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Greenpeace-Aktivisten und Bauern haben einen Misthaufen vor die Tür des Bauerntages geschüttet; sie demonstrieren gegen Massentierhaltung und für bäuerliche Landwirtschaft.
Gordon Welters / Greenpeace

Greenpeace-Forderung zum Bauerntag: EU-Agrarsubventionen an Umweltverträglichkeit koppeln

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In der industriellen Landwirtschaft ist vieles Mist – verbockt von Politikern. Zum Bauerntag fordern Greenpeace-Aktivisten ein Umdenken – und führten den Mist buchstäblich vor.

Viel Mist ist bereits passiert in der konventionellen Landwirtschaft. Verbockt von verantwortlichen Politikern und Bauernverbänden, die ein Umschwenken der Landwirtschaft in Richtung Ökologisierung verhindern wollen. Symbolisch für den Dreck haben Greenpeace-Aktivisten heute den Vertretern des Deutschen Bauerntages in Berlin einen Misthaufen vor die Tür gekippt. Tatkräftige Hilfe erhielten sie dabei von Bäuerinnen und Bauern der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft.

Ein Mist ist zum Beispiel die Sache mit den Vögeln, beziehungsweise mit dem Ausbleiben derselben: Dieses Jahr gab es so wenig Singvögel in Deutschland, dass die Schlagzeile vom „stummen Frühling“ die Runde machte. Kaum eine Lerche sang, auch wenig Amseln oder Drosseln waren zu hören. Den Vögeln fehlt das Futter und die Rückzugsräume. Sie brauchen summende Bienen, taumelnde Schmetterlinge, krabbelnde Käfer, Wanzen und Blattläuse, kurz all das Gewimmel und Gewürm im Boden, in der Luft und auf den Pflanzen. Und Hecken und Büsche, Feldraine, Gehölzgruppen, Wildblumen und Unkräuter brauchen sie auch. Leider gibt's das alles kaum noch. Auch das ist Mist.

ÄCKER SIND ÖKOLOGISCH BETRACHTET WÜSTEN

Aber die industrielle Landwirtschaft hat nach Ansicht von Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied mit diesem Artenschwund nichts zu tun. Weder die Monokulturen, noch die riesigen, leergeräumten Felder der konventionellen Agrarbetriebe sind seiner Meinung nach Schuld. Und schon gar nicht die Pflanzengifte, die Pestizide, die in Mengen in der konventionellen Landwirtschaft versprüht werden. „Artensterben hat viele Gründe“, hält Rukwied gerne pauschal dagegen.

„Das ist natürlich Blödsinn“, sagt Martin Hofstetter, Greenpeace-Experte für Landwirtschaft. Zwar hat das Artensterben wie fast jedes Umweltproblem verschiedene Ursachen. Aber halb Deutschland wird landwirtschaftlich genutzt. Und natürlich ist die Art und Weise, wie das geschieht - also die industrielle Landwirtschaft - eine Hauptursache des Artensterbens. „Man muss sich die Äcker doch nur mal ansehen – ökologisch gesehen sind das Wüsten. Mittlerweile leben in Städten mehr Tierarten als auf dem Land“, so Hofstetter.  Auch andere Probleme wie die Nitratbelastung des Grundwassers oder die katastrophalen Zustände in der Massentierhaltung gehen auf das Konto der konventionellen Landwirtschaft.

VIELE BAUERN WÜRDEN GERNE UMSCHWENKEN

Der Misthaufen vor den Toren des Bauerntages soll die verantwortlichen Politiker und Vertreter der Bauernverbände daran erinnern, was sie mit ihrer verfehlten Agrarpolitik alles verbockt haben. Mit Treckern und Bannern protestierten Greenpeace-Aktivisten sowie Bäuerinnen und Bauern der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft gemeinsam gegen die rückwärtsgewandte Klientelpolitik für Agrarkonzerne und gegen Massentierhaltung. Sie fordern von Politikern und Bauernverbänden ein radikales Umdenken. Denn die derzeitige Ausrichtung der Landwirtschaft auf industrielle Massenproduktion zu Billigpreisen geht nicht nur auf Kosten der Tiere und der Umwelt, sondern sie treibt auch immer mehr Bauern in den Ruin. Das Höfesterben ist dramatisch. In den vergangenen 20 Jahren hat jeder zweite Betrieb dichtgemacht.

Georg Janßen, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, erklärt: „Viele Bäuerinnen und Bauern sind zu einem Umbau ihrer Wirtschaft bereit, sie werden aber von der Bundesregierung bisher nicht aktiv unterstützt.“ Gemeinsam mit Greenpeace fordert er eine Agrarpolitik, die den Bauern dabei hilft, wertvolle Lebensmittel zu produzieren, Klimaschutz, Tierwohl und Umweltbelange zu berücksichtigen – und davon leben zu können.

EU-AGRARZAHLUNGEN AN UMWELTSCHUTZ KOPPELN

Ein erster Schritt wäre zum Beispiel, die EU-Agrarsubventionen an soziale und ökologische Kriterien zu koppeln. Sechs Milliarden Euro erhalten deutsche Landwirte jährlich von der EU. Bis jetzt geht die Verteilung rein nach Größe des Betriebs – weshalb derzeit 20 Prozent der Betriebe 80 Prozent der Förderungen erhalten. Und zwar völlig ungeachtet dessen, wie sie produzieren. „Wenn wir das ändern könnten, wenn wir wenigstens mit den bereits vorhandenen Mitteln gezielter ökologisches Bewirtschaften fördern könnten, dann wäre nicht nur den Bauern geholfen. Sondern auch den Käfern – und den Vögeln.“ so Hofstetter. Dann wäre Schluss mit all dem Mist – und auch für junge Landwirte gäbe es wieder eine attraktive Zukunft.

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