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Greenpeace-Aktivisten protestieren gegen geplante Frackingvorhaben, hier in Kopenhagen
Uffe Weng / Greenpeace

Energiegewinnung durch Fracking bleibt umstritten

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Ein Thema spaltet die Bundesregierung. Grund des Zwists: Fracking. Weil keine Einigung zu erwarten ist, hat der Bundestag nun sogar den geplanten Gesetzentwurf auf Eis gelegt.

Eigentlich wollte der Bundestag heute über einen Gesetzentwurf von Umweltministerin Barbara Hendricks abstimmen. Der soll regeln, unter welchen Bedingungen in Deutschland Gas durch Fracking gefördert werden darf. In der Regierungskoalition ist diese Technologie jedoch aufgrund der Risiken so umstritten, dass eine Mehrheit für das Gesetz ungewiss schien. Die Abstimmung wurde daher verschoben – ohne neuen Termin.

Dazu beigetragen hat auch der Protest, der sich durch die ganze Republik zieht: Bürgerinitiativen, Brauereien, Wasserwerke, Umweltschützer und viele Bundesländer laufen Sturm gegen die Pläne, Fracking in Deutschland einzusetzen.

Warum lehnt Greenpeace Fracking ab?

Denn die Nutzung von Gas aus unkonventionellen Lagerstätten birgt zahlreiche Risiken für Mensch, Natur und Umwelt. Um an Gas und Öl in tief gelegenen Gesteinsschichten zu kommen, wird unter hohem Druck eine Mischung aus Wasser, Sand und Chemikalien ins Gestein gepumpt. Dadurch entstehen Risse, aus denen Gas oder Öl strömt. Mit dem geförderten Rohstoff gelangt ein Teil der Chemikalien über das Bohrloch zurück an die Oberfläche, der sogenannte Flowback. In diesem können Reste von Kohlenwasserstoff wie Benzol und Elemente wie Quecksilber, Arsen oder natürliche radioaktive Stoffe (Radium 226 und 228) enthalten sein. Eine Verunreinigung des Grundwasser und damit des Trinkwassers ist nicht auszuschließen.

Auch hinsichtlich des Klimawandels ist Fracking keinesfalls sinnvoll: Selbst die Internationale Energieagentur fordert, zwei Drittel der weltweiten fossilen Brennstoffvorkommen im Boden zu lassen. „Wir müssen dringend die Erneuerbaren Energien ausbauen, wenn wir die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels verhindern wollen“, sagt Matthias Flieder, Greenpeace-Experte für Fracking. „Wir können es uns nicht leisten, stattdessen Geld und Ressourcen in die Entwicklung neuer Fördermethoden für Öl und Gas zu investieren.“

Zwar befürwortet Greenpeace grundsätzlich Erdgas als Brückentechnologie für den Übergang in das Zeitalter der Erneuerbaren Energien. Erdgas hat unter den fossilen Energieträgern die beste CO2-Bilanz. Aber nicht, wenn es aus unkonventionellen - also schwer erreichbaren - Lagerstätten stammt. Je nach Bohrtiefe ist es dann bis zu 176 Prozent klimaschädlicher als konventionell gefördertes Gas.

Wer ist dafür, wer dagegen?

Diese Ablehnung teilen offensichtlich auch viele Abgeordnete von SPD und CDU. Ihre Gegner sind die Parteikollegen aus dem Wirtschaftsressort, die in Fracking-Gas eine unverzichtbare Ressource sehen. Innerhalb der Unionsfraktion haben sich rund 100 Abgeordnete in einer Gruppe der Fracking-Gegner zusammengeschlossen. Auch in der SPD sitzt der Unmut tief. Die Grünen und die Linke positionieren sich geschlossen gegen diese Form der Energiegewinnung.

Einig sind sich auch die Umweltminister der Bundesländer: Sie lehnen die Regierungspläne als unzureichend ab und wollen das Verfahren in Deutschland verbieten. Bereits mehr als 2000 Kommunen und Gemeinden haben angekündigt, Fracking auf ihrem Gebiet nicht zulassen zu wollen. „Der Protest gegen Fracking ist breit und gut begründet“, so Flieder. „Greenpeace fordert den Bundestag auf, Fracking in Deutschland zu verbieten – weil es gefährlich und unnötig ist.“

Welches Potenzial hat Fracking in Deutschland?

Hinzu kommt, dass noch völlig unklar ist, wie hoch die Ausbeute überhaupt sein wird. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe schätzt die Menge an technisch gewinnbarem Gas auf 700 bis 2.300 Milliarden Kubikmeter. Damit könnte der Bedarf in Deutschland für circa acht bis 26 Jahre gedeckt werden. Diese nicht gerade geringe Spanne hängt damit zusammen, dass es in Deutschland bislang keinerlei Erfahrungswerte gibt: Es ist unklar, was an nutzbarem Gas herauskommt. In anderen Ländern klafften Schätzung und Realität meist weit auseinander; die Menge fiel deutlich geringer aus.

Dennoch sind Potenziale vorhanden - aufgrund der zu erwartenden Risiken für Mensch und Umwelt haben trotzdem einige Staaten die Anwendung von Fracking verboten oder zumindest Moratorien verhängt. Zu diesen Ländern gehören unter anderem Frankreich, Belgien, Tschechien und der US-Bundesstaat New York.

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