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Redaktion: Siebzehn Atomkraftwerke an verschiedenen deutschen Standorten - eine atomare Katastrophe wie in Fukushima hätte auch bei uns verheerende Folgen. Was haben die Ereignisse in Japan bei Ihnen ausgelöst?
Jule Ronstedt: Das Erste was ich dachte, war: Jetzt ist es passiert! - Und das sagt ja alles: Die immer bestehende mögliche Katastrophe ist Wahrheit geworden. Also, kein Wundern, kein Erstaunen. Es ist das eingetreten, wovor ich schon immer Angst hatte, seit Tschernobyl sogar sehr große Angst. Und jetzt in Japan, diesem super-Techno-Fortschrittsland. Da kann man schlecht sagen, die haben geschlampt oder gepfuscht. Sie haben es doch genau gewusst, was sie da ans Meer gebaut haben in Fukushima, trotz permanenten Erdbeben, trotz Tsunamiwellen. Und jetzt eine unbewohnbare Zone. Traurig macht es mich, wütend und sprachlos, wie dumm wir Menschen immer wieder an unserem eigenen Ast sägen.
Redaktion: Frau Ronstedt, Sie sind viel unterwegs, Ihr Wohnsitz befindet sich aber in Deutschland. Wie nehmen Sie die aktuelle Debatte um den deutschen Atomausstieg wahr?
Jule Ronstedt: Das erst so eine grässliche Atomkatastrophe passieren muss, damit in Deutschland das Thema überhaupt mal ernst angegangen wird, ärgert mich wahnsinnig. Und dann wird das gleich wieder parteipolitisch genutzt. Früher wurden die Atomgegner mit ihren Demos von den Konservativen doch nur müde belächelt, heute brüsten sie sich mit der Wende in der Atomkraftdebatte. Aber sie konnten nur so reagieren, nach diesen entsetzlichen Fakten in Japan. Schade, dass es nicht genügt, so einen Gau grundsätzlich vermeiden zu wollen beziehungsweise die Möglichkeiten dafür gar nicht erst zu schaffen.
Redaktion: "So schnell wie möglich" wollte die deutsche Regierung nach Fukushima aus der Atomkraft aussteigen…
Jule Ronstedt: Worauf wollen wir denn noch warten? Nein, ich denke, man sollte und kann den Ausstieg schneller umsetzen. Und ich kenne keinen Grund, der dagegen spricht. 2022! Das wären elf Jahre, wer weiß, ob wir da noch leben!
Redaktion: Wie tragen Sie konkret zum Klimaschutz bei?
Jule Ronstedt: Ich beziehe zum Beispiel meinen Strom über Greenpeace-Energy. Ansonsten versuche ich in der Stadt alles mit dem Fahrrad zu erledigen oder zu Fuß. Ich achte beim Einkaufen auf Verpackungsmaterialien, nehme immer Taschen mit, um keinen Tütenberg mit nach Hause zu bringen. Wir lassen keine Lichter unnötig brennen und heizen nicht zum Fenster raus. Leider fliege ich beruflich noch zu oft, das hat meistens mit Zeitmangel zu tun, aber wenn es möglich ist, nehme ich den Zug. Das sind alles keine großen Taten, aber ich denke, wenn jeder einzelne sein Bewusstsein ein wenig dafür schärft, ist man doch schon einen Schritt weiter.
Redaktion: Sie engagieren sich bereits seit Ihrer Jugend für Umweltschutz und Nachhaltigkeit, unter anderem in der Anti-Atom-Bewegung. Was ist Ihre Botschaft an Frau Merkel und die Mitglieder des Bundestags?
Jule Ronstedt: Mensch und Umwelt müssen oberste Priorität in politischen Entscheidungen bekommen. Es darf nicht immer das wirtschaftliche Interesse im Vordergrund stehen. Wenn es nur ums Geld geht, bleiben wir Menschen irgendwann auf der Strecke! Ich wünschte mir, dass die Erkenntnis dieser Verantwortung bei unseren Politikern spürbarer, sichtbarer, greifbarer werden würde.
Redaktion: Herzlichen Dank für das Interview!
Das Interview führte Angela Pieske.