
Wir müssen uns den Herausforderungen der globalen Klimaerwärmung stellen
- Hintergrund
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Aber Al Gore macht in dem Film auch Mut. Noch können wir einen gefährlichen Klimawandel vermeiden. Die Staaten müssen sich untereinander zu einer verbindlichen Verringerung der Treibhausgase verpflichten. Und auch wir können mit anpacken. Kleine Veränderungen in der täglichen Routine können sich zu einer großen Veränderung summieren und dazu beitragen, die globale Erwärmung aufzuhalten. Das Problem können wir gemeinsam lösen.
Das Ende der Schönwetterzeit
Der Klimawandel findet statt - und wir sind mittendrin. Es ist wissenschaftlich belegt, dass die globalen Durchschnittstemperaturen steigen. In den letzten 100 Jahren hat sich die Erde im Durchschnitt bereits um 0,7 Grad Celsius erwärmt. Der Großteil der Erwärmung fand dabei in den letzten drei Jahrzehnten statt. Und die Folgen dieser Erwärmung spüren wir bereits sehr deutlich.
Es fegen immer mehr Stürme über Europa hinweg, Hurrikans im Golf von Mexiko nehmen an Stärke zu, milde und regenreiche Winter bringen mehr Überschwemmungen, sommerliche Hitze- und Dürreperioden nehmen zu, Gletscher schmelzen und Permafrostböden tauen auf.
An den Folgen der Hitzewelle im Sommer 2003 starben allein in Europa 35.000 Menschen. Jährlich fallen - nach einer Studie der Weltgesundheitsorganisation - 150.000 Menschen dem Klimawandel zum Opfer. Und auch die Kosten steigen: Nach Aussagen der Münchener Rück erhöhte sich seit 1960 die Häufigkeit großer Naturkatastrophen um das Dreifache, die volkswirtschaftlichen Schäden stiegen sogar auf das Neunfache.
Die fünf wärmsten Jahre überhaupt, seit Beginn der Klimaaufzeichnungen, lagen alle im letzten Jahrzehnt: 1998, 2002, 2003, 2004, 2005. Im Jahr 2005 wurde die höchste Durchschnittstemperatur seit über einem Jahrhundert ermittelt.
{image_r}Kohlendioxid (CO2) ist die Hauptursache für den derzeit stattfindenden Klimawandel. Es entsteht bei der Verbrennung fossiler Stoffe wie Kohle, Öl und Gas. Industrie, Kraftwerke, Verkehr und Computer - sie alle tragen zum Klimakollaps bei. Wir verbrennen fossile Energie in allen Lebenslagen: wenn wir heizen, Auto fahren, Licht einschalten. Noch nie in den letzten 650.000 Jahren war die CO2-Konzentration so hoch wie heute.
Der Treibhauseffekt
Das Gas Kohlendioxid wirkt in der Atmosphäre ähnlich wie das Dach eines Treibhauses: Es lässt die kurzwellige Sonneneinstrahlung ungehindert durch, verhindert jedoch zum Teil die Wärmeabstrahlung - die Erde erwärmt sich. Dieser Prozess war ursprünglich für die Entwicklung des Lebens auf der Erde unentbehrlich, ansonsten wäre es hier so kalt, dass kein Leben möglich wäre. Seit Beginn des Industriezeitalters sind jedoch durch den maßlosen Verbrauch fossiler Brennstoffe Unmengen des Treibhausgases Kohlendioxid zusätzlich frei geworden. Die Erde erwärmt sich immer schneller - wie im Fieber.
Die Gletscher haben keine Zukunft
Weltweit schmelzen die Gletscher - ob in den Alpen, im Himalaja, in Afrika oder in der Arktis. Wo sich einst mächtige Eiszungen in die Täler schoben, bedecken heute vielerorts nur noch Schutt und Geröll den Boden.
{image}Die Gletscher der Hochgebirge und Polarregionen ziehen sich mit nie gekannter Geschwindigkeit zurück. In den nächsten Jahren wird sich dieser Prozess noch beschleunigen, denn wir erleben aufgrund zeitlich verzögerter Reaktionen jetzt Entwicklungen, die vor 1 bis 30 Jahren verursacht wurden.
Die Alpengletscher haben seit dem Beginn der Industrialisierung (seit Mitte des 19. Jahrhunderts) bis 1980 etwa ein Drittel ihrer Fläche und die Hälfte ihrer Masse verloren. Seit 1980 sind weitere 20 bis 30 Prozent des Eisvolumens abgetaut. Gletscherforscher rechnen mit einem fast vollständigen Abschmelzen der Gletscher noch in diesem Jahrhundert.
Die Folgen der Gletscherschmelze sind dramatisch: Überschwemmungen, verbunden mit Murenabgängen und Erdrutschen, sind die unmittelbaren Auswirkungen. Langfristig droht Trinkwasserknappheit, denn drei Viertel aller Süßwasserreserven sind im Gletschereis gebunden. Das Schmelzwasser lässt den Meeresspiegel ansteigen. Inselstaaten wie Tuvalu und Meeresregionen wie Bangladesh sind bedroht. Ganze Ökosysteme mit unzähligen Tier- und Pflanzenarten sind in Gefahr.
Stürme und Hurrikans werden stärker
{image}Mit der Erderwärmung steigt die Meerestemperatur und die Verdunstung über den Ozeanen. In den Tropen hat sich das Meer im Durchschnitt bereits um rund 0,5 Grad erwärmt. Hurrikans entstehen nur, wenn die Meerestemperatur größer ist als 26,5 Grad Celsius. Mit steigenden Temperaturen und entsprechend größerer aufsteigender Feuchtigkeit, nimmt auch die Stärke von Wirbelstürmen zu. Insgesamt sind tropische Wirbelstürme seit 1970 zwar nicht häufiger geworden, es gibt jedoch mehr der höchsten Kategorien vier und fünf.
Die Dauer der Unwetter und die Windgeschwindigkeiten haben während der vergangenen 50 Jahre um etwa 50 Prozent zugenommen.
Jahrhunderthochwasser
Hochwasser sind vom Grundsatz her natürliche Ereignisse und haben eine wichtige ökologische Funktion. Doch durch den Klimawandel steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hochwasser eintritt, das Wasser läuft sehr viel höher auf und das Schadensausmaß steigt. Überschwemmungen als sogenannte Jahrhunderthochwasser treten inzwischen mit (un-)schöner Regelmäßigkeit fast jährlich auf.
{image_r}In Deutschland werden die Niederschläge im Winterhalbjahr um bis zu 30 Prozent zunehmen. Der nasse Winter des Jahreswechsels 2005/2006 ist bereits ein Vorbote einer langfristigen Änderung des Wettergeschehens in Deutschland.
Und auch Starkregenfälle nehmen zu. Im Sommer 2002 führten sie, infolge einer besonderen Wetterlage, zu sintflutartigen Regenfällen. Damals erreichten die Niederschlagshöhen im Einzugsgebiet der Oberelbe mehr als das Dreifache, an einigen Orten sogar das Vierfache der durchschnittlichen Niederschlagsmengen des Monats August.
Trockenperioden und Dürren
Extreme Wetterereignisse nehmen weltweit zu. Wetterextreme sorgen aber nicht nur für Hochwasser. Trockenere und heißere Sommer werden auch dazu führen, dass extreme Sommer mit Hitzewellen und Dürreperioden bald zum Alltag werden. In Europa leiden bereits jetzt mehrere Regionen an Bodenverlust durch Trockenheit, besonders in Spanien. Heiße, trockene Sommer dörren den Boden aus. Die Stauseen sind fast leer, Flüsse verkümmern zu Rinnsalen, überall herrscht Wassermangel. Die Landwirtschaft muss große Einbußen hinnehmen.
{video_r}Zunehmende Dürren und die Ausbreitung von Wüsten werden durch den Klimawandel angeheizt. Auf allen Kontinenten raubt die Wüste den Menschen ihre Lebensgrundlage: Gewaltige Sandstürme ziehen über Peking, im Sahel verdorren die Ernten und verdurstet das Vieh. China und Nordamerika kämpfen gegen Wassermangel und den Verlust von Acker- und Weideland. Konflikte um fruchtbare Erde und Wasser sind vorprogrammiert oder bereits im Gange.
Klimaschutz erlaubt keinen Aufschub
Die Wissenschaft ist sich einig. Uns bleiben nur noch wenige Jahre, um eine große Katastrophe abzuwenden, die das Klima unseres Planeten zerstört. Die Zeit läuft uns davon. Jedes Jahr, in dem wir nicht unsere Emissionen nachhaltig reduzieren, ist ein verlorenes Jahr. Es verschiebt das immer größer werdende Problem in die Zukunft, erhöht den Handlungsdruck, die Kosten und das Risiko, es nicht mehr rechtzeitig zu schaffen.
Im Auftrag der UN arbeiten im Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC, Zwischenstaatlicher Beirat zum Klimawandel), rund 3.000 Klimaforscher aus aller Welt zusammen. Bereits in ihrem letzten Bericht aus dem Jahre 2001 warnten sie sehr eindringlich vor dem Klimawandel und seinen Folgen. Im Frühjahr 2007 wird der nächste Sachstandsbericht dieses Wissenschaftlergremiums veröffentlicht. Dort sind die aktuellsten Forschungsergebnisse zusammengetragen, doch schon jetzt ist deutlich: Der Klimawandel und seine Auswirkungen nehmen an Schnelligkeit zu.
Klimawissenschaftler und die Europäische Union fordern, die Erwärmung auf nicht mehr als zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern. Das bedeutet, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre auf 400 bis maximal 450 ppm (parts per million / Teilchen pro Millionen Teilchen) stabilisiert werden muss. 380 ppm haben wir bereits erreicht. Doch noch steigen die Emissionen weltweit rasant an.
Wir brauchen weitergehende, international verbindliche Klimaschutzziele
Auf der UN-Konferenz von Rio de Janeiro 1992 zum Thema Umwelt und Entwicklung hatte die internationale Gemeinschaft festgestellt, dass der Treibhauseffekt eine der größten globalen Umweltbedrohungen ist. Deswegen wurde in Rio die so genannte Klimarahmenkonvention zum Schutz des Erdklimas beschlossen, die 1994 in Kraft trat. Sie beinhaltete noch keine konkreten Maßnahmen. Erst im Dezember 1997 wurden auf der UN-Weltklimakonferenz im japanischen Kyoto konkrete Schritte zur Reduzierung der Treibhausgase beschlossen: das Kyoto-Protokoll.
Acht Jahre und zahlreiche Verhandlungen später ist das Protokoll am 16. Februar 2005 endlich in Kraft getreten. Es schreibt vor, dass die Industriestaaten ihren Ausstoß der sechs Treibhausgase im Zeitraum 2008 bis 2012 um insgesamt 5,2 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 reduzieren müssen. 165 Staaten haben das Protokoll inzwischen ratifiziert, darunter die Europäische Union, Russland, Japan, Kanada, Neuseeland, China und die mittel- und osteuropäischen Staaten.
{image}Die USA als größter Verursacher von Treibhausgasen weltweit, sind im Jahr 2001 vom Kyoto-Protokoll zurückgetreten. Auch Australien verweigert sich nach wie vor den internationalen Klimaschutzbemühungen.
Es ist gut, dass es diese international verbindlichen Reduktionsverpflichtungen gibt. Das ist ein erster Schritt. Es ist ein Erfolg, dass das Kyoto-Protokoll auch ohne die USA in Kraft getreten ist, doch müssen auch die USA endlich Verantwortung übernehmen und verbindliche Reduktionsziele festlegen.
Die bisher festgelegten Ziele reichen aber für das Abwenden eines gefährlichen Klimawandels noch nicht aus. Weitere, viel schärfere Reduktionsziele sind für die nächste Verpflichtungsperiode nach 2012 notwendig. Darüber hinaus müssen Schwellen- und Entwicklungsländer wie China und Indien mit eingebunden werden. Die jährlichen weltweiten Emissionen müssen bis 2050 um 50 Prozent verringert werden. Industrieländer als Hauptverursacher sind in einer besonderen Verpflichtung. Sie müssen ihre Emissionen bis 2050 um 80 Prozent reduzieren.
Greenpeace fordert:
- Der Ausstoß von Treibhausgasen in den Industriestaaten muss bis 2020 um 30 Prozent und bis 2050 um 80 Prozent gesenkt werden.
- Wende in der Energiepolitik weltweit: Die Erneuerbaren Energien Sonne, Wind, Wasser und Geothermie müssen langfristig die fossilen Energieträger wie Öl und Kohle ersetzen. Die Erneuerbaren Energien müssen dafür massiv gefördert werden.
- Die Energiekonzerne müssen umdenken und ihre Investitionen umlenken: Die Zukunft gehört den Erneuerbaren Energien.
- Verbot für den Neubau von Atomkraftwerken
Was können Sie tun?
Jeder Einzelne kann sich einen klimaschonenden Lebensstil angewöhnen: Der Kurztrip per Flugzeug oder der Konsum von Bedarfsartikeln verschlingen Energie und machen die Erde zum Treibhaus:
- Sparen Sie Energie, wo immer es geht.
- Wechseln Sie zu Ökostrom. So erteilen Sie persönlich Strom aus Atomkraft und Kohleverbrennung eine Absage. Ökostrom gibt es zum Beispiel bei Lichtblick und Greenpeace energy.
- Fahren Sie kurze Strecken mit dem Rad. So bleiben Sie fit, sparen Geld und schützen das Klima.
- Kaufen Sie Artikel aus Ihrer Region.
- Isolieren Sie Ihr Haus / Ihre Wohnung gut. Denn Wärme zum Fenster hinauszuheizen, belastet nicht nur das Klima, sondern wird mit knapper werdendem Öl und Gas auch immer teurer.
- Untersuchen Sie Ihren Haushalt auf Stromfresser. Alte Kühlschränke, Fernseher und Stereoanlagen mit Standby-Modus oder normale Glühbirnen verbrauchen unnötig viel Strom. Besser: Geräte der Energieeffizienzklasse A++ und Energiesparbirnen.
Autorin: Ruth DrenckhanV.i.S.d.P.: Gabriela von Goerne