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Ein dichter Wald an einem sonnigen Tag
© Greenpeace

Wir lassen den Wald wieder auferstehen

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Im Jahr 2004 haben die Hansestadt Hamburg und die Umweltbehörde der Stadt in Zusammenarbeit mit Greenpeace die erste internationale FÖJ-Station (IFÖJ) Hamburgs eingerichtet. Katrin Wittwer aus Neubrandenburg, bewarb sich und hilft nun seit September im Rahmen des FÖJ-Projekts im Moskauer Greenpeace-Büro. Katrin arbeitet an dem Wiederaufforstungsprojekt Wasrodim nasch ljes. Im Interview mit der Internet-Redaktion berichtet sie von ihren Erfahrungen, die sie in den letzten Monaten gesammelt hat.

Greenpeace Online: Was hat Dich an einem Freiwilligen Ökologischen Jahr in Russland gereizt?

Katrin: Ich hatte Russisch in der Schule und schon immer hat mich dieses große unbekannte Land fasziniert. Ich habe eine Ausbildung zur Rundfunk-Redakteurin gemacht und wollte einen Schritt weitergehen. Beobachten reichte mir einfach nicht mehr, ich wollte aktiv werden.

Greenpeace Online: Katrin, was heißt Wasrodim nasch ljes übersetzt?

Katrin: Man kann das ungefähr mit: Wir lassen unseren Wald wieder auferstehen übersetzen.

Greenpeace Online: Was hat Dich in Moskau erwartet?

Katrin: Oh, die ersten zwei Wochen bekam ich eine Einführung und ich hielt Vorträge an verschiedenen deutschen Schulen. Am 14. September fiel dann der Startschuss für die diesjährige Pflanzsaison. Vorhang auf für fünf Wochen Kartoffelpüree, 21 Pflanzcamps, 95 Schulen und 22.500 Setzlinge. Jeden Tag an einem anderen Ort, kochen überm Lagerfeuer, in Schulen oder abenteuerlichen Pensionen übernachten und jede Menge lustiger und vor allem neugieriger Kinder. Sie fragten mir tagtäglich Löcher in den Bauch: "Wie ist das Wetter in Deutschland? Pflanzt Ihr bei Euch auch Bäume? Gibt es in Deutschland viele Reiche?"

Am lustigsten war es, wenn ich ihnen erzählt habe, dass ich 26 bin und noch immer nicht verheiratet. Für die Kids war das ein Schock. In dem Alter ist man in Russland oft schon das zweite Mal geschieden.

Greenpeace Online: Kannst Du uns eine kleine Geschichte erzählen, die Dich in Zusammenarbeit mit den Kindern besonders beeindruckt hat?

Katrin: Jedes der Kinder ist natürlich etwas besonders, aber wenn Du mich nach einer Geschichte fragst, fallen mir die leuchtend blauen Augen von Katja und ihre tausend kleinen Sommersprossen ein. Sie hat mich gefragt, "Wie tanzt ihr in Deutschland?" und "Wie singt ihr in Deutschland?" Dann haben wir gemeinsam getanzt und gesungen. Damit war sie dann zufrieden. Die Kinder stellen unglaublich viele Fragen, aber es macht sehr viel Spaß mit ihnen zu arbeiten.

Greenpeace Online: Wie sieht es denn mit dem Umweltbewusstsein in Russland aus?

Katrin: Das Verhältnis der Kinder zur Natur besteht eher daraus, die Natur zu nutzen. Da sie in einer armen und ländlichen Gegend leben, pflanzen sie viel Gemüse an, um etwas zu Essen zu haben. Im Frühjahr helfen die Kinder ihren Eltern bei der Garten- und Feldarbeit. Etwas zu pflanzen, was keinen direkten Nutzen mit sich bringt, ist für viele Kinder eine vollkommen neue Erfahrung. Viele wissen nicht, dass die Natur nicht nur genutzt, sondern auch behütet sein will.

Aufgrund dieses großen Informationsbedarfs machen wir mit den Kindern nach dem praktischen Teil - der tatsächlichen Bepflanzung - ein Spiel und füllen gemeinsam Fragebögen zum Thema Grasbrand aus. Das soll sie für Umweltprobleme sensibilisieren.

In den vergangenen Jahren fielen Setzlinge immer wieder unkontrollierbaren Feuern zum Opfer. Gedankenlos fackeln Landwirte und Bauern nach der Ernte ihre Felder in dem Irrglauben ab, das erhöhe die Fruchtbarkeit des Bodens. Dies spiegelt den in Russland weit verbreiteten sorglosen Umgang mit der Natur wider. Argumente wie: "Das Land ist doch so groß. Wald gibt es noch genug", stehen auf der Tagesordnung. Hier setzt die Initiative von Greenpeace-Russland an. In den Köpfen der Mädchen und Jungen, den zukünftigen Bauern, Beamten und Geschäftsleuten, soll sich etwas ändern.

Greenpeace Online: Seid ihr auf Probleme gestoßen?

Katrin: Ein für Russland sehr typisches Problem ist, dass einige Schulen nicht an dem Projekt teilnehmen konnten. Für sie gab es keine Transportmöglichkeiten, keine Busse.

Greenpeace Online: Arbeitet ihr auch mit lokalen Umweltschutzgruppen zusammen?

Katrin: Ja, eines der langfristigen Ziele des Waldprojektes ist, dass lokale Umweltgruppen das Wiederaufforstungsprojekt übernehmen und selbstständig weiterführen. Mittlerweile ist ein landesweites Projekt mit elf Zentren (unter anderem in Archangelsk, Tomsk und Wladiwostock) entstanden. Dort arbeiten verschiedene Umweltorganisationen gemeinsam an dem Ziel, die ehemaligen Waldflächen wieder aufzuforsten.

Außerdem findet ein reger Wissensaustausch zwischen den einzelnen Gruppen statt. So fuhren in diesem Herbst Aktivisten aus Nischni Novgorod, Tschewaksar und Archangelsk mit in die Greenpeace-Camps. Dort konnten sie sich an- und abzuschauen, wie mit den Kids gepflanzt wird.

Greenpeace Online: Konnte schon geklärt werden, ob es nächstes Jahr wieder eine IFÖJ gibt?

Katrin: Ich bleibe noch bis Ende Juli. Die Finanzierung der IFÖJ-Stelle für das nächste Jahr ist leider noch nicht geklärt.

Greenpeace Online: Was wirst Du aus diesem Jahr in Russland für Dich mitnehmen?

Katrin: Neben dem Gefühl, wirklich etwas für die Umwelt getan zu haben, brachte mir das Ganze einfach jede Menge Spaß. Als Ausländerin war ich meist eine kleine "Berühmtheit", was zahlreiche Autogrammstunden nach sich zog. Ich werde gerne an den Nachthimmel auf dem Land, an die Kinder und an diese schöne Zeit in Russland zurückdenken. (ang)

Mehr über das Waldprojekt in Russland finden Sie in dem Artikel: Bäume pflanzen wo einst Wald war.

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