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Gewürz auffüllen im Unverpacktladen
Dmitrij Leltschuk / Greenpeace

Coronakrise: Mehr als 120 Gesundheitsexpert:innen aus aller Welt erklären Mehrweg für unbedenklich

Die Industrie schürt Zweifel, ob Mehrweg-Verpackungen in der Coronakrise ein Gesundheitsrisiko darstellen. Tatsächlich gibt es zu dieser Besorgnis keinen Anlass, sagen Expert:innen.

Diese Monate sind für uns alle fordernd – umso dringlicher sollten wir allerdings auf die Wissenschaft hören, und nicht auf Interessengruppe aus der Industrie. Öl- und Kunststoffunternehmen möchten uns glauben machen, dass Sie und Ihre Familie sicherer vor einer Infektion sind, wenn Sie Lebensmittel, Getränke und andere Produkte in Kunststoff verpackt kaufen. Dabei sind sich Gesundheitsexpert:innen auf der ganzen Welt einig, dass wiederverwendbare Produkte auch während der Corona-Pandemie kein Problem darstellen.

Rund 120 Wissenschaftler:innen, Akademiker:innen und Ärzt:innen aus 18 Ländern haben diese Woche eine Erklärung unterzeichnet, in der sie Händler:innen und Verbraucher:innen versichern, dass Mehrweg-Systeme während der Pandemie gesundheitlich unbedenklich sind – sofern sie simple hygienische Maßnahmen beherzigen. Die Expert:innen – zusammen mit Greenpeace USA und UPSTREAM, beides Mitglieder der Break Free From Plastic-Bewegung – weisen etwa darauf hin, dass haushaltsübliche Reinigungsmittel absolut ausreichend bei der Desinfektion harter Oberflächen sind, wie zum Beispiel von wiederverwendbaren Bechern und Behältern.

Folgendes sollten Sie über Kunststoffverpackungen wissen, wenn es um Covid-19 geht.

Kunststoffverpackungen sind nicht per se hygienisch

Kunststoff ist nicht grundsätzlich hygienisch sauber. Krankheitserregende Bakterien und Viren lauern dort genauso gerne wie anderswo. Sie können auf der Ware sitzen, die in Kunststoff eingepackt ist, oder auf dem Kunststoff selbst – Plastik hat schließlich keine Zauberkräfte. Obst, Gemüse und andere Lebensmittel – egal, ob lose oder in Plastik verpackt – sollten Sie vor dem Verzehr stets gründlich waschen. Darin sind sich Gesundheitsexperten einig.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Sie sich durch Lebensmittel oder Verpackungen mit Covid-19 anstecken.

Covid-19 wird am häufigsten von Mensch zu Mensch weitergegeben. Nach Aussage des Center for Disease Control and Prevention in den USA ist es sehr unwahrscheinlich, sich durch Lebensmittel und deren Verpackung mit Covid-19 zu infizieren. Supermärkte haben hohe Hygienestandards – dennoch sollten Sie Ihre Lebensmittel wie gewohnt vor der Zubereitung abwaschen.

Wenn Sie Ihren Mehrwegbecher für den Kaffeeladen mit Seife und heißem Wasser spülen, reicht das aus, um jede Spur des Virus zu vernichten und Sie und andere zu schützen. Dasselbe gilt für Lebensmittelbeutel aus Stoff – eine schnelle Heißwäsche entfernt Viren und andere Krankheitserreger. 

Ölkonzerne und die Kunststoffindustrie nutzen die Krise aus

Woher kommen also die Fehlinformationen? Während die Welt sich allmählich von fossilen Brennstoffen entwöhnt, investieren einige der größten Ölkonzerne der Welt – Shell, BP, Saudi Aramco und Exxon – Milliarden Euro in Kunststoffe als vermeintliche Schlüsseltechnologie der Zukunft. Im Zuge der weltweiten Maßnahmen gegen Covid-19 nutzen diese Unternehmen die Verunsicherung von Verbraucherinnen und Verbrauchern aus, indem sie sich und ihre Produkte als "unverzichtbar" darstellen. Bei den Regierungen betreiben sie so Lobbyarbeit für massive Zuschusszahlungen und schwächere Umweltbestimmungen.

Plastik wirkt sich nach wie vor katastrophal auf die Umwelt und einkommensschwache Regionen aus

Auf der ganzen Welt haben Menschen in den vergangenen Jahren auf mehr und mehr Wegwerfplastik verzichtet, viele Länder haben Plastiktüten, Strohhalme oder Einwegbesteck verboten. Doch leider ist die Verschmutzung durch Plastik immer noch eine massive weltweite Krise, insbesondere in ärmeren Ländern. Kunststoff ist über seinen gesamten Lebenszyklus gefährlich – von der Förderung des zur Herstellung verwendeten Erdöls bis hin zur Entsorgung. 

Zusätzlich zu den Milliarden Tonnen Kunststoff, die jedes Jahr ins Meer gelangen, wird der Klimawandel durch die Produktion von Kunststoffen und vielerorts auch durch deren Verbrennung angeheizt. Die Kunststoffproduktion aus Erdöl – von der Förderung bis zur Verbrennung – könnte im Jahr 2050 bis zu zwölf Prozent des verbleibenden CO2-Budgets der Erde ausmachen: die Menge an Emissionen, die unser Klima voraussichtlich noch verkraften kann. Das entspricht dem Ausstoß von 615 Kohlekraftwerken – von wegen Kunststoff sei sauber und hygienisch für unseren Planeten.

Länder wie Deutschland oder Großbritannien exportieren den Großteil des von ihnen erzeugten Plastikabfalls, der dann auf offenen Deponien etwa in Malaysia landet. Die Menschen vor Ort zahlen dafür mit ihrer Gesundheit: Die Verbrennung von Plastik verursacht Atembeschwerden und Kopfschmerzen.

In der gegenwärtigen Krise sollten wir Entscheidungen auf der Grundlage der Ratschläge von medizinischen Fachleuten treffen – und nicht von Lobbyisten der fossilen Brennstoffe und der Kunststoffindustrie, die in der Vergangenheit mehr Schaden als Nutzen angerichtet haben.

Dieser Artikel ist die leicht gekürzte Version eines Blogbeitrags von Greenpeace International, das englischsprachige Original finden Sie hier.

  • Apfel unverpackt neben Apfel in Plastik

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