Jetzt spenden
Essensschlange in Malawi, August 2002
Clive Shirley / Greenpeace

Mit bewährten Methoden gegen Vitamin A-Mangel

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Goldene Illusion: Gentechnisch veränderter „goldener“ Reis hält nicht, was er verspricht.

Die mangelhafte Versorgung mit dem wichtigen Nährstoff Vitamin A ist eines der bedeutendsten Ernährungsprobleme in vielen Ländern vor allem Afrikas und Südostasiens. Hier fehlt zahlreichen Menschen der Zugang zu Lebensmitteln, die ausreichend Beta-Carotin (Pro-Vitamin A) enthalten, das der Körper zu Vitamin A umwandelt. Vitamin-A-Mangel kann zu Erblindung und Tod führen, vor allem Kinder sind betroffen.

Dagegen gibt es bereits bewährte und einfache Strategien: Dazu zählen die Verteilung von Präparaten, einfache Beimischungen in Grundnahrungsmittel und Gärten in armen Bezirken, um Obst und Gemüse zu erzeugen. Doch ungeachtet dessen verspricht die Biotech-Industrie seit mehr als 20 Jahren Abhilfe. Genmanipulierter Reis soll das Problem lösen. Immer deutlicher wird: Der sogenannte "goldene" Reis ist ein riskanter und untauglicher Ansatz für die Lösung eines Problems, das längst behoben sein könnte und eine denkbar einfache Antwort kennt: Vielfalt.

Die Philippinen können Erfolge verzeichnen mit der Verteilung von Präparaten. Sie senkten den Vitamin A-Mangel bei Kindern im Alter zwischen 6 Monaten und 5 Jahren zwischen 2003 und 2008 um 40 Prozent. Viele Länder mischen Vitamin A den Nahrungsmitteln Mehl und Zucker bei. Für betroffene ländliche Regionen wie in Afrika bewähren sich nach Aussage der Weltgesundheitsorganisation WHO Gärten für Obst und Gemüse, um den Mangel an Vitamin A und vielen weiteren Elementen zu beheben. Die Philippinen und Indien kombinieren alle diese Strategien, um kurzfristig zu helfen und langfristig Mangelernährung umfassender zu beseitigen.

Der genmanipulierte Vitamin A-Reis will dagegen nur mit viel Aufwand ein isoliertes Problem lösen. Und dabei ist für das Internationale Reisforschungsinstitut IRRI (International Rice Research Institute), das an der Entwicklung beteiligt ist, "noch nicht klar, ob der tägliche Konsum von 'goldenem' Reis die Menschen mit Vitamin A-Mangel ausreichend versorgt und Folgen wie Nachtblindheit vermeidet." Den zwei einzigen Studien, die sich mit der Wirksamkeit von „goldenem“ Reis beschäftigt haben, fehlt es an Aussagekraft und Seriosität: Einmal wurden Personen untersucht, die nicht an Vitamin A-Mangel litten. Sie hatten daher im Gegensatz zu echten Mangelfällen wohl ausreichend Fett in ihrer Ernährung, um das Beta-Carotin aufzunehmen und im Körper in Vitamin A umzuwandeln.  Im anderen Fall vernachlässigten die Forscher wissenschaftliche Standards und wurden von ihren Aufgaben entbunden.

Der genmanipulierte Reis ist zudem höchst problematisch:

  • Seine Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sind völlig unbekannt. Die Sicherheitsbewertung durch das Internationale Reisforschungsinstitut (IRRI) steht am Anfang, nachdem technische Probleme die Entwicklungszeit des Reises auf mehr als 20 Jahre haben anwachsen lassen.
  • Er wird auf jeden Fall traditionelle Reissorten und wilden Reis verunreinigen. Und damit steht die Sicherheit eines Grundnahrungsmittels von mehr als der Hälfte der Erdbevölkerung auf dem Spiel.
  • Der genmanipulierte Reis verhindert die wirksame Bekämpfung der Mangelernährung. Er verleitet zu einer noch einseitigeren Ernährungsweise. Und er blockiert längst vorhandene und erfolgreich praktizierte Lösungen, die übergangsweise in einer Versorgung mit Vitaminpräparaten bestehen. Mittel- und langfristig kann nur die Versorgung mit vielfältigen Lebensmitteln die Mangelernährung beseitigen.

Aus diesen und anderen, unterschiedlichen Gründen lehnt nicht nur Greenpeace „goldenen“ Reis ab: Widerstand gibt es auch von lokalen Gruppen, die unter anderem wirtschaftliche Abhängigkeit sowie Gefahren für die lokale Reiswirtschaft fürchten. Die Sorgen gipfelten im August 2013 in der Zerstörung eines Versuchsfeldes auf den Philippinen, an der Greenpeace nicht beteiligt war.

Mangel- und Unterernährung sind in der Regel ein Zeichen von Armut. Dagegen hilft keine Gentechnik! Es braucht den politischen Willen, das Problem ernsthaft zu lösen und die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Denn der Zugang zu einer gesunden Ernährung ist ein Menschenrecht - und dazu gehören frisches Obst und Gemüse.

Als erster Schritt bewährt hat sich die Verteilung von Vitamin-A-Präparaten - wie auf den Phillippinen. Wenn also die Lobbyisten des genmanipulierten Reises wirklich helfen wollen, dann sollten sie dieses und die weiteren erfolgreichen Programme sofort unterstützen!

Mehr dazu in unseren 7 Fragen und Antworten.

Update vom 10. Mai 2023:

Im April 2023 hat der Oberste Gerichtshof der Philippinen die Freisetzung von gentechnisch veränderten Reis- und Auberginenprodukten auf Äckern grundsätzlich untersagt. Dies ist ein Sieg für Landwirte und die philippinische Bevölkerung.

 

Eine ausführliche Analyse findet sich im Greenpeace-Report Goldene Illusion - Gentechnisch veränderter „goldener“ Reis hält nicht, was er verspricht.

"Goldener Reis": Die goldene Illusion (Greenpeace-Report)

"Goldener Reis": Die goldene Illusion (Greenpeace-Report)

Anzahl Seiten: 10

Dateigröße: 515.18 KB

Herunterladen
Datum
Tierqual Ställe bei Bärenmarke

Mehr zum Thema

Gewinnerin Friederike
  • 16.04.2024

Kühe gehören auf die Weide! Zu diesem Thema haben über 150 Kinder Klappkarten selbst gestaltet und gebastelt. Die Einsendungen sind so großartig, dass es uns total schwer gefallen ist, drei Gewinner:innen auszuwählen. Darum zeigen wir euch hier auch noch ein paar weitere tolle Bastelarbeiten.

mehr erfahren
Traktor mit Schild auf der Straße: "Ampel-Irrsinn nicht auf dem Rücken der Bauern".
  • 29.02.2024

Trecker rollen durchs Land – nicht nur in Deutschland. Die Politik reagiert auf die Proteste und streicht Umweltschutzauflagen. Interview zu den Demos und einer Umverteilung von Geldern.

mehr erfahren
Treckerdemo, ein Trecker schert aus - auf der Frontschaufel ein Schild: Wir denken in Generationen für unsere Kinder!
  • 10.01.2024

Interview mit Landwirt und Agrarblogger Bernhard Barkmann über die Demonstrationen der Bäuer:innen, die Gefahr von rechts und fehlende Zukunftsvisionen für den Sektor.

mehr erfahren
Björn Scherhorn klettert über ein Gatter im Laufstall mit Kühen
  • 30.07.2023

Landwirt Björn Scherhorn wollte schon aufgeben. Doch dann hat er neu angefangen. Seitdem geht es allen besser: den Kühen, dem Boden, der Umwelt und ihm und seiner Familie.

mehr erfahren
Protest Against Food in Fuel in Berlin
  • 28.02.2023

Die größten Agrarkonzerne der Welt haben seit 2020 mehr Milliardengewinne gemacht als es bräuchte, um die Grundbedürfnisse der Ärmsten der Welt zu decken.

mehr erfahren
Martin Kaiser vor einem Kalb im Stall
  • 18.01.2023

Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser spricht im Interview vor der Wir-haben-es-satt-Demo über die Bedeutung einer klimagerechten Agrarwende.

mehr erfahren