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Feinstaub Aktion in Berlin mit umgebauten Smarts zu Diesel Schweinen, Juli 2005
Andreas Schoelzel / Greenpeace

Mit einfacher Technik gegen Dieselruß

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Die Politik ist zum Handlanger der Autohersteller verkommen. Seit eineinhalb Jahren sind die Autohersteller zunehmend bereit, neue Diesel-Pkw mit Partikelfilter auszuliefern. Die Umstellung hat begonnen, aber die Nachrüstung von circa neun Millionen Alt-Pkw wird von den Autoherstellern verhindert.

Die Autohersteller machen die Politiker glauben, dass die die Nachrüstung alter PKW nur bedingt machbar sei. So soll mit Teilfiltern und PM-Kat-Filtern anstatt mit Vollfiltern nachgerüstet werden. Diese Vollfilter könnten die Menschen vor Dieselkrebs schützen und gleichzeitig die Feinstaubbelastung um bis zu 25 Prozent reduzieren. Dass die Nachrüstung mit Vollfiltern technisch voll ausgereift ist, hat nicht nur Greenpeace schon 2002 mit der Nachrüstung eines gebrauchten Mercedes (Modell: C220 CDI-T) gezeigt. Auch das Umweltbundesamt hat 2003 einen VW-Passat-Dienstwagen mit einem Partikelvollfilter nachrüsten lassen.

Der Ausstoß von Dieselrußpartikeln ist gefährlich, weil diese Lungenkrebs erzeugen, zu Herzversagen und Schlaganfällen führen können sowie Atemwegserkrankungen und Pollenallergien verstärken können (Details im Hintergrundpapier Dieselruß und Gesundheit). Vollfilter halten die Partikel fast vollständig zurück und verhindern so, dass sie in die Umwelt gelangen.

Das technische Problem

Um Dieselpartikel zurückzuhalten, werden sie in einem Filter gesammelt und verbrannt. Letzteres ist wichtig, damit der Filter frei und funktionsfähig bleibt. Für die Verbrennung der Partikel sind Temperaturen um 600 Grad Celsius notwendig. Abgase erreichen aber eine solch hohe Temperatur nur bei Vollgas. Im Normalfall sind sie kaum heißer als 250 Grad Celsius. Um die Partikel zu verbrennen, kann die Abgastemperatur erhöht oder die Verbrennungstemperatur der Dieselpartikel gesenkt werden. Optimal ist eine Vorgehensweise, die beide Ansätze kombiniert.

Die Lösung für Neufahrzeuge

1. Erhöhung der Abgastemperatur: Mit gezielter Nacheinspritzung des Kraftstoffes (in den Zylinder während des Auslass-Taktes bzw. bei offenem Ventil) und entsprechender Motorsteuerung kann die Abgastemperatur erhöht werden. Die Nachverbrennung der verschiedenen flüchtigen brennbaren Abgase erhöht im Katalysator die Abgastemperatur weiter. Die Abgastemperatur, die so dem Partikelfilter zugeführt wird, ist zwar nun erheblich höher, liegt aber noch immer unter 500 Grad Celsius. Damit ist die Verbrennung der Rußpartikel, die 600 Grad Celsius erfordert, noch nicht gewährleistet.

2. Absenken der Entzündungstemperatur: Die Entzündungstemperatur der Partikel muss also auf 500 Grad Celsius abgesenkt werden. Um dies zu erreichen, wird dem Dieselkraftstoff ein so genanntes Additiv (Zusatzstoff) beigegeben. Durch diesen Zusatzstoff, zum Beispiel eine Eisen-Sauerstoff-Verbindung, wird eine zusätzliche chemische Reaktion ausgelöst und die Verbrennungstemperatur der Dieselpartikel auf circa 450 Grad Celsius gesenkt.

Die Kombination beider Maßnahmen - Absenken der Entzündungstemperatur mittels Additiv und Erhöhung der tatsächlichen Temperatur des Abgases führt zur vollständigen Verbrennung der Dieselpartikel im Rußfilter.

Mehrkosten durch Filtertechnik

Industrieexperten schätzen die zusätzlichen Einkaufskosten für den Hersteller auf circa 150 Euro pro Fahrzeug. Die Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge wird inklusive Einbau circa 1.000 Euro kosten. Die Kosten lassen sich aber in Abhängigkeit von der Stückzahl verringern. Wenn auch noch das Additiv direkt dem Dieselkraftstoff beigemischt und dadurch die gesamte Technik einfacher wird, können die Kosten weiter gesenkt werden. Eine Kostenreduzierung auf 500 Euro pro Fahrzeug für die Nachrüstung ist vorstellbar.

Auch Nachrüsten ist kein Problem

Nach jeder Betankung berechnet ein Programm die für den nachgefüllten Kraftstoff notwendige Menge Additiv. Das wird über eine Einspritzung direkt dem Kraftstoff im Tank zugeführt. Wie beschrieben, kann damit die Entzündungstemperatur der Rußpartikel gesenkt werden.

Im ausgewählten Mercedes war es nicht möglich, die Nacheinspritzung ohne Zugriff auf die Motorsteuerung zu ermöglichen. Da dieser Eingriff unmöglich war, musste ein anderer Weg gefunden werden, um das Verbrennen des Rußes zu gewährleisten. Also wurde ein chemischer Trick genutzt: Ruß verbrennt mit Stickstoffdioxid (NO2) bei wesentlich geringeren Temperaturen. Die hierfür benötigte Menge an Stickstoffdioxid wird in einem besonders hochbeschichteten Katalysator gebildet. Dafür wurde der Serien-Katalysator durch einen neuen mit einer um 70 Prozent höheren Edelmetallbeschichtung, und damit einem Überschuss an Stickstoffdioxid, ersetzt.

Mit diesem Trick ist es gelungen, die Partikel unter fast allen Bedingungen der Alltagsfahrt, also auch bei niedriger Abgastemperatur und ohne Eingriff in die Motorsteuerung, zu reduzieren. Seit 2004 gibt es sogar Nachrüstvollfilter, die mit einer Heizspirale ausgestattet sind. Damit gewährleisten die Vollfilterhersteller, dass ein Eingriff in die Motorensteuerung vollkommen unnötig ist.

Die Messergebnisse

Greenpeace und der RWTÜV beweisen, dass die Nachrüstung, sprich die Bestückung aller Diesel-Pkw, mit diesem oder einem ähnlichen Filtersystem sofort möglich ist. Die Messungen nach 5.000, 10.000 und 15.000 Kilometern beweisen, dass die Partikelmasse den von Greenpeace geforderte Wert von 0,001 Gramm pro Kilometer nicht überschreitet.

Fazit

Mit einem Dieselfilter aus französischer Fahrzeugtechnik und einer Additiv-Dosierungsanlage aus einem Gabelstapler ist es Greenpeace schon 2002 gelungen, ein Auto ohne Eingriff in die Motorensteuerung nachzurüsten, was deutsche Autobauer immer noch leugnen. Es ist also möglich auch ältere Autos umzubauen.

Greenpeace fordert:

Von der Industrie

  • Sofortige Ausstattung aller neuen Dieselfahrzeuge mit Dieselrußfiltern.
  • Die Nachrüstung verkaufter Dieselfahrzeuge mit Dieselrußfiltern vorzubereiten und zu vermarkten.

Von der Politik

  • Alle neu zugelassenen Dieselfahrzeuge, Pkw und Kleinlastwagen müssen mit einem Dieselrußfilter oder ähnlich wirksamer Technik ausgerüstet sein.

    Förderung der Nachrüstung mit Dieselrußfilter durch Steuerbegünstigung.

  • Die Bundesregierung bringt bei der EU einen Antrag zur Änderung der EU 4 Norm für Dieselpartikel auf 0,001gramm pro Kilometer ein.

Das können Sie tun

  • Kaufen Sie nur Dieselfahrzeuge mit Partikelvollfilter.
  • Raten Sie Ihren Freunden und Bekannten vom Kauf eines Dieselfahrzeuges ohne Partikelvollfilter ab.
  • Lassen Sie sich von den Autoherstellern nicht betrügen mit dem Angebot, dass er Ihr Fahrzeug nachrüsten wird.
  • Lassen Sie, falls Sie ein Dieselfahrzeug besitzen, einen Dieselrußfilter einbauen.

Stand: 2/2006

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