
Gebrauchte Handys und Laptops lohnen sich auch für Unternehmen
- Ein Artikel von Anja Franzenburg
- mitwirkende Expert:innen Jonathan Niesel & Karen Paul
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Gebrauchte Handys, Laptops, Tablets zu kaufen, schont Umwelt und Portemonnaie. Doch funktioniert refurbished Hardware auch für Unternehmen? Greenpeace hat es getestet.
Ein gebrauchtes Handy kaufen? Warum nicht – das einst sündhaft teure Produkt gibt es auf diese Weise deutlich günstiger und oft auch generalüberholt, mit Garantie. Und aus ökologischen Gründen spricht sowieso alles dafür, aus zweiter Hand zu kaufen.
Wenn aber anstelle eines einzelnen Geräts für den privaten Gebrauch etwa Hunderte Laptops erforderlich sind, weil ein Unternehmen IT-Hardware nachhaltiger einsetzen möchte, stellen sich noch ganz andere Fragen. Denn schließlich muss die genutzte Software auf allen Geräten laufen. Wie das funktionieren kann, hat Greenpeace mit refurbished Hardware getestet.
Was ist refurbished Hardware?
Kurz und knapp
Während es sich bei Software um Anwendungen wie Photoshop oder E-Mail-Programme handelt, ist die Hardware das physische Drumherum: also das Gerät selbst mit all seinen greifbaren Bestandteilen.
Refurbished bedeutet im IT-Bereich (IT steht für Informationstechnik), dass Geräte nach ihrer ersten Nutzungsphase professionell aufbereitet und anschließend erneut in den Markt eingebracht wurden: Bestandteile wie Display, Akku oder Grafikkarte sind also geprüft und bei Mängeln ersetzt worden. Gebrauchsspuren wie Kratzer am Gerät können jedoch sichtbar sein, in der Regel erkennt man das als Käufer:in in der Beschreibung.

“Wir haben den Einsatz von refurbished Hardware über mehrere Jahre in einem Projekt erprobt. Ziel war es, ökologische Nachhaltigkeit mit Kosteneffizienz und technischer Leistungsfähigkeit zusammenzubringen. Dabei sollten die Geräte gut nutzbar sein und die Kolleg:innen keinen Unterschied zu klassischer neuer Hardware bemerken.”
Denn die fortschreitende Digitalisierung erhöht kontinuierlich den Bedarf an IT-Hardware. Dieser Trend geht jedoch einher mit dem steigenden Verbrauch von Ressourcen, der Emission von Treibhausgasen und der Produktion von Elektroschrott.
- Bis zu vier Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen entstehen durch Herstellung und Betrieb digitaler Geräte (IÖW, 2024).
- Die Produktion neuer IT-Hardware erfordert den Einsatz kritischer Rohstoffe wie Seltener Erden und selten vorkommender Metalle.
- Durch die Aufbereitung eines einzelnen Smartphones können 14 kg Primärressourcen und 58 kg Treibhausgase vermieden werden (Fraunhofer UMSICHT, 2018) im Vergleich zur Produktion eines neuen Geräts.
Vor diesem Hintergrund gewinnen Konzepte zur Verlängerung der Produkt-Lebenszeit sowie zur Wiederverwendung von IT-Geräten an Bedeutung. Ressourcen wie saubere Luft, CO2-Budget oder Seltene Erden stehen nicht unendlich zur Verfügung. Deutschland hat die ihm für dieses Jahr anteilig zustehenden Ressourcen bereits am 3. Mai verbraucht. Wir müssen also achtsamer wirtschaften, wenn uns künftige Generationen wichtig sind. Die gute Nachricht: Nach einer Umfrage von Bitkom Research sind bereits 15 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland bereit, refurbished Hardware zu nutzen.
“Ich möchte Unternehmen dazu ermutigen, diesen Schritt zu gehen”, so Jonathan Niesel. Er war als Softwareentwickler und Data Scientist in verschiedenen Branchen tätig. Bei Greenpeace arbeitet er nun als Prozessmanager in der ICT, mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit in der IT sowie Nutzung von Künstlicher Intelligenz bei NGOs. Im Interview erzählt er über Erfahrungen und Erkenntnisse mit refurbished Hardware bei Greenpeace.
Greenpeace: Wann hast du das letzte Mal ein neues Gerät gekauft?
Jonathan Niesel: Mein privater Laptop war 2019 neu, ist aber immer noch im Gebrauch und somit ähnlich lange wie die Notebooks der Mitarbeitenden von Greenpeace. Bei Handys bin ich schon länger auf gebrauchte Modelle umgestiegen.
Was gibt es grundsätzlich zu bedenken, wenn ein Unternehmen auf refurbished Hardware umstellen will?
Durch stetigen Austausch der älteren Modelle kann die Hardware individuell neu gestaltet werden, ohne dass auf einen Schlag alle Geräte ausgetauscht werden müssen. Damit können die verschiedenen Nutzungsprofile der Mitarbeitenden bedient werden. Jedoch sollte auch bei der Hardware eine gewisse Homogenität im Gerätepool bestehen, um den Support-Aufwand möglichst gering zu halten.
Woher kamen die refurbished Geräte bei Greenpeace?
Zunächst war der Markt an refurbished Händlern eher klein. Dies hat sich in den letzten Jahren jedoch geändert, so dass wir jetzt verschiedene Anbieter nutzen und immer genügend Geräte in der optimalen Qualität zur Verfügung stehen. Die Bereitstellung einer zweijährigen Garantie bei allen Händlern war problemlos.
Wie zuverlässig lief die Hardware?
Von den 400 eingesetzten Geräten wurden im Jahr 2022 lediglich 31 Hardwareausfälle registriert, wobei die meisten betroffenen Geräte zu diesem Zeitpunkt bereits eine Nutzungsdauer von zehn Jahren aufwiesen, und damit sieben Jahre länger im Betrieb sind als übliche Hardware im Unternehmensbereich.
Lassen sich gebrauchte Geräte nahtlos in bestehende IT-Infrastrukturen integrieren?
Ja, prinzipiell lassen sich alle Geräte in die bestehende IT Infrastruktur integrieren. Wenn es sich um ähnliche Geräte mit zum Beispiel gleichem Betriebssystem handelt, ist dies natürlich wesentlich einfacher, da weniger Änderungen in den Prozessen notwendig sind. Auch der oben genannte homogene Gerätepool, also gleiche Laptopmodelle für alle Mitarbeitenden, hilft bei der Umsetzung. Das ist uns jedoch zunächst nicht gelungen, da der refurbished IT-Markt für Organisationen in der Größenordnung von Greenpeace häufig nicht genügend gleiche Endgeräte bereitstellen konnte. Daher wurde von der Hardware-Homogenität auf eine sogenannte Interface-Homogenität gewechselt.
Was bedeutet das?
Dies bedeutet, dass Endgeräte über die gleichen Anschlüsse verfügen müssen, damit sie innerhalb des Büros an verschiedenen Arbeitsplätzen flexibel eingesetzt werden können. Mittlerweile sind die Angebote gewachsen und Anbietende sind bereit, größere Stückzahlen von Modellen über einen längeren Zeitraum anzubieten. Daher werden wir künftig auch homogene Hardware anstreben.
Welche Erfahrungen hat der IT-Support gemacht, also jene Leute, die bei Greenpeace dafür zuständig sind, Probleme der Nutzer:innen zu lösen?
Wir haben das Ticket-System optimiert und mit einer Configuration Management Database (CMDB) verbunden, um eine effiziente Verwaltung und Minimierung von Ausfallzeiten zu gewährleisten. Dies sollte ermöglichen, Gerätetypen mit höheren Ausfallraten zu identifizieren. Zudem haben wir Feedback von Nutzer:innen gesammelt. Wir verbessern die Prozesse stetig und halten den Support-Aufwand möglichst gering. Als nächstes wollen wir die Zahl der Laptoptypen reduzieren.
Was haben die Mitarbeitenden zurückgemeldet?
Die Greenpeace-Mitarbeitenden stehen dem refurbished Hardware-Konzept grundsätzlich positiv gegenüber. Über die Zeit haben wir die Geräte noch besser an die Bedürfnisse der Nutzenden angepasst, so dass zum Beispiel das Leistungsniveau die entsprechende Mitarbeitenden-Rolle berücksichtigt.
Und wann sortiert auch Greenpeace ein Gerät aus?
Wir sortieren Geräte aus, wenn sie nicht mehr die aktuellen Softwareanforderungen erfüllen. Bei Hardware-Defekten versuchen wir natürlich zunächst eine Reparatur über Garantie oder dem hauseigenen Support zu erledigen.
Was passiert mit aussortierter Hardware?
Nicht mehr benötigte Geräte wurden je nach Zustand an das Greenpeace-Ehrenamt oder andere NGOs gespendet, zum Beispiel Computertruhe e.V.. Falls keine weitere Nutzung möglich ist, werden die Geräte professionell recycelt.
Wie viele Ressourcen und Emissionen kann der Einsatz von refurbished Hardware sparen?
Frühere Studien, wie beispielsweise von Fraunhofer Austria aus 2023, zeigen, dass durch die Wiederverwendung von IT-Geräten bis zu 80 Prozent der CO₂-Emissionen eingespart werden können. Bei Greenpeace haben wir eine hundertprozentige Nutzung von refurbished Windows-Laptops und eine neunzigprozentige Nutzung von Monitoren erreicht, wodurch Emissionseinsparungen in einer ähnlichen Größenordnung zu erwarten sind. Wichtig ist, immer eine möglichst lange Nutzungsdauer zu erreichen, da Laptops noch nicht komplett recycelt werden können.
Und wie sieht es bei den Kosten aus?
Einen vollständig ausgestatteten Arbeitsplatz, bestehend aus Laptop, Monitor und Zubehör, konnten wir zum Projektstart für etwa 660 Euro bereitstellen. Die Kosten sind mittlerweile etwas gestiegen, sind jedoch immer noch erheblich geringer als bei neuen Geräten.
Leuphana-Studie: digitale Transformation bei Greenpeace
Wie kann die digitale Transformation zu mehr Nachhaltigkeit gelingen? Greenpeace hat sich auf den Weg gemacht und die Erkenntnisse gemeinsam mit der Leuphana Universität in einer Studie veröffentlicht. Die Studie zeigt, wie Nachhaltigkeit in der Praxis technologisch umgesetzt werden kann, welche Herausforderungen das wiederum mit sich bringt. Und welche Erkenntnisse andere Organisationen oder Unternehmen daraus ziehen können. Leitplanke bei Greenpeace war und ist, die Transformation als digital-nachhaltige Co-Transformation zu begreifen. Also alle Bereiche der Organisation mitzudenken, um keine separaten Strukturen aufzubauen.
Die Studie auf englisch
Greenpeace’s Digital Transformation
Anzahl Seiten: 59
Dateigröße: 8.19 MB
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