besonders kostspielig.

“Die fehlende Kerosinsteuer und weitere klimaschädliche Subventionen für die Flugindustrie verzerren die Preise. Das ist eine Bruchlandung für viele gute Vorsätze und den Klimaschutz. Verbraucher:innen sollten sich darauf verlassen können, dass die Bahn immer das günstigste Verkehrsmittel ist.”
Steuerbegünstigte Flüge schaden dem europäischen Schienenverkehr
Die Bahn als allzeit attraktivstes Verkehrsmittel - für diese Vision, das zeigt die Greenpeace-Studie, müssten Fluggesellschaften endlich angemessene Steuern zahlen, die dann der Schiene zugutekommen. Billigfluggesellschaften bedienen knapp 80 Prozent der untersuchten europäischen Strecken und sind mit ihren subventionierten Preisen in den meisten Fällen billiger als die Bahn. Reiserer: "Vermeintliche Schnäppchenflüge sind nur möglich, weil andere die wahren Kosten tragen, etwa durch schlechte Arbeitsbedingungen und den Folgen der Klimakrise."
Greenpeace fordert eine Besteuerung des klimaschädlichen Luftverkehrs: Eine Kerosinsteuer von 50 Cent pro Liter würde jährliche europäische Einnahmen in Höhe von 46,2 Mrd. Euro bringen, die zum Ausbau einer zuverlässigen Bahninfrastruktur und Bereitstellung von bezahlbaren Bahntickets auf dem gesamten Kontinent beitragen könnten.

Für den Preisvergleich recherchierte Greenpeace die niedrigsten Flug- und Bahnpreise für die einfache Fahrt auf allen 112 Routen zu verschiedenen Buchungszeiten. Um einen europäischen Vergleich zu gewährleisten, wurden die Preise ohne Bahncard und Vielflieger-Rabatte untersucht. Vier der zwölf attraktivsten Zugverbindungen, die der Report listet, enden oder starten in Deutschland (Berlin – Prag, Zürich – Berlin, Warschau – Berlin, Hamburg – München). Auf anderen Strecken ab Berlin wird die Bahn aber durch Schnäppchentickets ausgebremst: Nach London, Brüssel oder Kopenhagen ist der Flug sowohl kurzfristig als auch geplant günstiger. Mit einem Zugticket, das bis zum 30-fachen des Flugpreises für eine Reise am selben Tag kostet, ist Barcelona-London die Distanz mit dem höchsten Preisunterschied.

Vergleich europäischer Bahn- und Zugreisen
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Ticket prices of planes vs trains
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