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oil pollution Kuwait 1991
Greenpeace / Unrestricted

Das Beispiel Irak

Neue Hightech-Kriege sind keineswegs sauber. Die ökologischen Schäden des Golfkriegs 1991 sind z.B.: Öleinleitungen ins Meer, brennende Ölquellen, verseuchtes Trinkwasser, um nur einige zu nennen. 

Nach dem ersten Golfkrieg (Januar bis April 1991) deckte Greenpeace die Kriegsschäden auf: Im Juni erschien unter dem Titel On Impact: Modern Warfare and the Environment. A Case Study of the Gulf War ein Bericht, der nicht nur die ökologischen Schäden dokumentiert, sondern auch die Zahl der Toten und Verletzten sowie die Zerstörung ziviler Einrichtungen. Darüber hinaus werden moderne Methoden der modernen Kriegführung präsentiert. Es ist das erste Mal, dass die verheerenden Folgen eines Hightech-Krieges beim Namen genannt werden.

Der Bericht ist in der Fachwelt hoch angesehen. Professor Knut Krusewitz bezeichnete ihn als den einzigen überhaupt nennenswerten Report, der überschaubar die verwertbaren Informationen zusammenfasst und der Öffentlichkeit zugänglich macht. Bis heute ist er einer der ganz wenigen Berichte, die sich nicht nur mit den Folgen für Kuwait, sondern auch mit der Situation im Irak beschäftigen. Dies ermöglichte unter anderem eine Expedition mit der MV Greenpeace in den Persischen Golf.

Drei Monate (vom 8.8. bis 8.10.1991) fuhr das Schiff die Küsten Bahrains, Saudi-Arabiens, Kuwaits und Irans ab. Unter der Leitung von Paul Horsman nahm ein wissenschaftliches Team die Schäden in Augenschein, die insbesondere durch die Ölverseuchungen und den Ölruß entstanden waren. Augenzeugenberichte dieser Reise, wie der von Thomas Henningsen, der damals im Greenpeace Magazin erschien, werden auch heute noch zitiert. Greenpeace hat auf diesem Gebiet Fachwissen, das von vielen geschätzt wird.

Wichtige Aspekte des Berichts sind:

  1. Die völkerrechtlichen Grundlagen: die Frage, ob ein Umwelt-Krieg gegen den Irak vom geltenden Völkerrecht gedeckt ist oder diesem widerspricht.
  2. Die Schäden des letzten Golfkrieges – soweit bekannt – im Überblick.
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Ist Krieg gegen die Umwelt aus völkerrechtlicher Sicht erlaubt?

Kriegsformen, die die Umwelt gezielt als Mittel des Krieges einsetzen oder die Umwelt nachhaltig schädigen, sind völkerrechtlich verboten. Das Übereinkommen über das Verbot der militärischen oder einer sonstigen feindseligen Nutzung umweltverändernder Techniken vom 18. Mai 1977 (Environmental Modification Convention, ENMOD) verbietet Angriffe auf die natürliche Umwelt. Jede militärische Manipulation natürlicher Abläufe ist untersagt.

Dieses Verbot entstand als eine direkte Konsequenz des Vietnam-Krieges. Es soll verhindern, dass die Natur vom Militär als Waffe missbraucht wird. Es untersagt absichtliche Eingriffe in die Natur durch Krieg und die unbeabsichtigte, aber militärisch notwendige Inkaufnahme schwerwiegender Schäden aufgeführt. Auch dies ist völkerrechtlich unzulässig. ENMOD ist von einer ausreichenden Zahl von Staaten ratifiziert worden (inklusive USA) und ist damit geltendes Völkerrecht.

Das 39. Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte vom 8. Juni 1977 (zitiert als ZP I) führt ein absolutes Verbot nachhaltiger Umweltschäden in das humanitäre Völkerrecht ein. Ist erkennbar oder zu vermuten, dass die Mittel der Kriegführung ausgedehnte, lang andauernde und schwere Schäden der natürlichen Umwelt verursachen, sind sie auch dann nicht zulässig, wenn sie aus militärischer Sicht notwendig erscheinen. Die USA haben aber gerade dieses Zusatzprotokoll nicht ratifiziert.

Die juristische Terminologie entscheidet zwischen Umwelt und Ökologie. In ENMOD ist die Ökologie im Sinne der natürlichen Umwelt gemeint; ihre bewusste Manipulation ist untersagt. ZP1 geht weiter. Es ächtet nicht nur die absichtliche Schädigung der Umwelt, sondern auch (Umwelt-) Kollateralschäden, sofern sie lang andauernd, ausgedehnt und schwerwiegend sind. Hier wird der Begriff Umwelt so verstanden, dass er auch die vom Menschen geschaffene Umwelt, also Kulturlandschaft, Infrastruktur oder Wohnungen, einschließt.

Es besteht die Gefahr, dass neue Kriegführungsmethoden Umwelt, Zivilisten und Lebensraum der Bevölkerung massiv in Mitleidenschaft ziehen. Im Irak leben mehr als 60 Prozent der Menschen in großen Städten. Namhafte Fachleute gehen davon aus, dass die Alliierten die Zerstörung der wichtigsten Produktionsanlagen, der Infrastruktur, einschließlich des Gesundheitswesen, sowie die Verseuchung von Wohngebieten und landwirtschaftlichen Flächen mit Absicht herbeiführten, um nachfolgende Sanktionen wirkungsvoller zu machen.

Die Umweltschäden des Golfkrieges

Was die Fakten zu den Auswirkungen des Krieges von 1991 auf die Umwelt betrifft, bewegen wir uns auf dünnem Eis. Bestehende Informationen sind schwer einzuordnen. Mit diesem Problem hatten auch die Autoren des Greenpeace-Berichts zu kämpfen. Zwar sahen sie im Herbst 1991 ölverseuchte Buchten und Küstenregionen (vor allem in Saudi-Arabien und Bahrain), konnten über die Folgen aber nur Mutmaßungen anstellen. Die Bewertung der Umweltschäden war vor allem aus drei Gründen problematisch:

  • Viele der (vermuteten) Schäden haben eine Langzeitwirkung: Dies betrifft zum Beispiel Folgen für Luft und Meer durch die festgestellten Temperaturschwankungen und mögliche Auswirkungen auf Flora und Fauna. Die Umweltschäden des Golfkriegs waren mit keiner bislang erforschten Katastrophe vergleichbar – weder was die Menge des ausgelaufenen Öls noch was Rußbildung aus der Verbrennung von Rohöl betrifft.
  • Fehlen von Vergleichsdaten: Dort, wo Schäden sichtbar sind, ist nicht eindeutig zu klären, ob sie bereits vorher schon bestanden. Die Golfregion ist mit ihrer Vielzahl von Raffinerien und Industrieunternehmen ein belastetes Gebiet, in dem es ständig z.B. zu Ölaustritten kommt.
  • Auch das Verschweigen von Schäden war ein Problem. Formal endete mit dem Krieg auch die Nachrichtensperre der Alliierten, faktisch wurde sie aber aufrechterhalten. Die Folgen des Krieges sollten geheim gehalten werden.
  • An der Lage hat sich bis heute nichts geändert. Neu erschienene Studien beschränken sich zumeist auf Einzelaspekte und unmittelbare Schäden. Über die ökologischen Langzeitfolgen im Irak ist kaum etwas bekannt.

Die folgenden Angaben sind Bruchstücke. Sie stützen sich auf verschiedene Studien, Zeitungsartikel oder Reports, insbesondere von Greenpeace und dem Umwelt- und Konfliktforscher K. Krusewitz, und behandeln fünf Themenkomplexe:

1. Die Auswirkungen ausgelaufenen Öls auf Meer und Küsten

2. Die Auswirkungen der Ölbrände auf die Biosphäre

3. Die Folgen der künstlichen Wasserverknappung

4. Die Auswirkungen der Flächenbombardierung von Militär- und Industrieanlagen sowie von ziviler Infrastruktur

5. Schäden durch Munition insbesondere „abreichertes“, also radioaktives Uran (Depleted Uranium, DU), Waffensysteme und Militärgerät.

1. Ausgelaufenes Öl im Meer und an den Küsten

Schätzungsweise 800.000 Tonnen Öl wurden absichtlich ins Meer geleitet, ein Teil davon von irakischer Seite. Bisher ist noch unklar, wer darüber hinaus zur Ölkatastrophe im Golf beigetragen hat. Das Öl stammte vorwiegend aus zerschossenen Tankern, geöffneten Ölleitungen und zerstörten Tanklagern.Betroffen war ein empfindliches Ökosystem. Denn der Persische Golf ist auf Grund seiner geringen Wassertiefe und Wattflächen Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten, die hier heimisch sind und kaum in anderen Regionen überleben könnten.

Bereits vor dem Golfkrieg war der Persische Golf eines der am meisten verschmutzten Meere der Welt. Dies geht vor allem auf die Förderung und Verladung von Öl in den 80er Jahren zurück: 160.000 Tonnen Öl liefen dabei jährlich ins Meer. Der Golfkrieg verschärfte die Lage: Am 19. Januar 1991 wurde am Öl-Terminal Ahmadi im Süden Kuwaits Öl abgelassen oder eingeleitet. Durch die im Golf vorherrschende gegen den Uhrzeigersinn gerichtete Meeresströmung floss das Öl an der kuwaitischen Küste entlang in Richtung Süden: Innerhalb weniger Wochen breitete sich über 700 Kilometer der Küste ein beinahe lückenloser Ölteppich aus. Gestoppt wurde die Ausbreitung erst am 14. Februar an der saudi-arabischen Halbinsel Abu Ali, die als natürliche Barriere fungierte. Die Gezeitenzone war betroffen, besonders der obere Teil dieser Zone war mit Öl überschwemmt. Die mittlere und obere Gezeitenzone verlor den größten Teil ihrer Tier- und Pflanzengemeinschaften. Große Flächen der Salzmarschen und Mangroven mit ihren dazugehörigen Lebensgemeinschaften waren tot.

Zehntausende von Vögeln verendeten im Öl auf dem Wasser. Etwa 93 Meeressäuger, Wale, Delfine und Seekühe, wurden tot gefunden, wahrscheinlich starben sie in Folge der Ölkatastrophe.

2. Die Auswirkungen der Ölbrände auf die Biosphäre

Während des Golfkrieges 1991 wurden bewusst Ölquellen in Kuwait in Brand gesetzt. Insgesamt verfügt der Irak über 73 Ölfelder mit insgesamt mehr als 1600 Quellen. Die beiden größten Felder sind Rumaila im Süden und Kirkuk im Norden. Auswirkungen im Golfkrieg 1991:

  • 732 Ölquellen wurden im Frühjahr 1991 in Kuwait zerstört: 650 davon wurden vorsätzlich in Brand gesetzt oder gerieten in Brand, bei den anderen wurden die Ventile geöffnet. Die letzte Ölquelle konnte erst im November 1991 gelöscht werden.
  • Aus den geöffneten Ölquellen liefen rund acht Millionen Tonnen Öl aus.
  • Täglich verbrannten zwischen 300.000 und 700.000 Tonnen Öl – das entspricht einem Anteil von 3,5 bis 8,1 Prozent des damaligen weltweiten Ölverbrauchs pro Tag.
  • Der entstehende Qualm enthielt mehrere tausend Tonnen Schwefeldioxid, Stickstoffoxide und Kohlenmonoxid. Hinzu kamen Schwermetalle wie Cadmium (Nervengift, potenziell Krebs erregend und Erbgut schädigend), Blei (Nervengift), Vanadium (Erbgut schädigend) und Chrom (Krebs erregend).
  • Als kurzfristige Folge stellten Ärzte in Kuwait eine erhöhte Rate von Atemwegserkrankungen und Asthma fest.
  • Die enormen Rußmengen führten zur Bildung von „schwarzem Regen“, der sich bis in die Türkei, in den Iran, nach Oman und in den südlichen Teil der damaligen Sowjetunion erstreckte. In Kuwait bedeckte der Ruß eine Fläche von rund 935 Quadratkilometer.
  • Der Niederschlag enthielt als Fallout Schwefeldioxid, Stickoxide, giftige und Krebs erzeugende Kohlenwasserstoffe, Salpetersäure, Schwermetalle und Dioxine.
  • 500.000 Schafe und rund 100.000 Kamele starben an der Luftverschmutzung.
  • Die gigantischen Rußwolken verdunkelten den Himmel und führten zu einem Temperaturabfall in der Region um bis zu zehn Grad Celsius. Letztlich verteilte sich der Ruß über die ganze Erde.
  • Durch die geringere Sonneneinstrahlung verminderte sich das Pflanzenwachstum, sowohl an Land als auch im Wasser. Die Frühjahrsblüte blieb aus.
  • Die Wassertemperatur im Persischen Golf sank um etwa zwei Grad Celsius.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) prognostizierte zehn Prozent mehr Todesfälle in Folge der Belastungen durch brennende Ölquellen.

Die Situation heute ist schwer überschaubar. Brennende Ölquellen müssten so schnell wie möglich gelöscht werden, um den ökologischen Schaden zu begrenzen. Dies ist unter Kriegsbedingungen sehr schwierig, da das Löschen technisch aufwändig ist.

3. Die Folgen der künstlichen Wasserverknappung

Schon vor Beginn des Golfkrieges von1991 baten die USA die Türkei, den natürlichen Wasserzufluss zum Irak zu begrenzen. Da bereits ein Staudammsystem vorhanden war, konnte der Tigris zu einem Rinnsal gedrosselt werden, während der Euphrat sich so weit aufstauen ließ, dass kein Wasser mehr den Irak erreichte. Ein Wasser-Embargo sollte den Irak nach spätestens drei Monaten in die Knie zwingen.

Nachdem die Türkei zunächst ablehnte, reduzierte sie das Euphrat-Wasser in der zweiten Kriegswoche auf nur noch 40 Prozent; zeitweise standen der irakischen Zivilbevölkerung nur noch fünf Prozent des normalen Wasserangebots zur Verfügung – mit fatalen Folgen:

  • Die Konzentration toxischer Stoffe im Fluss erhöhte sich auf Grund der geringeren Wassermenge und einer verminderten Abflussgeschwindigkeit der Schadstoffe;
  • Die Bevölkerung litt unter Vergiftung durch die Entnahme verseuchten Trinkwassers sowie den Verzehr verseuchter Nahrungsmittel;
  • Qualitative Verschlechterung und Ausfall der Ernten.

4. Die Auswirkungen der Flächenbombardierung

a) von Militär- und Industrieanlagen

{image}Die Alliierten warfen während des Golfkrieges 1991 bei 110.000 Luftangriffen 88.500 Bomben ab. Sie trafen irakische Industrieanlagen (Raffinerien, Erdölverladezentren, Pipelines, chemische Fabriken, Staudämme, Düngemittelfabriken, Elektrizitätswerke) und militärische Anlagen (nach eigenen Angaben wurden 3 nukleare, 18 chemische und 10 biologische Waffenanlagen sowie einige Munitions- und Bombenfabriken bombardiert). All das setzte einen Gift-Cocktail frei, dessen Zusammensetzung nur bedingt bekannt ist. Krusewitz spricht von einem indirekten Giftgaskrieg.

Kurzfristige Folgen: Am 23.1.91 gaben die Alliierten bekannt, dass mehrere Waffenfabriken angegriffen wurden, die entlang von Euphrat und Tigris im dichtbevölkerten Gürtel von Mosul im Norden bis Basra im Süden lagen. Am 4.2. meldete der Pressedienst der französischen Streitkräfte, dass chemischer Fallout (Tabun, Sarin, Senfgas) im gesamten Irak nachzuweisen sei. Dieser habe auch die meisten Wasservorräte verseucht. Im Februar berichteten Ärzte von Epidemien mit Todesfolge, die auf die Freisetzung phosphororganischer Kampfstoffe hindeuteten. Spuren von Nervengasen wurden bis in den Norden Saudi-Arabiens gemessen.

Längerfristige Folgen: Die Zersetzung der Kampfgase geschah innerhalb von Stunden bis hin zu einigen Monaten. Wir wissen nicht, ob sie sich mit den bereits vorhandenen Ölrußwolken vermischten und/oder weiterwanderten – vermutlich beides.

Weitere Folge der Zerstörung von Gebäuden: Freisetzung großer Mengen von Asbest in pulverisierter Form, die lange lungenverfügbar bleibt (Krusewitz).

b) von ziviler Infrastruktur

Im Irak wie zuvor in Kuwait wurden wichtige Infrastruktursysteme, inklusive landwirtschaftliche, zerstört. Trotz der angestrebten Präzision intelligenter Waffen, die angeblich punktgenau treffen, kamen 110.000 bis 135.000 Iraker durch die Angriffe ums Leben. 10. bis 20.000 davon waren Zivilisten. Weitere mindestens 50.000 Tote durch Bürgerkrieg und Flucht waren darin noch nicht enthalten. Betroffen war auf ganzer Linie die Zivilbevölkerung:

  • Gesundheitliche Versorgung: Diese brach in Kuwait zusammen. Mangelhafte medizinische Versorgung wird für 56 Prozent aller Todesfälle während des Krieges verantwortlich gemacht. Im Irak war insbesondere eine hohe Kindersterblichkeit seit Kriegsbeginn (Steigerung um 160 Prozent) festgestellt worden.
  • Wasserversorgung: Gezielt zerstört wurden zivile Versorgungsanlagen im Irak wie Wasserwerke, Kläranlagen und Elektrizitätswerke. In den größeren Städten brach die Wasser- und Stromversorgung zusammen: Bagdad holte sein Trinkwasser deshalb aus dem Tigris mit der Folge, dass Cholera und Typhus auftraten.
  • Auf Grund der Einfuhrbeschränkungen für den Irak konnte die Versorgung nicht wieder aufgebaut werden. Die Folge: hohe Kindersterblichkeit
  • Elf Anlagen im Irak wurden damals als militärische Ziele bezeichnet und zerstört, von denen sich hinterher herausstellte, dass es sich vermutlich um zivile Anlagen gehandelt hatte (wie Baby Milk Formula-Fabrik, Amiriya Luftschutzbunker).
  • Verarmung: Im Irak betrug die Arbeitslosenrate nach dem Krieg 80 Prozent; die im Rahmen des Öl-für-Nahrungsmittel-Programms eingenommen Gelder betrugen pro Kopf und Jahr nur 141 US-Dollar.
  • Mangelhafte Versorgung mit Lebensmitteln im Irak: Landwirtschaftliches Produktionsgerät fehlte ebenso wie Saatgut, Düngemittel etc. Dadurch war die Nahrungsmittelproduktion auf die Hälfte gesunken. Staatliche Lebensmittelzuweisungen, von denen mehr als die Hälfte der Bevölkerung abhängig war, konnten das nicht vollständig ausgleichen. Unterernährung, insbesondere von Kindern (schätzungsweise 50 Prozent), waren die Folge.
  • Mögliche Langzeitfolgen: psychische Störungen durch Kriegstraumatisierungen, mit Folgen wie Drogenabhängigkeit und Gewalt.

5. Schäden durch Munition, Waffensysteme und Militärgerät

Langzeitschäden richtete die spezifische Beschaffenheit der Munition und die Bewegung von Truppen und Gerät an:

  • DU-Munition: Abgereichertes Uran (DU steht für depleted uranium) ist ein instabiles, radioaktives Schwermetall, das radioaktive Strahlung freisetzt. Wegen der hohen Halbwertzerfallszeit (4,5 Milliarden Jahre) sind betroffene Menschen und Gebiete lang anhaltender Radioaktivität ausgesetzt. Die Verwendung von schwerem Uran (oder Wolfram, für das Uran eigentlich nur ein billiger Ersatzstoff ist) bewirkt ein Maximum an kinetischer Energie. DU-Munition wurde dementsprechend in panzerbrechenden Geschossen verwendet, wobei für diesen Zweck das Uran anstelle des teuren, aber nicht strahlenden Wolframs eingesetzt wird. Die im Irak eingesetzten Mengen betrugen zwischen 400 und 900 Tonnen. Besonders gefährlich ist diese Munition auch deshalb, weil sie sich durch die Explosion in eine Wolke aus Kleinstpartikeln und Aerosolen verwandelt, die sich besonders leicht in der Luft und am Boden verbreiten.
  • Die UNEP nennt folgende mögliche Gesundheitsschäden: Krebs, Schädigung innerer Organe, insbesondere der Nieren. In DU-Munition aus dem Kosovo-Krieg 1999 wurden Spuren von Plutonium nachgewiesen, deren höchst krebserregende Wirkung in Lunge, Leber, Knochen bekannt ist. In den letzten Jahren wurde im Irak eine starke Zunahme von Tumoren, Krebs, Leukämie beobachtet, ein direkter Zusammenhang konnte bislang nicht bewiesen werden.
  • Militärgerät: Durch die Bewegungen schweren Kriegsgeräts (ebenso durch Minen) in den Gebieten Kuwaits wurde damals die obere Kieselschicht des Bodens aufgerissen, die den Sand befestigt. Dadurch wurde eine Zunahme von Sand- und Staubstürmen (sog. Schamal-Sandstürme) befürchtet, welche die Wanderdünenbewegung stärken und Oasen und Städte begraben könnten. Dies könnte auch den Irak betreffen. Die gleiche Wirkung hatten die Abwürfe von Benzinbomben zur Minensäuberung.

Ein weiterer Umweltkrieg ist im Gang

Der militärische Angriff auf den Irak durch die USA und ihre Verbündeten im März 2003 war von langer Hand geplant.

Die Weltöffentlichkeit ist durch die Regierung der USA vorsätzlich getäuscht worden. Ob die unterstellte Zusammenarbeit mit Al Quaida, die sich nie nachweisen ließ, oder die angeblich vorhanden bedrohlichen Arsenale an Massenvenichtungswaffen, für die es so gut wie keine Anzeichen gab – das alles waren vorgeschobene Argumente zur Irreführung der Weltöffentlichkeit und der Vereinten Nationen. Als sich keines der Pseudoargumente als stichhaltig erwies, scheuten angeblich demokratische Regierungen großer westlicher Länder, der USA und Großbritanniens, nicht einmal davor zurück, der Welt bewusst gefälschtes Beweis-Material (UNO-Chefinspektor al Bahradei: Krude Fälschungen) vorzusetzen.

Eine prinzipielle Änderung dieser Einstellung ist nicht zu erwarten. Vizepräsident Cheney, damals Verteidigungsminister, sagte nach dem ersten Golfkrieg: Wenn ich dies noch einmal tun müsste, würde ich es erneut genauso tun. Nach einer britischen Studie der Internationalen Ärzte zur Verhütung es Atomkriegs und in sozialer Verantwortung (IPPNW) wäre bei einem neuen Golfkrieg mit tausenden von Toten zu rechnen (bei einem dreimonatigen konventionellen Krieg); bei einem Bürgerkrieg oder atomaren Schlägen könnte sich diese Zahl natürlich noch weit erhöhen.

März 2003

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