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Knappes Gut: einheimisches Biogemüse
Axel Kirchhof / Greenpeace

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In Nürnberg beginnt diese Woche die weltgrößte Messe für Biolebensmittel. Dort werden nicht nur neue Handelsbeziehungen aufgebaut, in zahlreichen Fachforen wird auch über die Zukunft des Ökolandbaus diskutiert.

Der deutsche Biomarkt ließ sich über viele Jahre als Vorreiter der internationalen Entwicklung betrachten. Deutsche Verbraucher gelten als zahlungskräftig und besonders umweltbewusst. Die Zahlen klingen zunächst gut: In Deutschland geben Verbraucher Jahr für Jahr mehr für Ökoprodukte aus. Im vergangenen Jahr  lag der Bio-Umsatz bei knapp 8 Mrd. Euro, das sind rund 5 Prozent mehr als im Jahr davor. Wermutstropfen: Die Ökofläche und die Anzahl der Biobetriebe stiegen im gleichen Zeitraum deutlich langsamer um 2,7 Prozent bzw. 2,9 Prozent.

Immer mehr Bioprodukte kommen aus dem Ausland, obwohl gerade bewusst einkaufenden Verbrauchern die regionale Herkunft wichtig ist. Warum entwickelt sich der Ökolandbau in Deutschland seit Jahren nur schleppend?

  • Biobauern verdienen zurzeit schlechter als konventionelle Betriebe

Alle vom Biolandbau überzeugten Landwirte haben bereits umgestellt. Für andere Landwirte sind vor allem Kosten und Preise entscheidend. Die EU-Agrarpolitik unterstützt zwar alle Landwirte, von den EU-Subventionen profitieren aber vor allem die konventionellen Ackerbau-Großbetriebe. Die Auflagen, die sie dafür einhalten müssen, sind kaum der Rede wert. Biobetriebe sind jedoch häufig Gemischtbetriebe, also Höfe mit Acker und Grünland, mit Tierhaltung und zusätzlich einer größeren Anzahl an Beschäftigten. Doch das wird bei der Vergabe der Agrarsubventionen nicht berücksichtigt. Fläche allein zählt hier!

  • Der Handel kauft nach Preis, nicht nach Regionalität

Ein immer größerer Anteil an Bioprodukten wird in ganz normalen Supermärkten gekauft und nicht in den deutlich teureren Bioläden oder Reformhäusern. Der Lebensmittelhandel kauft jedoch Bioware vor allem nach Preis und Menge ein, er spielt die Biobauern gegeneinander aus und drückt die Erzeugerpreise. Regionale Herkunft und kurze Transportwege sind nur selten wichtig – wie etwa bei Kartoffeln – faire Preise spielen fast keine Rolle.

  • Steigende Pachtpreise für Acker durch Biogasanlagen

In Deutschland förderte die Politik den Anbau von Mais und Raps für Agrodiesel und Biogasanlagen massiv. Folge: Dort, wo vor allem Biogasanlagen stehen, sind die Pachtpreise für Äcker extrem angestiegen. Biobauern können in dem Wettstreit nicht mithalten.

  • Die Massentierhaltung verdrängt Biobauern

Auch bei der Massentierhaltung hat die Politik die völlig falschen Signale gesendet. Den Tierhaltern wurde gesagt, sie müssten wachsen oder weichen. Nun benötigen diese Betriebe händeringend Flächen, um ihre stinkende Gülle ausbringen zu können und zahlen dafür astronomische Preise. Für Biolandwirtschaft ist dort, wo Massentierhaltung herrscht, kein Platz.

Mit Ökolandanbau sparen wir

Die Agrarpolitik hat in vielen Bereichen versagt. Biobetrieben wird das Leben in Deutschland schwer gemacht. Daran ändern auch keine staatlichen Bioprämien an umstellungswillige Bauern etwas. Das Verrückte daran ist: Die Kosten, welche die industrielle Landwirtschaft für uns alle verursacht – durch übergüllte Böden, Trinkwasserverschmutzung, Klimaausgasungen, durch den Verlust an lebenswichtigen Medikamenten wie Antibiotika auf Grund massiver Anwendung in der industriellen Tierhaltung und durch gesundheitlich bedenklichen Billigfleischkonsum – all diese Kosten müssen derzeit wir und nicht die industrielle Landwirtschaft zahlen.

 Der Ökolandbau ist auf lange Sicht betrachtet kostengünstiger. Es wird Zeit, dass sich die Politik ernsthaft danach ausrichtet. Die Schäden werden ansonsten unsere Kinder tragen müssen.

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